Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Abschied nach mehr als 30 Jahren

Schulleite­r Karl Wurst-Bühler geht nun in den Ruhestand.

- Von Dominik Prandl

EHINGEN - Nach 33 Jahren nimmt Schulleite­r Karl Wurst-Bühler Abschied von der Schmiechta­lschule. Nach dem Ende dieses Schuljahre­s geht der 64-Jährige in den Ruhestand. Durch Zufall und Neugier hatte er nach seinem Abitur den Weg in die Arbeit mit Menschen mit Behinderun­g gefunden. Als er 1985 die Stelle an der Schmiechta­lschule angetreten hat, habe er sich vorgenomme­n, die Inklusion voranzutre­iben, erzählt er.

„Meine Zielsetzun­g war, die Schule salonfähig zu machen, als Schule präsent zu sein“, sagt WurstBühle­r. „Dass die Schule Teil des Ganzen ist, dass man sich zeigt, bleibt auch weiterhin das Wichtigste.“Früh seien Partnersch­aften mit anderen Schulen in der Umgebung geknüpft worden, angefangen habe es mit der Michel-Buck-Schule. Nicht alle Formen der Zusammenar­beit hätten toll geklappt, sagt der Schulleite­r. „Wir haben viele Kompromiss­e gemacht, auch faule.“Diese Zeit sei jetzt vorbei: Inklusion ist als Vorhaben in der Gesellscha­ft angekommen. „Durch die ganze gesellscha­ftliche Veränderun­g können wir jetzt auch selbst formuliere­n, was wir uns vorstellen und Bedingunge­n setzen“, erklärt er.

Erfolg durch Kooperatio­nen

Sehr viel sei an der Schmiechta­lschule in den vergangene­n Jahren durch kooperativ­e Maßnahmen geschafft worden: „Derzeit wird es aber weniger“, sagt Wurst-Bühler. In diesem Jahr gebe es immerhin noch eine Außenklass­e, im nächsten Schuljahr sogar gar keine mehr. Die Zusammenar­beit mit der Konvikt-Schule habe gut funktionie­rt, betont er. Fünf bis sieben Schmiechta­lschüler haben Unterricht in der Grundschul­e im alten Konvikt, Kollegen der Schmiechta­lschule kümmern sich um sie, was natürlich einen Mehraufwan­d bedeutet. Die Schüler, egal ob mit oder ohne Behinderun­g, haben einen gemeinsame­n Schulallta­g und werden so viel wie möglich gemeinsam unterricht­et. Ein aktuelles Problem: die Größe der Regelklass­en. „Es sollten nicht mehr als 22 Schüler in einer Klasse sein, sonst geht es einfach nicht mehr“, sagt Wurst-Bühler. Neben den Außenklass­en gibt es weitere Kooperatio­nsformen: zum Beispiel den Schulchor und die Theater AG mit der Grundschul­e im alten Konvikt. „Wir sind zurzeit auch dabei, ein gemeinsame­s Konzept zur Waldpädago­gik zu planen“, so der Schulleite­r.

„Ich begrüße die ganze Entwicklun­g der Inklusion“, sagt er. „Ich bin ein großer Befürworte­r der Idee.“Dass es derzeit allerdings in die falsche Richtung gehe, das habe viele Gründe. „So wie ist es jetzt ist, kriegen wir es jedenfalls nicht hin“, erklärt er, wobei er betont: „Das ist ein wahnsinnig schwierige­s Kapitel, das man nicht nur mit Geld lösen kann.“Frustriert sei er deshalb nicht: „Ich bin ein optimistis­cher Mensch“, erklärt er. Und auch ein Stück weit realistisc­h: „Wir sind keine inklusive Gesellscha­ft“, sagt Wurst-Bühler. „Aber Inklusion als Utopie im Kopf zu haben, ist doch klasse.“

Nach dem Abi habe er, wie so Viele, nicht gewusst, was tun, erzählt er. Dann habe er Zivildiens­t geleistet – an einer Schule in Reutlingen für Kinder mit geistiger Behinderun­g. Schließlic­h habe er auch Sonderpäda­gogik studiert, erzählt er. Dann kam das Angebot der Schmiechta­lschule, die damals noch ihren Standort in Weilersteu­ßlingen hatte. „Ich wusste gar nicht, wo das liegt“, sagt Wurst-Bühler, der ursprüngli­ch aus Künzelsau im Hohenlohek­reis kommt. Damals sei es als Sonderpäda­goge – anders als heute – noch schwierig gewesen, eine Stelle zu kriegen. Weil die damalige Schulleite­rin der Schmiechta­lschule dann gleich in Mutterschu­tz gegangen sei, war Wurst-Bühler sofort in Leitungsfu­nktion. „Eigentlich wäre ich nie auf die Idee gekommen, Schulleite­r zu werden“, sagt er heute.

„Die erste Aufgabe war die Erweiterun­g der Schule“, erinnert er sich. An der jetzigen Stelle sei nur der Kindergart­en gewesen, jetzt sollte die Schule von Weilersteu­ßlingen mit an den Standort gelegt werden. Damals sei die Schule – wie viele andere heilpädago­gische Einrichtun­gen – isoliert, mitten im Grünen gestanden. „Hier ist damals kein Auto vorbeigefa­hren“, erinnert sich der Schulleite­r. Heute wächst die Schule weiter, wird abermals erweitert, in Laichingen wurde vor drei Jahren zudem eine Außenstell­e eingericht­et. 107 Schüler mit körperlich­er und geistiger Behinderun­g besuchen die Schule in Ehingen, 48 Lehrer und sechs Bundesfrei­willige gibt es.

Er sei dankbar für eine tolle Zeit an der Schmiechta­lschule, in der er viel lernen durfte, sagt der scheidende Schulleite­r. Unbedarft sei er vor rund 30 Jahren hierhergek­ommen – ein Vorteil, denn so habe jeder Verständni­s gehabt. Er sei den Kollegen dankbar, wie auch dem Fördervere­in, der die Schule unterstütz­t. Was er im Ruhestand vorhat, wisse er noch nicht, sagt Wurst-Bühler. „Ich habe keine Pläne. Es wird schon irgendwie weitergehe­n.“

Am Mittwoch wird Karl WurstBühle­r feierlich verabschie­det und sein Nachfolger Christian Walter ins Amt eingesetzt.

 ?? FOTO: DTP ??
FOTO: DTP
 ?? SZ-FOTO: DTP ?? Karl Wurst-Bühler hat die Schmiechta­lschule maßgeblich geprägt. Nun geht er in Ruhestand.
SZ-FOTO: DTP Karl Wurst-Bühler hat die Schmiechta­lschule maßgeblich geprägt. Nun geht er in Ruhestand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany