Messe Eurobike
Versicherungspflicht für Nutzer von E-Bikes diskutiert
● FRIEDRICHSHAFEN - Das Geschäft mit elektrisch angetriebenen Fahrrädern läuft. Bei sinkenden Absatzzahlen ist der Umsatz der deutschen Fahrradbranche im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent auf 2,69 Milliarden Euro gestiegen. Und die Aussichten für das laufende Jahr seien gut, wie Siegfried Neuberger, Chef des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV), beim Branchengespräch im Rahmen der 26. Ausgabe der Fachmesse Eurobike am Samstag in Friedrichshafen sagte.
Die Hersteller und Händler von Fahrrädern geben sich bei der Weltleitmesse in Sachen Fahrrad also guter Laune, doch die könnte ganz schnell getrübt werden. Denn gerade der Wachstumsgarant und Innovationstreiber der gesamten Branche – das auf 25 Kilometer pro Stunde beschränkte E-Bike, auch als Pedelec bezeichnet – droht seine Attraktivität für den Kunden zu verlieren, wenn die Europäische Kommission dafür eine Versicherungspflicht einführt. Eine entsprechende Diskussion ist momentan im Gange.
Derzeit ist das Pedelec dem herkömmlichen Fahrrad rechtlich gleichgestellt, erklärt Neuberger. Für die leistungsstärkeren E-Bikes brauche man auch bisher eine Zulassung. Würden nun auch jene Elektrofahrräder, deren Aggregat bis 25 Kilometer pro Stunde das Treten unterstützt beziehungsweise eine maximale Leistung von 25 Watt hat, eine Haftpflichtversicherung erfordern, wäre das katastrophal. Denn der aktuelle Erfolg der Branche fußt auf der Elektrifizierung der gesamten Produktpalette.
Ein Fünftel elektrisch
Laut ZIV-Zahlen hatten knapp ein Fünftel der 73,5 Millionen Fahrräder in Deutschland 2017 einen elektrischen Antrieb. Das Umsatzwachstum habe 2016 bei 19 Prozent gelegen, so Neuberger. Für 2017 erwarte man ein ähnlich starkes Wachstum und bereits ab diesem Jahr sollen dann eine Million E-Bikes jährlich verkauft werden. Der Anteil der E-Bikes mit einer Leistung über 25 Watt „ist verschwindend gering“, so Neuberger.
Für Aufregung in der Branche sorgt nun eine von der EU-Kommission angestoßene Diskussion über eine Ausweitung der Versicherungspflicht auch auf die Pedelecs. Die Kommission weist in einem Änderungsvorschlag der EU-Richtlinie für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ausdrücklich darauf hin, dass nicht nur durch Autos, sondern eben auch durch andere elektrisch betriebene Fahrzeuge wie EBikes eine Unfallgefahr bestehe. Davon betroffen wären auch Pedelecs.
Doch ergebe sich durch die aktuelle Diskussion auch eine Chance, sagte Neuberger auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“am Rande des Branchengesprächs auf der Fachmesse Eurobike. Zunächst sei er zuversichtlich, dass keine Versicherungspflicht eingeführt werde, da die Geltungsbereiche des Gesetzes laut Kommission nicht verändert würden. Und das E-Bike sei bereits im Geltungsbereich des Gesetzes erfasst. Allerdings könnten Staaten Ausnahmeregelungen machen, erklärt Neuberger weiter, und das Pedelec falle aktuell unter eine solche Ausnahmeregelung. Die große Chance für die Branche bestehe nun darin, diese Ausnahme der Länder zu einer regulären und europaweiten Befreiung des Pedelecs von der Versicherungspflicht zu machen. Damit habe der Kunde auch die Sicherheit, dass er nicht plötzlich eine Versicherung für sein E-Bike abschließen müsse, sollte sich die Haltung eines Landes zu diesem Thema ändern.
Im Moment seien bei der Versicherungspflicht für Pedelecs keine Änderungen geplant, teilte ein Sprecher des zuständigen Bundesjustizministeriums auf Anfrage mit. Nach dem Richtlinienvorschlag der EUKommission könne diese Rechtslage beibehalten werden, hieß es in der Stellungnahme.
Für die Fahrradbranche wäre ein Minus bei den Verkaufszahlen für Elektrofahrräder, die nach Einschätzung des ZIV langfristig mehr als ein Drittel des Marktes ausmachen werden, ein deutlicher Rückschlag. Wie Berechnungen des Kölner Marktforschungsinstituts IFH ergeben, haben 2017 E-Bikes 51 Prozent des Gesamtumsatzes ausgemacht. Im Jahr 2016 hatte der Anteil noch bei lediglich 45 Prozent gelegen.