Ein Leben für und in Afrika
Das Ehepaar Knaier hat viele Jahre Entwicklungshilfe in Afrika geleistet und bringt das Land nun Touristen näher
ERBACH (sz) - Ein Erbacher Ehepaar hat lange Jahre Entwicklungshilfe geleistet. Jetzt veranstalten sie Touren nach Afrika. ●
ERBACH - Das Ehepaar Knaier, das mittlerweile in Erbach ein Zuhause gefunden hat, hat knapp 20 Jahre in Afrika gelebt. Teilweise als Entwicklungshelfer, teilweise als selbstständige Unternehmer haben sie den schwarzen Kontinent besser kennengelernt als Deutschland. Heute teilen sie ihre Faszination und die Liebe für Land und Leute, indem sie geführte Reisen für Kleingruppen organisieren.
Ein eigenes Haus, ein gutbezahlter Job und Kinder, das sind Ziele, die viele junge Menschen anstreben. Otti und Bernhard Knaier hatten diese Ziele schon mit 30 erreicht, trotzdem fehlte ihnen etwas. Er wollte immer schon einmal ins Ausland und sie teilte diesen Wunsch. Als sie mit einem Cousin über dessen Arbeit als Entwicklungshelfer sprachen, fiel ein lebensverändernder Satz für das Junge Ehepaar. „Wenn Ihr das wirklich wollt, warum macht Ihr es dann nicht einfach - hat mein Cousin damals zu uns gesagt“, erinnert sich Otti Knaier. Der Wunsch als Entwicklungshelfer nach Afrika zu gehen, war geweckt. Andere Familienmitglieder und Freunde sahen die Bestrebungen des jungen Ehepaars mehr als kritisch. Viele hätten versucht, sie umzustimmen und ihre Entscheidung ein gutes Stück weit für unverantwortlich erklärt. Trotzdem, gerade einmal ein halbes Jahr später, betrat die Familie erstmals afrikanischen Boden.
Zuvor hatte sich das Ehepaar an den Deutschen Entwicklungsdienst gewandt, der ihre Bewerbung prüfte und ihnen zur Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt einen dreimonatigen Kurs vermittelte. „Wir haben Informationen über das Programm und die Kultur sowie einen kleinen Sprachkurs bekommen“, berichtet Bernhard Knaier rückblickend. Nur 154 Kilogramm Gepäck konnten sie mitnehmen. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Knaiers zwei kleine Kinder hatten und das dritte bereits auf dem Weg war. „Da überlegst du Dir dann schon, ob du noch eine Packung Windeln oder Spielsachen für die Kinder einpackst“, sagt Otti Knaier.
Rund acht Jahre sollten verstreichen, bis die Knaiers wieder zurück nach Deutschland kommen sollten. Ihre Entwicklungshilfeprojekt führte sie nach Simbabwe. 15 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Harare bezogen sie auf einer Farm, einer Kooperative, ein einfaches Haus. Mehr als vier Jahre leitete Bernd Knaier dort als gelernter Schreinermeister eine Werkstatt und bildete junge Menschen in seinem Handwerk aus. „Die jungen Leute waren motiviert und hatten eine gute Schulbildung, es ging voran, das Land war erst kürzlich unabhängig geworden“, erzählt Bernd Knaier. Dennoch stieß das Ehepaar schnell auch auf die Unterschiede in den Mentalitäten. Ein Beispiel ist ihm dabei sehr in Erinnerung geblieben. „Egal, wo wir waren, ich wollte immer einen schönen Garten haben, deshalb habe ich auch in Simbabwe gleich Rasen gesät und Bäume gepflanzt“, erzählt Bernd Knaier und seine Frau fügt an: „Das haben die Menschen dort nicht verstanden, es war ja klar, dass wir nur eine begrenzte Zeit bleiben würden. Sie haben gefragt: Warum pflanzt ihr Bäume, wenn ihr die Früchte nicht ernten werdet.“
Mit der Zeit wuchs allerdings das Verständnis und der gegenseitige Respekt. Einen großen Anteil daran hatte, dass die Knaiers sich nicht abgrenzten und nur mit Entwicklungshelfern sozialen Umgang pflegten, sie lebten zusammen mit den Einheimischen. Die älteste Tochter besuchte nicht die Schule für ausländische Kinder in der naheliegenden Hauptstadt, sie besuchte die örtliche Schule, in der sie von 400 Schülern das einzige weiße Kind war. „Das hat man uns hoch angerechnet. Wir sind nicht belehrend aufgetreten, sondern sind den Menschen auf Augenhöhe begegnet“, sagt Bernhard Knaier.
Schwierige Rückkehr nach Deutschland
Bevor die Familie nach Deutschland zurückkehrte, folgten weitere Stationen in Südafrika und Botswana. „Eigentlich wollten wir uns mit einer Tischlerei in Südafrika selbstständig machen, aber zu der Zeit war die politische Situation sehr kritisch.“Nach einem Jahr Selbständigkeit zog die Familie weiter nach Botswana, wo Berhard Knaier als Entwicklungshelfer erneut Schreiner ausbildete. Vier Jahre später ging es zurück - kein einfacher Gang für die Familie. „Der Entwicklungsdienst bereitet einen gut auf die Abreise vor, aber nicht auf die Rückkehr“, fasst Otti Knaier knapp zusammen. Selbst nach zwei Jahren seien sie noch nicht richtig angekommen und die Idee zurück nach Afrika zu gehen, war nicht nur bei den Eheleuten, sondern auch bei den Kindern ein großer Wunsch.
Während der Nachwuchs sich allerdings zusehend besser akklimatisierte, zog es die Eltern immer stärker zurück. Als die Kinder erwachsen waren, folgte für Otti und Bernhard Knaier ein achtjähriger Aufenthalt in Südafrika, wo sie bis 2013 ein kleines Reiseunternehmen betrieben. Nach ihrer zweiten Rückkehr aus familiären Gründen, zogen sie nach Erbach, von wo aus sie ihre Reiseorganisation fortführen. Anfangs nur im Freundeskreis, organisierten sie Reisen nach Afrika. Jährlich sind es jetzt vier bis fünf Touren. Die Gruppengröße variiere zwischen zehn und 16 Personen. Das Ehepaar wolle den Teilnehmern das echte Afrika zeigen und diese mit Land und Leuten auf persönlicher Ebene in Kontakt bringen. Wenn eine Gruppe beispielsweise einen afrikanischen Gottesdienst besuchen möchte, bringen sie die Knaiers „zu einer richtigen Messe, nicht zu einer Show für Touristen“.
Auf die Frage, wie ihr Leben durch den schwarzen Kontinent beeinflusst worden ist, müssen die beiden Wahl-Erbacher nicht lange nachdenken. Das Leben mit den Menschen dort habe sie Gelassenheit gelehrt und in schwierigen Situationen ruhig zu bleiben. „Die Afrikaner haben ein Sprichwort: Ihr Europäer habt die Uhren und wir haben die Zeit. Das drückt es wohl am besten aus“, sagt das Ehepaar unisono.