Ausharren in der Dunkelheit
Junge Fußballer sollen aus thailändischer Höhle gerettet werden – Wie schnell das geht, ist aber noch unklar
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CHIANG RAI (dpa) - Die Rettungskräfte im Norden Thailands arbeiten unermüdlich, um die in einer Höhle eingeschlossenen zwölf Jugendfußballer und ihren Trainer zu befreien. „Macht euch keine Sorgen! Es geht ihnen jetzt gut“, sagte der Kommandeur der thailändischen Marinetaucher, Arpakorm Yookongkaew, am Dienstag.
Seit nunmehr zehn Tagen harren die Jugendfußballer im Alter von elf bis 16 Jahren und ihr Begleiter nun schon im Dunkel der Höhle aus. Sie sind ermattet und hungrig, die Rettungsarbeiten ziehen sich hin. Sobald die zwölf Jungen und ihr Trainer ausreichend gestärkt seien, würden sie aus dem überfluteten Hohlraum herausgeholt, sagte der stellvertretende Gouverneur der Provinz Chiang Rai, Passakorn Boonyalak.
Doch zunächst müsse möglichst viel Wasser aus der Höhle abgelassen werden. Mehr als hundert Bauern in der Region hätten den Rettungsteams erlaubt, Wasser aus der überfluteten Höhle in der Provinz Chiang Rai auf ihre Höfe und Felder abzupumpen, teilten die Behörden mit. Ein Sprecher der Farmer sagte: „Wir sind alle bereit, unsere Ernte überschwemmen zu lassen, wenn so alle 13 Mitglieder des Fußballteams gerettet werden können.“Das thailändische Landwirtschaftsministerium sagte im Gegenzug eine Entschädigung für das „selbstlose Opfer“zu.
Die Gruppe hatte die Höhle Tham Luang-Khun Nam Nang Non nahe der Grenze zu Myanmar am 23. Juni nach einem Training besucht. Nach Angaben der örtlichen Behörden waren sie dort wohl von einer Sturzflut überrascht worden und hatten sich immer tiefer ins Innere der mehr als zehn Kilometer langen Höhle zurückgezogen.
Arzt bleibt bei der Gruppe
In der Nacht zum Dienstag hatten britische Taucher die Gruppe schließlich mehr als drei Kilometer vom Höhleneingang entfernt entdeckt. Bilder der Einsatzkräfte zeigten die Jugendlichen im Inneren der Höhle im Schein von Taschenlampen – von den Strapazen erschöpft, aber überglücklich.
In einem Video, das die Marinetaucher auf Facebook stellten, ist der erste Kontakt der britischen Taucher mit der Jugendmannschaft zu sehen: „Wie viele seid Ihr?“, fragt ein Taucher die Jungen. „13“, antwortet einer von ihnen. „Großartig“, antwortet der Taucher. „Sag ihnen (den Tauchern), sag ihnen, wir sind so hungrig“, bittet einer der Jungen in einem nordthailändischen Dialekt einen anderen Jungen, der Englisch spricht. „Ja, das habe ich schon“, antwortet dieser. „Sie wissen es.“Die meisten der Eingeschlossenen hätten leichtere Gesundheitsprobleme, hieß es. Ihnen seien Medikamente und Energiedrinks gegeben worden. Ein Arzt blieb bei der Gruppe.
Zu ihrer Rettung gebe es derzeit zwei Möglichkeiten, erklärt der stellvertretende Gouverneur. Entweder sollen die Kinder in Begleitung von Rettungstauchern aus dem überfluteten Teil der Höhle herausschwimmen. Alternativ könnte von oben eine Öffnung in die Höhlendecke gebohrt werden, um die Eingeschlossenen herauszuheben.
Jugendliche müssen Tauchen üben
„Momentan halten wir die erste Option für die bessere. Aber es bedeutet, dass die Gruppe schwimmen und tauchen muss, und sie sind gerade dabei, das zu üben“, sagte Passakorn.
Die Entdeckung des Fußballteams sei ein toller Erfolg, sagte Provinzgouverneur Narongsak Osotthanakorn: „Wir haben etwas vollbracht, von dem wir vorher dachten, es sei eine ‚Mission Impossible‘.“Die Jungs würden herausgeholt, daran gebe es keinen Zweifel.
Wie lange es dauern wird, bis die Jugendlichen tatsächlich aus der Höhle herauskommen, ist ungewiss. Narongsak wies aber Medienberichte zurück, wonach die Rettung mehrere Monate dauern könnte. Es wird immer wieder berichtet, dass der Wasserspiegel mit Pumpen gesenkt werden soll. Das Höhlensystem ist meines Wissens aber so groß, dass es damit nicht getan ist. Der Zufluss ist stärker als alle Pumpen, die man dort reinstellen könnte. Man könnte auch abwarten, bis das Wasser von sich aus weiter zurückgeht. Eine andere Möglichkeit wäre, die Jugendlichen zu stabilisieren und sie selbst raustauchen zu lassen. Das ist aber recht aufwendig. Die Strecke unter Wasser müsste dafür mit Leinen versehen werden und die Eingeschlossenen bräuchten Neoprenanzüge. Selbst in einem 20 Grad warmen Wasser würden sie sonst schnell ihre Kräfte verlieren.
Was schätzen Sie, wie lange die Rettungsaktion dauern wird?
Martin Groß
Das hängt stark von den klimatischen Bedingungen ab. Ich müsste vor Ort sein, um das beurteilen zu können. Die vier Monate, die gerade durch die Medien geistern, sind aber unrealistisch. Für die Eingeschlossenen wäre das eine psychische Katastrophe. Da müsste auf jeden Fall vorher eingegriffen werden. Im Notfall durch eine Rettungsbohrung, mit der man sich von oben Zugang verschafft.
Hätten Sie vorher damit gerechnet, dass man die Mannschaft nach
Am wichtigsten ist die psychische Stabilität. Jemand sollte bei ihnen bleiben, mit ihnen reden und von der Situation ablenken. Außerdem brauchen sie gutes Essen, das Kraft gibt, und sauberes Trinkwasser. Verletzungen sollten möglichst vor Ort versorgt werden, damit sie sich nicht entzünden.
Wie groß ist die Gefahr, dass so etwas auch in Deutschland passiert?
In Baden-Württemberg hatten wir das schon mehrfach. 2003 waren vier Studenten nach einem Gewitter in der Falkensteiner Höhle auf der Schwäbischen Alb eingeschlossen. Eine Stelle hatte sich mit Wasser gefüllt, die Männer mussten ähnlich wie in Thailand weiter in die Höhle zurückweichen. Nachdem wir sie gefunden und stabilisiert hatten, zeigten wir ihnen in einem kleinen Becken, wie man taucht. Am zweiten Tag holten wir sie dann mithilfe einer unter Wasser verlegten Führungsleine raus. Als Wanderer sollte man auf gar keinen Fall in Versuchung geraten, ohne Ausbildung in eine Höhle zu gehen. Ein Helm, mehrere Lampen, eine Rettungsdecke und eine Notration an Essen und Trinken sollten immer dabei sein.