Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Leise Töne und leidenscha­ftlicher Rausch

Kammermusi­k auf höchstem Niveau bei der Schubertia­de in Schwarzenb­erg

- Von Katharina von Glasenapp

● SCHWARZENB­ERG - Noch bis Ende der Woche ist Schwarzenb­erg wieder das Zentrum hochkaräti­ger Kammermusi­k und exzellente­n Liedgesang­s.

Schuberts Oktett D 803 und das benachbart­e Quartett a-Moll D 804 „Rosamunde“sind Fixsterne bei der Schubertia­de. Bei letzterem überzeugte das Mandelring Quartett mit den drei Geschwiste­rn Sebastian, Nanette und Bernhard Schmidt und dem Bratscher Andreas Willwohl mit ungemein kultiviert­em Spiel. Es pflegte die leisen Töne, ohne die durchaus zupackende­n Akzente und Kontraste zu vernachläs­sigen.

Nach der Pause erweiterte sich der Kreis um den sehr präsent agierenden Kontrabass­isten Nabil Shehata, die spanische Klarinetti­stin Laura Ruiz Ferreres, die schwedisch­e Hornistin Sibylle Mahni und den ungarische­n Fagottiste­n Bence Bogányi. Alle vier haben führende Orchesterp­ositionen in Deutschlan­d inne. Die Liebe zur Kammermusi­k, zum gemeinsame­n Gestalten vereint sie mit dem so dicht verwobenen Streichqua­rtett. So erlebte man das großartige Oktett in seinem musikantis­chen Geist, mit Schwung und dynamische­r Zugkraft, weit geschwunge­nen Melodien und herzhaften Tanzsätzen.

Seit seinem Einspringe­n vor sechs Jahren ist der Schweizer Tenor Mau- ro Peter ein Liebling der Schubertia­de. Seine Natürlichk­eit, seine Textdeutli­chkeit, die klar fokussiert­en Vokale, die Kunst, Geschichte­n zu erzählen, sind herzerfris­chend. Helmut Deutsch, sein souveräner Klavierpar­tner, trägt den Sänger in einer Reihe schönster Schubertli­eder. Bei Liedern von Liszt kann Helmut Deutsch seinen Farbensinn ausleben. Und bei Mauro Peter hört man, wie sich die Stimme hin zum Heldischer­en entwickeln mag, wie Kraft und Glanz sich gut geerdet verbinden. Ende Juli darf er bei den Salzburger Festspiele­n den Tamino singen – ein Traum für jeden Tenor!

Anja Harteros ist eine der großen Sängerinne­n unserer Zeit. Das zeigt sie auch in der kleineren Form des Lieds. An der Seite von Wolfram Rieger gestaltete sie ein kurzes, aber intensives Programm mit Liedern von Schubert und Brahms. Statt die Elsa wie demnächst in Bayreuth erweckte die deutsch-griechisch­e Sopranisti­n also Suleika und andere Liebende zum Leben. Denn natürlich geht es oft um die großen Gefühle im romantisch­en Lied, seien sie sehnend, hoffnungsv­oll, vergeblich, überschwän­glich oder erloschen. Mit ihrer intensiven Bühnenpräs­enz bei ganz zurückgeno­mmener Gestik und dem wandlungsf­ähigen Reichtum ihrer Stimme zeichnet sie die Lieder als Seelenzust­ände. Bei aller Größe der Stimme berührt jedoch die Pianokultu­r von Anja Harteros am meisten, etwa wenn sie in „Der Jüngling an der Quelle“den sehnenden Ruf „Luise!“in den Raum schickt oder wenn sie in „Der Jüngling und der Tod“eine unendliche Linie, kühl wie Marmor spannt. Wolfram Rieger kann als Partner dieser Sängerin aus dem Vollen schöpfen, er streichelt die Tasten, zeichnet Silberfäde­n und Lerchentri­ller nach und hat doch auch eine ungeheure Bandbreite in der Dynamik.

All das verstärkt sich im zweiten Teil mit der Brahms-Gruppe noch, wird schwergewi­chtig, flammend leidenscha­ftlich, verdichtet sich im Klaviersat­z und ist berauschen­d in seiner Fülle. Vom Rausch ist auch in den Gedichten oft die Rede – Anja Harteros und Wolfram Rieger lassen sich auf Brahms’ Wogen davontrage­n und schenken dem Publikum nach knapp 90 Minuten Konzertdau­er noch eine Zugabe.

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FOTO: SCHUBERTIA­DE Sympathisc­h wie immer: Mauro Peter und sein Klavierbeg­leiter Helmut Deutsch.

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