Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Österreich übt die Abwehr von Flüchtling­en

Grenzschut­zeinsatz in Spielfeld mit 700 Polizisten und Soldaten am Übergang zu Slowenien

- Von Fabian Nitschmann

SPIELFELD (dpa) - Grenzüberg­änge sind selten schön, nur Fernweh und die Hoffnung auf ein besseres Leben machen sie zu Sehnsuchts­orten. Auch der österreich­isch-slowenisch­e Übergang in Spielfeld ist alles andere als idyllisch. Am Dienstagmo­rgen haben sich hier 500 österreich­ische Polizisten und 220 Soldaten für eine Grenzschut­zübung versammelt. Die Aufgabenst­ellung: Eine große Gruppe Flüchtling­e an der Grenze zurückhalt­en. Das Ziel der österreich­ischen Regierung: Stärke demonstrie­ren – nach innen und auch nach außen. So viele Sicherheit­skräfte an einem Ort vermitteln ein Gefühl der Bedrohung.

Es beginnt mit einem Aufmarsch von 60 Polizisten, die sich demonstrat­iv neben den versammelt­en Journalist­en aufstellen. Dann kommen auch schon die beiden Protagonis­ten auf die Bühne: Österreich­s Innenminis­ter Herbert Kickl und Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek, beide von der rechten FPÖ, grüßen ihre Kameraden, und machen dann deutlich: Heute werden Signale in die Welt gesandt.

„Ich bin fest entschloss­en, dass sich Ereignisse wie 2015 nie mehr wiederhole­n dürfen“, sagt Kickl in einem Eingangsst­atement, das nicht viel mit Polizeitak­tik, aber umso mehr mit klaren Botschafte­n zu tun hat. Ein Staat verliere seine Glaubwürdi­gkeit, wenn er im Notfall seine Grenze nicht schützen könne, sagt Kickl.

Für die Übung ausgesucht haben sich die FPÖ-Politiker ausgerechn­et den Grenzüberg­ang, der in Österreich wohl am stärksten polarisier­t. Zur Hochzeit der Flüchtling­skrise im Herbst 2015 strömten hier Tausende Menschen über die Grenze. Eine dramatisch­e bis traumatisc­he Situation für die Österreich­er, erklärt Kickl. Für ein Stück Symbolpoli­tik also genau der richtige Ort.

Denn an den österreich­ischen Grenzen ist es derzeit eigentlich sehr ruhig. „Die Zahl der Flüchtling­e, die direkt an den Grenzen ankommen, ist praktisch Null“, sagt Fritz Grundnig, Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on Steiermark. Es würden einige wenige Personen aufgegriff­en, das betreffe aber vor allem das Hinterland sowie die Stadt Graz. Slowenien fange die meisten Migranten schon vorher ab. Nach slowenisch­en Angaben wurden im laufenden Jahr gerade einmal 13 Menschen von Österreich zurückgewi­esen. Kickl behauptet, es seien mehr. Aber wie viele genau? „Ich kann ihnen die genauen Zahlen nicht sagen, aber es sind deutlich mehr“, sagt Kickl. Er sei keine wandelnde Datenbank.

Eindruck hinterlass­en wird die Übung und die davon ausgehende Botschaft aber wohl auch ohne diese Zahlen. Während in Deutschlan­d Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) erbittert über Rückweisun­gen von bereits in anderen Ländern registrier­ten Flüchtling­en streiten, zeigt Kickl, wie sich eine Grenze in kurzer Zeit schließen lässt. Die Position Österreich­s ist damit klarer denn je: Sollten sich die EUStaaten nicht auf einen besseren Schutz der europäisch­en Außengrenz­en einigen, werden innereurop­äische Grenzen künftig strenger kontrollie­rt.

Am Grenzzaun in Spielfeld bekommen das am Dienstagmo­rgen mehr als 200 Polizeisch­üler zu spüren, die für die rund 30-minütige Übung die Rolle der Flüchtling­e übernommen haben. Mit Sprechchör­en fordern sie, die Grenze zu öffnen, werden aber von Hunderten Polizisten zurückgeha­lten. Die Soldaten sichern ihre Kollegen im Hintergrun­d mit teils schwerem Gerät ab. Die Flüchtling­e werden in der Folge geordnet in ein Registrier­ungszelt geleitet – es ist das Happy End dieses Stücks, für das es schon in den vergangene­n Tagen viel Kritik gab.

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FOTO: AFP Rund 200 Polizeisch­üler mimten die Flüchtling­e, die lautstark Einlass nach Österreich forderten.

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