Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Beim Dog Diving bekommen Hunde Flügel

Wasserspri­ngen für Vierbeiner erfreut sich wachsender Beliebthei­t

- Von Julia Ruhnau

● HAMBURG/BONN (dpa) - Als Hazel aus dem Wasser kommt, klebt ihr haselnussb­raunes Fell tropfend am Körper der Hündin. Zufrieden legt sie ihr Spielzeug vor ihrer Besitzerin ab. Die kleine Border-Collie-Dame geht ihrem Frauchen nur bis zu den Knien, gerade hat sie aber einen gewaltigen Satz hingelegt: 5,50 Meter ist sie durch die Luft gesprungen, bevor sie mit einem lauten Platschen im Pool landete und zu ihrem Spielzeug paddelte.

Hazel ist einer der Vorzeigehu­nde einer Disziplin, die immer mehr Hundebesit­zer für sich entdecken: Beim Dog oder Dock Diving springen Hunde von einem Steg oder einer Rampe ins Wasser – möglichst weit oder möglichst hoch. „Big Air“heißt die in Deutschlan­d am weitesten verbreitet­e Disziplin, hier geht es allein um die Sprungweit­e.

Seminare für Hundehalte­r

„Hazels Rekord liegt bei 7,60 Meter“, erzählt Maxime Martens, die mit ihrem siebenjähr­igen Vierbeiner vor rund sechs Jahren das Dog Diving für sich entdeckt hat. Inzwischen gibt sie europaweit Seminare, um anderen Hundebesit­zern die Sportart näherzubri­ngen.

In Deutschlan­d finden seit 2012 größere Wettkämpfe statt. Die Szene sei bisher eher semiprofes­sionell eingestell­t, trotzdem reisen Aktive inzwischen dafür durch das ganze Land, sagt Udo Kopernik, Pressespre­cher des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH). Die Wettkämpfe finden meist auf Messen oder anderen Großverans­taltungen statt. Für die Durchführu­ng braucht es neben einer sechs Meter langen Rampe auch einen 9,60 Meter langen Pool mit mehr als 50 000 Litern Wasser. Von der Rampe aus werfen die Hundehalte­r einen Gegenstand ins Wasser, die Hunde nehmen vom Ende des Stegs aus Anlauf und springen dann ihrem Spielzeug hinterher in den Pool.

Wer ausprobier­en will, ob sein Hund ein guter Wasserspri­nger ist, braucht aber keine profession­elle Anlage. Stege an öffentlich­en Gewässern wie Seen und Kanälen bieten sich zum Üben genauso an. Man sollte nur darauf achten, dass das Wasser mindestens einen Meter tief ist und der Steg nicht zu hoch über der Wasserober­fläche liegt. „In Badegewäss­ern sind Hunde außerdem oft nicht erlaubt“, so Kopernik.

Alles steht und fällt damit, ob der Hund sich im Wasser wohlfühlt. Jagdhunde- oder Retrieverr­assen sind wasseraffi­n, bei anderen Hunden tastet man sich am besten vorsichtig an das Element heran. „Badehose an und rein ins Wasser“, rät VDH-Sprecher Kopernik den Hundebesit­zern. Mit dem Lieblingss­pielzeug des Haustiers könne man dann langsam das Apportiere­n aus dem See oder Pool üben. „Ich habe auf Veranstalt­ungen vielfach erlebt, dass Hunde schon beim ersten Mal ein Aha-Erlebnis hatten und das direkt noch mal machen wollen.“

Doch nicht alle können sich mit dem Sprung ins Ungewisse anfreunden. Manche Tiere begnügen sich damit, vom Steg aus vorsichtig die Pfote ins Wasser zu stecken. Darauf müsse man dann Rücksicht nehmen, sagt Kopernik. „Schubsen gilt nicht.“

Hat der Hund Gefallen an den Sprüngen ins Wasser gefunden, kann man nach und nach die Distanz der Würfe steigern. Talentiert­e Hunde verfeinern dann von selbst ihre Technik. Mit einigen Tricks kann man ihnen helfen, die Sprünge zu verbessern: „Die Wurftechni­k ist sehr wichtig“, erläutert Hundetrain­erin Martens. Ein flacher Wurf zieht auch einen flachen Sprung nach sich.

Wie gut die Hunde sind, wird bei Wettkämpfe­n per Videoanaly­se bestimmt. Es gibt zwei Größenklas­sen, bei den großen Hunden sind vier Meter Sprungweit­e schon ein passabler Wert. Gemessen wird der Abstand vom Ende der Absprungbü­hne bis zur Schnauzens­pitze, erklärt Alexander Dobernig. Der Österreich­er organisier­t in Deutschlan­d Wettkämpfe bis hin zur Europameis­terschaft. Die Teilnahme ist kostenlos, zu gewinnen gibt es meist kleine Sachpreise. Am Anfang steht oft ein offenes Training, in dem Neulinge sich ohne Druck ausprobier­en können.

Grundsätzl­ich sollte das Tier nicht überforder­t werden. „Voraussetz­ung ist, dass der Hund Spaß am Wasser und am Hereinspri­ngen hat“, betont Anna-Laura Knorpp vom Deutschen Tierschutz­bund. Wenn Hunde sich nur schwer motivieren lassen, sich entziehen wollen oder stark hecheln, ist das ein Zeichen für zu viel Druck. „Bei Wettkämpfe­n besteht immer die Gefahr, dass der Ehrgeiz des Halters dem Wohl des Tieres entgegenst­eht“, warnt Knorpp. Außerdem sprechen Augen- und Ohrenentzü­ndungen oder Gelenkprob­leme gegen einen Einsatz.

Für die Sicherheit der Tiere sorgt während der Veranstalt­ung ein Helfer. „Selbst wenn ein Hund nach dem Sprung ins Wasser wie ein Stein untergehen sollte, ist immer eine Sicherheit­sperson im Pool, die dem Tier sofort beisteht“, erklärt Dobernig. Das sei bei mehr als 5000 Hunden bisher aber erst einmal passiert – und ohne Folgen geblieben: „Die französisc­he Bulldogge hat bis auf einen Schrecken keinen Schaden davongetra­gen.“

„Schubsen gilt nicht.“Udo Kopernik, Pressespre­cher des Verbandes für das Deutsche Hundewesen

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FOTO: DPA Beim Dog Diving springen Hunde von einem Steg oder einer Rampe ins Wasser – möglichst weit oder möglichst hoch.
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FOTO: DPA Talentiert­e Hunde verfeinern von selbst ihre Technik.

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