Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein digitaler Sechser im Lotto für Ertingen

Durch ein kostenlose­s Angebot der Telekom wird die kleine Kommune bei Riedlingen zur Gigabit-Gemeinde

- Von Wolfgang Lutz

ERTINGEN - „Wir haben vor, Ertingen auszubauen“, sagt Martin John, dem Regio-Manager Infrastruk­tur der Telekom, am Dienstagmo­rgen im Rathaus in Ertingen. Was sich hinter dieser Aussage verbirgt, ist für die Gemeinde Ertingen „eine Sensation“mit weitreiche­nden Auswirkung­en, so Bürgermeis­ter Jürgen Köhler. Als einzige Modellgeme­inde in Baden-Württember­g bietet sich für Ertingen die Chance, den Glasfasera­usbau kostenfrei zu realisiere­n und die Anschlüsse buchstäbli­ch „bis in die Stube“durch die Telekom verlegen zu lassen.

Noch vor kurzem bereitete der Glasfasera­usbau Bürgermeis­ter Jürgen Köhler noch Kopfzerbre­chen. Für die Umsetzung dieses Vorhabens stand eine Summe in Höhe von rund 15 Millionen Euro im Raum – für die Gemeinde eine enorme Belastung. Nun hat sich das Blatt entscheide­nd gewendet. Keine direkten Kosten für die Gemeinde, befristet ein kostenlose­r Hausanschl­uss und ein vorgesehen­er Baubeginn schon im nächsten Jahr: „Ich kann es kaum glauben“, so der Bürgermeis­ter.

Die Telekom verfolge das Ziel, den Breitbanda­usbau auch im ländlichen Raum mitzutrage­n, so RegioManag­er Martin John. In diesem Zuge habe Ertingen als einzige ausgewählt­e Modellgeme­inde in BadenWürtt­emberg die Chance, ganz vorne mit dabei zu sein. Und das auf Kosten der Telekom. Voraussetz­ung dafür ist, dass zwischen September und November 850 Anschlüsse unterzeich­net werden. Das Angebot bezieht sich momentan auf die Orte Ertingen und Erisdorf. Man sei derzeit aber auch in Gesprächen, um den Teilort Binzwangen ebenfalls mit ein zu beziehen. „Wir sind hierbei sehr optimistis­ch und auf einem guten Weg“, sagt Bürgermeis­ter Köhler.

Sollten die Voraussetz­ungen erfüllt werden, bietet die Telekom im genannten Ausbaugebi­et Bandbreite­n von bis zu einem Gigabit pro Sekunde. Wer sich bis Ende November für ein Glasfaserp­rodukt der Telekom entscheide­t, bekommt den Hausanschl­uss kostenfrei und spart dabei 799,95 Euro. Dieser Hausanschl­uss reicht dann bis in die Wohnung.

„Heute das Glasfasern­etz bis zum Grundstück zu bringen und dafür zurzeit etwa 15 Millionen Euro zu investiere­n, ist momentan undenkbar“, so der Bürgermeis­ter. Die Gemeinde habe anderweiti­ge Pflichtauf­gaben zu erfüllen wie zum Beispiel die Sanierung der Schule oder auch des Kanalnetze­s. Daher sei in den nächsten drei Jahren gar nicht an einen Glasfasera­usbau zu denken. Da nun die Telekom die Kosten für die komplette Installati­on übernimmt, bleibt an der Gemeinde „nichts hängen“.

Unterstütz­end wird man sich aber auf jeden Fall an dem Vorhaben beteiligen, vor allem wenn es um die Koordinati­on geht, wobei hier dann das Ortsbauamt auch Ansprechpa­rtner sein kann. „Wenn jemand zwei und zwei zusammenzä­hlen kann, muss er unbedingt hier mitmachen, denn er spart Geld und hat das Netz bis in die Stube“, bewertet Köhler das Angebot.

Baubeginn ab 2019

Die Telekom werde nun zügig einen Laden oder Büroraum beziehen, in dem sich die Bürger informiere­n und auch Verträge abschließe­n können, blickt John voraus. Diese Vorvermark­tung dauert drei Monate. Wer in dieser Zeit abschließt, zahlt keine Anschlussg­ebühr und entrichtet ein Jahr lang einen Monatsbeit­rag von 19,95 statt 38,50 Euro. „Wenn wir unser Vermarktun­gsziel erreicht haben, werden wir unverzügli­ch mit den Planungen beginnen, also Ende September“, umreißt der Regionalma­nager den Zeitplan. Baubeginn wäre dann nach seiner Aussage im Jahr 2019 und die Bauzeit schätzt er auf zwei bis drei Jahre. „Der Glasfaser-Anschluss bietet dann alle Möglichkei­ten für digitale Anwendunge­n wie zum Beispiel Video-Streaming, Gaming oder Arbeiten von zu Hause. Er eignet sich auch für Technologi­en wie Virtual Reality, Telemedizi­n und Smart Home“, so John.

„Das ist ein einmaliges Angebot für unsere Gemeinde“, schwärmt Köhler. „Wenn wir nächstes Jahr damit starten können, bedeutet dies für Ertingen einen Quantenspr­ung in der Digitalisi­erung größten Ausmaßes. Das ist mehr als ein Sechser im Lotto.“Köhler hofft, dass die Bürger diese Chance erkennen, denn der Nutzen für die Anschlussn­ehmer, auch für Industrie, Handel und Gewerbe, sei groß. Am Dienstagmo­rgen wurde nun eine Absichtser­klärung zwischen der Gemeinde Ertingen und der Telekom unterzeich­net, in der die weitere gemeinsame Zusammenar­beit festgeschr­ieben ist.

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FOTO: WOLFGANG LUTZ Bürgermeis­ter Jürgen Köhler (links) und Martin John, Regio-Manager der Telekom, unterzeich­nen eine Absichtser­klärung für eine weitere gemeinsame Zusammenar­beit.

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