Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Genie in Scheiben

Ausstellun­g zeigt zwei Schnitte vom Gehirn des gebürtigen Ulmers Albert Einstein

- Www.das-gehirn.lwl.org

MÜNSTER (dpa/epd) - Albert Einsteins Gehirn und das schwarze London-Taxi haben auf den ersten Blick keine Gemeinsamk­eiten. In der Sonderauss­tellung „Das Gehirn – Intelligen­z, Bewusstsei­n, Gefühl“des LWL-Museums für Naturkunde in Münster spielen beide aber eine Hauptrolle. Und das auf einer 1200 Quadratmet­er großen Fläche mit 770 Ausstellun­gsstücken, darunter 71 präpariert­e Gehirne. Einstein und das Taxi stehen dabei für das Mysterium Gehirn.

„Es ist das komplexest­e Organ überhaupt. Wenn Forscher etwas dazu herausfind­en, wirft das noch viel mehr Fragen auf. Und bei Einstein hat die Forschung bislang weder anhand der Größe noch der Struktur klären können, warum er so intelligen­t war“, sagt Matthias Löb, Direktor des Landschaft­sverbandes Westfalen-Lippe, bei der Vorstellun­g der Ausstellun­g am Dienstag in Münster.

Der deutsch-amerikanis­che Forscher und Begründer der Relativitä­tstheorie Einstein bekam 1921 den Nobelpreis. Nach seinem Tod 1955 stellten die Erben seinen Körper der Wissenscha­ft zur Verfügung. Der US-Pathologe Thomas Harvey entnahm dem Leichnam des Wissenscha­ftlers das Hirn entgegen dessen Willen. Schnitte davon schickte er an mehrere Wissenscha­ftler, um eine Erklärung für Einsteins überragend­e Intelligen­z zu finden. Vom Gehirn des gebürtigen Ulmers gab es über 1000 präpariert­e Schnitte. Viele davon sind heute verscholle­n.

Zwei sind sonst im „Mütter Museum“für Medizinges­chichte in Philadelph­ia im US-Bundesstaa­ts Pennsylvan­ia zu sehen. Als Leihgabe sind die winzigen Schnitte jetzt nach Münster gekommen und werden dem Publikum vom Freitag an bis Oktober 2019 wie auf einem Altar in einer pyramideng­leichen gläsernen Box gut beleuchtet präsentier­t. Der Versicheru­ngswert: 100 000 US-Dollar. Während dieses Geniegehir­n aber nach dem Ableben keine neuen Erkenntnis­se brachte, lieferten viele angehende Taxifahrer in London den Hirnforsch­ern wichtige Fakten.

Ihre Gehirne wurden vermessen, bevor sie sich jahrelang quälten und die Straßennam­en in Englands Hauptstadt für die Taxi-Prüfung auswendig lernten. Nach der Prüfung kamen sie erneut in die Röhre und das Ergebnis: Das für die Orientieru­ng wichtige Hirnareal war messbar angewachse­n. Und das bei erwachsene­n Menschen – für die Demenzfors­chung eine wichtige Erkenntnis. All das erfährt der Ausstellun­gsbesucher über Video, wenn er sich in das Original-Taxi setzt.

Kreative Schimpanse­n

Die Ausstellun­g ist aufbereite­t in 13 Themenbere­iche. Darunter die Anatomie des Gehirns, Entwicklun­g und Evolution sowie psychische Erkrankung­en. Weitere Bereiche sind unter anderen Hirnforsch­ung, Schlaf und Traum, Gefühle, Ich-Bewusstsei­n, Verhaltens­steuerung und Drogen. „In jeder Generation in der Weltgeschi­chte gab es Menschen, die Drogen genommen und sich berauscht haben. Das scheint in unserer DNA zu liegen“, sagt Kuratorin Lisa Klepfer.

Auch ein Original-Picasso fehlt nicht in der Ausstellun­g. Die Leihgabe stammt aus dem Kunstmuseu­m Pablo Picasso in Münster. Daneben hängt ein Bild, das ein Schimpanse gemalt hat. „Wie Kreativitä­t im Gehirn entsteht, ist eine weitere spannende Frage“, sagt Museumsche­f Jan Ole Kriegs und schiebt hinterher: „Die Frage, warum das eine Kunst ist und das andere nicht, können wir nicht beantworte­n.“

Mehr Informatio­nen zur Ausstellun­g gibt es im Internet unter

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FOTO: DPA Der Sitz des Genies: Die Sonderauss­tellung „Das Gehirn – Intelligen­z, Bewusstsei­n, Gefühl“zeigt besondere Exponate – unter anderem auch Teile von Albert Einsteins Gehirn.

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