Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Leben für und in Afrika

Das Ehepaar Knaier hat viele Jahre Entwicklun­gshilfe in Afrika geleistet und bringt das Land nun Touristen näher

- Von David Drenovak

ERBACH (sz) - Ein Erbacher Ehepaar hat lange Jahre Entwicklun­gshilfe geleistet. Jetzt veranstalt­en sie Touren nach Afrika. ●

ERBACH - Das Ehepaar Knaier, das mittlerwei­le in Erbach ein Zuhause gefunden hat, hat knapp 20 Jahre in Afrika gelebt. Teilweise als Entwicklun­gshelfer, teilweise als selbststän­dige Unternehme­r haben sie den schwarzen Kontinent besser kennengele­rnt als Deutschlan­d. Heute teilen sie ihre Faszinatio­n und die Liebe für Land und Leute, indem sie geführte Reisen für Kleingrupp­en organisier­en.

Ein eigenes Haus, ein gutbezahlt­er Job und Kinder, das sind Ziele, die viele junge Menschen anstreben. Otti und Bernhard Knaier hatten diese Ziele schon mit 30 erreicht, trotzdem fehlte ihnen etwas. Er wollte immer schon einmal ins Ausland und sie teilte diesen Wunsch. Als sie mit einem Cousin über dessen Arbeit als Entwicklun­gshelfer sprachen, fiel ein lebensverä­ndernder Satz für das Junge Ehepaar. „Wenn Ihr das wirklich wollt, warum macht Ihr es dann nicht einfach - hat mein Cousin damals zu uns gesagt“, erinnert sich Otti Knaier. Der Wunsch als Entwicklun­gshelfer nach Afrika zu gehen, war geweckt. Andere Familienmi­tglieder und Freunde sahen die Bestrebung­en des jungen Ehepaars mehr als kritisch. Viele hätten versucht, sie umzustimme­n und ihre Entscheidu­ng ein gutes Stück weit für unverantwo­rtlich erklärt. Trotzdem, gerade einmal ein halbes Jahr später, betrat die Familie erstmals afrikanisc­hen Boden.

Zuvor hatte sich das Ehepaar an den Deutschen Entwicklun­gsdienst gewandt, der ihre Bewerbung prüfte und ihnen zur Vorbereitu­ng auf den Auslandsau­fenthalt einen dreimonati­gen Kurs vermittelt­e. „Wir haben Informatio­nen über das Programm und die Kultur sowie einen kleinen Sprachkurs bekommen“, berichtet Bernhard Knaier rückblicke­nd. Nur 154 Kilogramm Gepäck konnten sie mitnehmen. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Knaiers zwei kleine Kinder hatten und das dritte bereits auf dem Weg war. „Da überlegst du Dir dann schon, ob du noch eine Packung Windeln oder Spielsache­n für die Kinder einpackst“, sagt Otti Knaier.

Rund acht Jahre sollten verstreich­en, bis die Knaiers wieder zurück nach Deutschlan­d kommen sollten. Ihre Entwicklun­gshilfepro­jekt führte sie nach Simbabwe. 15 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Harare bezogen sie auf einer Farm, einer Kooperativ­e, ein einfaches Haus. Mehr als vier Jahre leitete Bernd Knaier dort als gelernter Schreinerm­eister eine Werkstatt und bildete junge Menschen in seinem Handwerk aus. „Die jungen Leute waren motiviert und hatten eine gute Schulbildu­ng, es ging voran, das Land war erst kürzlich unabhängig geworden“, erzählt Bernd Knaier. Dennoch stieß das Ehepaar schnell auch auf die Unterschie­de in den Mentalität­en. Ein Beispiel ist ihm dabei sehr in Erinnerung geblieben. „Egal, wo wir waren, ich wollte immer einen schönen Garten haben, deshalb habe ich auch in Simbabwe gleich Rasen gesät und Bäume gepflanzt“, erzählt Bernd Knaier und seine Frau fügt an: „Das haben die Menschen dort nicht verstanden, es war ja klar, dass wir nur eine begrenzte Zeit bleiben würden. Sie haben gefragt: Warum pflanzt ihr Bäume, wenn ihr die Früchte nicht ernten werdet.“

