Feilschen um jeden Monat Gefängnis
Verhandlung um Drogenschmuggel drehte sich am zweiten Tag um die Höhe der Strafen
● MEMMINGEN/LANDKREIS - Welche Angebote für mögliche Strafen kann man fünf Angeklagten unterbreiten, die in unterschiedlichem Umfang mit europaweitem Drogenschmuggel zu tun haben sollen? Darum drehte sich weitgehend der zweite Verhandlungstag des Drogen-Prozesses am Landgericht Memmingen. Wie berichtet, müssen sich neben zwei rumänischen Lastwagen-Fahrern drei Männer aus dem Raum NeuUlm vor Gericht verantworten. Sie sollen laut Anklageschrift die Taten aus der Region organisiert haben – und das im großen Stil.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft haben zumindest zwei von ihnen eine Vielzahl an Drogentransporten vom europäischen Festland aus nach Großbritannien organisiert und dort mit Gewinn weiterverkauft. Es handelt sich dabei um Summen in Höhe von rund 900 000 Euro – alleine beim Kaufwert des Kokains. Dazu kommt der Verkauf von Ketamin und Marihuana. Insgesamt konnten rund 35 Kilo Kokain, 54 Kilo Ketamin und rund sieben Kilo Marihuana sichergestellt werden. Die Ermittlungen wurden europaweit geführt, neben rumänischen Behörden, von denen die Initiative ausging, waren Strafverfolger aus Belgien, Spanien, den Niederlanden und Großbritannien dabei.
Der Fall des dritten Manns aus der Region, ein 36-Jähriger, der Autobatterien so umgebaut haben soll, dass Drogen darin versteckt werden können, wird möglicherweise eigenständig verhandelt. Sein Verteidiger möchte für ihn eine Bewährungsstrafe heraushandeln. Dazu muss noch Weiteres geklärt werden.
Den beiden Männern aus der Region, die laut Anklage mehr Verantwortung trugen, drohen derweil hohe Haftstrafen. Einer der beiden, ein 48-Jähriger, hat bereits bei seiner Festnahme umfassend ausgesagt und möchte deswegen weniger lange ins Gefängnis. Er hatte laut Anklage die Aufgabe, Lkw-Fahrer in Rumänien zu rekrutieren und während ihrer Fahrten zu betreuen. Das Kokain wurde in der legalen Ware im Lastwagen versteckt, es handelte sich um Mengen von bis zu zwölf Kilo pro Fahrt.
Der zweite Mann, 37 Jahre alt, schweigt bisher. Ihm wird vorgeworfen, der „Drahtzieher“des Schmuggels zu sein. Dementsprechend hoch wird wohl seine Strafe ausfallen. Der 37-Jährige hatte laut Anklage bereits einen eigenen Handel mit Betäubungsmitteln in der Region, bevor er sich der Gruppe anschloss. Er soll Kokaintransporte mit dem Auto organisiert haben.
Durch Geständnisse der Angeklagten soll das aufwendige Verfahren etwas abgekürzt werden. Deswegen zogen sich alle beteiligten Parteien am Freitag zu einem Rechtsgespräch zurück. Am Ende stellte die erste Strafkammer unter Vorsitzendem Richter Jürgen Hasler folgende Strafrahmen in Aussicht – wenn die Vorwürfe jeweils eingeräumt werden: Der sogenannte Hauptangeklagte aus der Region kann in diesem Fall mit einer Strafe von neuneinhalb bis zehn Jahren rechnen. Einer der Lkw-Fahrer hat eine Freiheitsstrafe im Rahmen von dreieinhalb bis vier Jahren, der zweite von fünfeinhalb bis sechs Jahren in Aussicht gestellt bekommen. Bis zum nächsten Verhandlungstag, Montag, können die Angeklagten sich mit ihren Verteidigern darüber verständigen, ob sie dies annehmen. Alle Rechtsanwälte versuchten den Tag über immer wieder, weniger Monate in Haft für ihre Mandanten herauszuhandeln.
Für den 48-Jährigen aus der Region Neu-Ulm unterbreitete die Strafkammer keinen Vorschlag. Er signalisierte über seine Verteidigerin, dass er maximal fünf Jahre annehme, da er nur geholfen habe. Die Staatsanwaltschaft setzte aber mindestens sechs Jahre an. Auch Richter Hasler sah in dem vom Angeklagten gewünschten Bereich keine Möglichkeit. Er riet dem Mann, seine Haltung noch einmal zu überdenken, da sich bei den Ermittlungen mehr als Beihilfe ergab. „Die Menge an Drogen, über die wir hier reden, lässt ganz erhebliche Strafmaße zu.“Wenn er nach der Anklage verurteilt werde, könne die Strafe weit darüber liegen, so Hasler.