Soll Rauchen auch im Freien verboten werden?
Man könnte bescheiden sein und Gott danken für zehn rauchbefreite Jahre in Gaststätten und am Arbeitsplatz. In einem
Land wie Deutschland, wo freien Autofahrern freie Fahrt als Menschenrecht verkauft wird, muss man sich darauf einstellen, als intoleranter Spießer gebrandmarkt zu werden, wer Rauchern mit der nächsten Keule kommen will. Natürlich ist Rauchen im Freien nicht mit einer verqualmten Gaststätte aus der Nikotinsteinzeit gleichzusetzen. Aber wer behauptet, ohne Dach überm Kopf sei die Nikotinsucht unserer Mitbürgerinnen und -bürger keine Belästigung mehr, der hat noch nie in einem vollbesetzen Biergarten in stehender Luft unterm Sonnenschirm gesessen – umringt von Rauchern. Auch ohne Sonnenschirm und in bewegter Luft ist es komischerweise immer so, dass der Rauch in meine Richtung zieht. Das stinkt mir im wörtlichen Sinne und trübt den Spaß am geselligen Zusammensitzen. Der Punkt beim Rauchen ist, dass es andere zu Mitrauchern macht. Das geht nicht. Der Schnapstrinker tangiert mich nicht, solange er mir nicht sein Schnapsglas unter die Nase hält und mich zum Mittrinken auffordert. Dann wird’s lästig. Außer ich bin derart genervt von der Raucherei der anderen, dass ich resigniere und mich mit einigen Klaren auf ein höheres Toleranzlevel katapultiere.
Gerne würde ich an dieser Stelle über grüne Empörungsvirtuosen schreiben, die alles verbieten wollen, was Spaß macht: qualmen, saufen, Grillfleisch vom Aldi. Aber nicht die Ökospießer sind das Problem. Es sind die vermeintlich braven Gesetzestreuen, die
– beflügelt von den jüngsten Rauchverboten – mir jetzt schon im Biergarten einen strafenden Blick zuwerfen, wenn ich mir nur eine Zigarette drehe.
„Doch nicht vor meinem Kind!“, ermahnen mich dann tapfere Helikoptermamas, die Geländewagen mit manipulierter Abgassoftware fahren und ihre Haushaltshilfe schwarz bezahlen. „Entschuldigung, ich esse hier!“, empören sich galante Herren in Anzug, die sich morgens beim Bäcker vordrängeln und ohne zu blinken durch den Kreisverkehr rasen. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Widersprüche sind gut und wichtig. Ohne sie wäre das Leben ziemlich langweilig und Merkel für immer Regierungschefin. Allerdings ist der Feinstaub, den DieselPendler und „Miles & More“-Kunden in die Luft blasen, weitaus schädlicher als das bisschen blauer Dunst im Biergarten. Denkt mal drüber nach, liebe Moralapostel, bevor ihr das nächste Mal den Zeigefinger hebt. Im Gegenzug dürft ihr auch gerne weiter bei der Steuererklärung schummeln.
Von Bernd Hüttenhofer
Von Simon Haas