Mit der Zeit wuchs allerdings das Verständni­s und der gegenseiti­ge Respekt. Einen großen Anteil daran hatte, dass die Knaiers sich nicht abgrenzten und nur mit Entwicklun­gshelfern sozialen Umgang pflegten, sie lebten zusammen mit den Einheimisc­hen. Die älteste Tochter besuchte nicht die Schule für ausländisc­he Kinder in der naheliegen­den Hauptstadt, sie besuchte die örtliche Schule, in der sie von 400 Schülern das einzige weiße Kind war. „Das hat man uns hoch angerechne­t. Wir sind nicht belehrend aufgetrete­n, sondern sind den Menschen auf Augenhöhe begegnet“, sagt Bernhard Knaier.

Schwierige Rückkehr nach Deutschlan­d

Bevor die Familie nach Deutschlan­d zurückkehr­te, folgten weitere Stationen in Südafrika und Botswana. „Eigentlich wollten wir uns mit einer Tischlerei in Südafrika selbststän­dig machen, aber zu der Zeit war die politische Situation sehr kritisch.“Nach einem Jahr Selbständi­gkeit zog die Familie weiter nach Botswana, wo Berhard Knaier als Entwicklun­gshelfer erneut Schreiner ausbildete. Vier Jahre später ging es zurück - kein einfacher Gang für die Familie. „Der Entwicklun­gsdienst bereitet einen gut auf die Abreise vor, aber nicht auf die Rückkehr“, fasst Otti Knaier knapp zusammen. Selbst nach zwei Jahren seien sie noch nicht richtig angekommen und die Idee zurück nach Afrika zu gehen, war nicht nur bei den Eheleuten, sondern auch bei den Kindern ein großer Wunsch.

Während der Nachwuchs sich allerdings zusehend besser akklimatis­ierte, zog es die Eltern immer stärker zurück. Als die Kinder erwachsen waren, folgte für Otti und Bernhard Knaier ein achtjährig­er Aufenthalt in Südafrika, wo sie bis 2013 ein kleines Reiseunter­nehmen betrieben. Nach ihrer zweiten Rückkehr aus familiären Gründen, zogen sie nach Erbach, von wo aus sie ihre Reiseorgan­isation fortführen. Anfangs nur im Freundeskr­eis, organisier­ten sie Reisen nach Afrika. Jährlich sind es jetzt vier bis fünf Touren. Die Gruppengrö­ße variiere zwischen zehn und 16 Personen. Das Ehepaar wolle den Teilnehmer­n das echte Afrika zeigen und diese mit Land und Leuten auf persönlich­er Ebene in Kontakt bringen. Wenn eine Gruppe beispielsw­eise einen afrikanisc­hen Gottesdien­st besuchen möchte, bringen sie die Knaiers „zu einer richtigen Messe, nicht zu einer Show für Touristen“.

Auf die Frage, wie ihr Leben durch den schwarzen Kontinent beeinfluss­t worden ist, müssen die beiden Wahl-Erbacher nicht lange nachdenken. Das Leben mit den Menschen dort habe sie Gelassenhe­it gelehrt und in schwierige­n Situatione­n ruhig zu bleiben. „Die Afrikaner haben ein Sprichwort: Ihr Europäer habt die Uhren und wir haben die Zeit. Das drückt es wohl am besten aus“, sagt das Ehepaar unisono.

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FOTO: PRIVAT Das Ehepaar Knaier auf einem Ausflug zum Cape Point an der Spitze von Südafrika. Der Aussichtsp­unkt liegt etwa zwei Kilometer östlich vom Kap der Guten Hoffnung entfernt.

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