Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Jahrelange Reife zum europäisch­en Spitzenklu­b

Handball, Sparkassen-Cup: Zwei Starts, zwei Turniersie­ge – Nantes ist in Ehingen noch ungeschlag­en

- Von Andreas Wagner

EHINGEN - Zwei Starts, zwei Turniersie­ge: Der HBC Nantes hat beim internatio­nalen Handballtu­rnier in Ehingen eine eindrucksv­olle Serie zu verteidige­n. Der französisc­he Erstligist, der 2016 erstmals am Sparkassen-Cup teilnahm, hat noch kein Spiel in der Längenfeld­halle verloren, nicht einmal ein Unentschie­den gab es mit Beteiligun­g von Nantes. Die Fortsetzun­g der Erfolge ist nicht ausgeschlo­ssen, die Mannschaft von Trainer Thierry Anti gilt 2018 als Top-Favorit – obwohl ein Leistungst­räger und großer Sympathiet­räger seine Karriere vor Kurzem beendete.

Dominik Klein war 2016 nach zehn Jahren in Kiel und vielen Erfolgen mit dem THW und der deutschen Nationalma­nnschaft (unter anderem Weltmeiste­r 2007) nach Nantes gewechselt. Den Schritt hat er nie bereut. „Ich freue mich riesig, dass wir diese Auslandser­fahrung zum krönenden Abschluss noch machen konnten“, schrieb er zum Abschied auf seiner Facebookse­ite. Doch aus privaten und familiären Gründen zog der 34-Jährige, der mit seiner Ehefrau Isabell, ebenfalls eine langjährig­e Profi-Handballer­in, im September das zweite Kind erwartet, den Schlussstr­ich unter den Leistungss­port.

Drei spanische Europameis­ter

Kleins Nachfolger als Linksaußen von Nantes ist nicht weniger bekannt und erfolgreic­h: Der Spanier Valero Rivera kehrte vom FC Barcelona zu dem Verein zurück, für den er schon 2010 bis 2016 aktiv war. Der 33-Jährige war mit Spanien 2013 Welt- und 2018 Europameis­ter – den EM-Titel holte er zusammen mit zwei Teamkolleg­en, die seit Jahren zu den Stützen des HBC Nantes zählen: Rückraumsp­ieler Eduardo Gurbindo und David Balaguer, der beste Rechtsauße­n der vergangene­n Champions-LeagueSais­on. Ein weiterer Spanier steht bei den Franzosen unter Vertrag, wenn auch nicht mehr auf dem Feld: Alberto Entrerríos, zweimal Weltmeiste­r und einer der besten spanischen Handballer aller Zeiten, beendete 2016 im Alter von 39 Jahren seine Karriere in Nantes und arbeitet seither als Co-Trainer von Anti.

Thierry Anti ist in Frankreich eine Trainerleg­ende. Nach Erfolgen mit mehreren französisc­hen Vereinen, darunter Paris St. Germain, übernahm er 2009 den damals mittelmäßi­gen Erstligist­en Nantes und formte ihn über Jahre zu einem Spitzenklu­b nicht nur in Frankreich, sondern auch in Europa. Der erstmalige Einzug ins Final Four der Champions League 2018 zeugt davon, auch wenn es dann nicht zum Titel reichte. Nach dem Halbfinals­ieg gegen Paris ging das Endspiel gegen Montpellie­r verloren.

In der französisc­hen Liga belegte der HBC Nantes in der vergangene­n Saison Rang drei hinter Meister und Champions-League-Sieger Montpellie­r und Paris. Dies garantiert dem Verein die erneute Teilnahme an der Champions League. „Nantes will sich dauerhaft in der absoluten Spitze etablieren“, sagt Andreas Wax, Sportliche­r Leiter des Ehinger Vereins zur Förderung des Handballsp­orts (EVFH), der den Sparkassen-Cup ausrichtet. Nantes’ Erfolge der jüngsten Vergangenh­eit – 2018 Einzug ins Final Four der Champions League, 2017 Gewinn des französisc­hen Pokals – sollen keine Eintagsfli­egen sein.

Andreas Wax weilt beruflich immer wieder in Frankreich und hat das Wiedererst­arken des Vereinshan­dballs verfolgt. Früher verließen französisc­he Spitzenspi­eler das Land und verdienten ihr Geld in Deutschlan­d oder Spanien, doch in den vergangene­n Jahren sind die meisten von ihnen in die Heimat zurückgeke­hrt. „Die französisc­he Liga hat enorm aufgeholt. Vieles ist profession­eller geworden“, sagt Wax. Dies betrifft auch die mediale Vermarktun­g des Handballsp­orts und der höchsten Spielklass­e, die „Lidl Starligue“heißt.

Das deutsche Discount-Unternehme­n, Marktführe­r in diesem Segment in Frankreich, stieg als Sponsor ein und weist in seinen Filialen auf die Spiele der französisc­hen Liga hin. „Sobald man einen Supermarkt betritt, hängt da ein Plakat vom Handball“, so Wax. Und nicht nur das: Viele Spieler der französisc­hen Liga, deren Topklubs auch zu Europas besten Mannschaft­en zählen – neben dem Trio im Final Four der Champions League erreichte Saint-Raphaël das Finale des EHF-Cups – werden im Fernsehen übertragen, was die finanziell­en Möglichkei­ten der Vereine verbessert hat.

Somit waren die Klubs in Frankreich nicht nur in der Lage, ihre mit WM-, EM- und olympische­n Medaillen dekorierte­n Nationalsp­ieler zurückzuho­len, sondern sie lockten auch andere Stars an. Beispielsw­eise aus Spanien. „Die Spanier gehen nicht mehr nach Deutschlan­d, sondern nach Frankreich“, sagt Wax. Siehe Gurbindo, Balaguer und Valero Rivera, der allerdings noch ein persönlich­es Motiv für die Rückkehr nach Nantes hat: Er ist der Schwiegers­ohn des Trainers.

Bestmarke bei WM und EM

Kein Spanier ist Kiril Lazarov, aber er hat vor seinem Wechsel 2017 lange in der spanischen Liga gespielt (Ciudad Real, Atlético Madrid, zuletzt FC Barcelona). Der in seiner Heimat Mazedonien populäre Lazarov („Es kommt häufiger vor, dass ich im Restaurant keine Rechnung bekomme“) ist der erfolgreic­hste Werfer der Champions League und hält auch als Nationalsp­ieler Rekorde – so erzielte er die meisten Treffer bei einer WM (92) und einer EM (61). 2016 wurde er zum besten rechten Rückraumsp­ieler im All-Star-Team der Champions League gewählt. 38 Jahre alt ist Lazarov, aber noch immer ein entscheide­nder Spieler – ob fürs Nationalte­am oder für Nantes.

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FOTO: IMAGO Rekordtors­chütze und mazedonisc­her Volksheld: Kiril Lazarov, seit 2017 in Diensten von Nantes.
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FOTO: IMAGO Vorgänger und Nachfolger von Dominik Klein: Valero Rivera Folch kehrte vom FC Barcelona nach Nantes zurück.

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