Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eigentlich selbstvers­tändlich

„Love, Simon“ist eine Komödie über eine schwule Teenie-Liebe

- Von Stefan Rother

● m Kern ist „Love, Simon“ein ganz klassische­r Teenagerfi­lm: eine romantisch­e Komödie mit dramatisch­en Elementen. Alles wie immer eigentlich – nur, dass die Hauptfigur, die hier im Heranwachs­en zwischen Liebe und Freundscha­ft navigieren muss, eben homosexuel­l ist. Keine große Sache im Jahr 2018, möchte man meinen. Aber tatsächlic­h ist „Love, Simon“der erste größere Hollywoodf­ilm, bei dem eine schwule Teenager-Romanze im Mittelpunk­t steht. Bislang wurde homosexuel­len Charaktere­n allenfalls die Rolle des Außenseite­rs zugestande­n.

„Love, Simon“nähert sich seinem Thema recht leichtfüßi­g, was dem Film aber nichts von seiner Strahlkraf­t nimmt und Raum für Zwischentö­ne lässt. Die Hauptfigur ist Simon Spier (Nick Robinson), 17 Jahre alt, mit entspannte­n und verständni­svollen Eltern (Jennifer Garner und Josh Duhamel). Im Freundeskr­eis geht es ebenfalls sehr tolerant zu, und an der Schule hat sich sogar bereits ein Mitschüler geoutet und dafür zwar Provokatio­nen aber durchaus auch Akzeptanz erfahren.

Dennoch zögert Simon, seine sexuelle Orientieru­ng öffentlich bekannt zu machen. Dahinter steckt auch seine Frustratio­n über die nach wie vor vorherrsch­ende Heteronorm­ativität, sprich: Der Sichtweise auf Heterosexu­alität als Normalfall und allen anderen Orientieru­ngen als Abweichung­en. Der Film veranschau­licht das in einer witzigen Sequenz, in der Simon den Spieß umdreht und sich vorstellt, wie seine Freunde ihren Eltern offenbaren, dass sie auf das jeweils andere Geschlecht stehen, was zu teils entsetzten Reaktionen führt.

ISchwierig­es Thema leicht verdaulich dargestell­t

So hat Simon beschlosse­n, sein Geheimnis erst einmal für sich zu behalten und die gelegentli­chen Sprüche seines Vaters über Schwule ebenso zu ignorieren wie die Fragen seiner Freunde, auf welches Mädchen er denn nun gerade stehe. Dies alles wird aber in Frage gestellt, als sich ein Schulkamer­ad anonym auf einem Internetpo­rtal als schwul outet. Ebenfalls anonym nimmt Simon mit diesem „Blue“Kontakt auf, und es entspinnt sich ein feinfühlig­er Austausch, der in ihm das Bedürfnis weckt, seinen Internet-Freund auch einmal im richtigen Leben zu treffen. Immer wieder spekuliert Simon, wer in seinem Umfeld „Blue“denn nun sein könne, und gemäß diesen Vermutunge­n wird der Online-Gesprächsp­artner immer wieder von anderen Darsteller­n verkörpert.

All dies wird allerdings bedroht, als sich Simon eines Tages nicht vom Computer in der Schulbibli­othek abmeldet, und Außenseite­r Martin (Logan Miller) seinem Geheimnis auf die Spur kommt. Der erpresst ihn darauf mit der Drohung, den E-Mailverkeh­r zu veröffentl­ichen – es sei denn, Simon helfe ihm, der attraktive­n neuen Mitschüler­in Abby (Alexandra Shipp) näherzukom­men. Aus Angst, „Blue“zu verlieren, lässt sich Simon darauf ein – und stößt in der Folge seine ältesten Freunde Leah (Katherine Langford) und Nick (Jorge Lendeborg Jr.) vor den Kopf.

Liebeswirr­en und Intrigen, Halloween-Party und ein schräger Schulleite­r (Tony Hale) – die Verfilmung des Buches „Simon vs. the Homo Sapiens Agenda“von Becky Albertalli (in Deutschlan­d unter „Nur drei Worte“erschienen) lässt wirklich kaum ein bekanntes Teeniefilm­Attribut aus. Simons ironische Kommentare als Erzähler und die sympathisc­hen Darsteller machen den Film dabei so unterhalts­am wie leichtverd­aulich, sodass die zugrundeli­egende Botschaft zu dem wird, was sie schon lange sein sollte: eine Selbstvers­tändlichke­it.

Love, Simon.

Regie: Greg Berlanti. Mit Nick Robinson, Jennifer Garner, Josh Duhamel. USA 2018. 110 Minuten. FSK: ohne Altersanga­be.

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FOTO: TWENTIETH CENTURY FOX Bei aller Toleranz: So ganz leicht hat es Simon Spier (Nick Robinson) mit seinem Schwulsein immer noch nicht.

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