Dopingtests für Selbstzahler
Die Kanuten wettern gegen ihren Verband
KÖLN (SID) - Sebastian Brendel war sauer. „Das geht gar nicht. Eine Farce“, sagte der dreimalige Canadier-Olympiasieger, als er während der WMVorbereitung in Kienbaum von den Plänen des Deutschen Kanu-Verbandes DKV erfuhr. 300 Euro weniger bekommt Brendel in diesem Jahr aus dem Sponsorentopf, weil die Kosten für Dopingtests gestiegen sind. Auch alle anderen Top-Kanuten, darunter diverse Olympiasieger, sind betroffen.
Der Ärger war vorprogrammiert. „Ich kann Sebastian verstehen. Der Job eines Präsidenten ist nicht immer vergnügungssteuerpflichtig“, sagte DKV-Chef Thomas Konietzko, der die Kanuten über die Maßnahme informiert hatte. Aber: „Das war unsere letzte Möglichkeit, die wir sehr offen mit unseren Sportlern abgestimmt haben, und der sie auch zähneknirschend zugestimmt haben.“
Für Konietzko ist die Vorgehensweise aufgrund der kürzlich erhöhten Jahresumlage für die Nationale Anti Doping Agentur NADA, die vor allem für Trainingstests verwendet wird, alternativlos. „Wir müssen 43 000 Euro aufbringen. Mit dieser hohen Summe haben wir so nicht gerechnet“, sagt Konietzko. Das Geld wird nun aus den Sponsoreneinnahmen abgezwackt, die sonst – für einen deutschen Sportverband eher unüblich – komplett an die Athleten weitergegeben werden.
„Bei anderen Verbänden dienen die Sponsorengelder der Finanzierung des Haushalts, bei uns geht das direkt weiter an die Sportler“, sagt Konietzko, der keine andere Möglichkeit sah: „Wir könnten es uns leicht machen und weniger Kontrollen für die deutsche Meisterschaft bestellen, dann würde sich die Zahlung verringern. Aber das ist das Letzte, was wir wollen.“
Brendel übte gegenüber der „Welt“dennoch Kritik. „Alle Kaderathleten werden zur Kasse gebeten. Von Verbandsseite wurde uns gesagt, dass man das alleine nicht stemmen könne und deshalb uns Sportler in die Pflicht nimmt. Ich finde es gut, dass wir für einen sauberen Sport stehen. Aber das, was da jetzt von uns gewollt wird, geht gar nicht“, sagte der 30-Jährige.
Mit einem Minus von 300 Euro trifft es Brendel mit am härtesten, bei Junioren fällt die Reduzierung geringer aus. Insgesamt kommen 120 DKVAthleten aus den Sparten Slalom und Rennsport in den Genuss von Sponsoren-Geldern. 2019 will der Verband die Zusatzkosten möglichst wieder selbst stemmen.
Problematische NADA-Finanzen
Als Hilferuf will Konietzko seine Maßnahme nicht verstanden wissen. Eher als „Signal, darüber nachzudenken, die NADA stabil und unabhängig zu finanzieren und nicht von den Verbänden abhängig zu machen, die sie zu kontrollieren hat“. Vor allem die Topverbände im Deutschen Olympischen Sportbund zahlen 2018 insgesamt 1,247 Millionen Euro an die NADA, um Kontrollen zu gewährleisten.
Mit Blick auf kleinere Verbände wurde sogar ein Härtefonds eingerichtet, für den der DOSB 50 000 Euro zur Verfügung stellt. Da die NADA künftig für den Anti-Doping-Kampf jährlich 1,5 Millionen Euro vom organisierten Sport benötigt, wollen der DOSB und die Spitzenverbände mit dem Innenministerium nochmals über die Finanzierung reden. Nicht nur Sebastian Brendel würde sich über eine Lösung freuen.