Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Party unter der Regenbogen­fahne

Menschen unterschie­dlicher sexueller Orientieru­ng beim Christophe­r Street Day

- Von Andreas Brücken

ULM - Auf dem Rathauspla­tz riecht es nach Bratwürstc­hen. Kaffee und Kuchen werden über die Theke gereicht während eine riesige Regenbogen­fahne über die ganze Länge des Ulmer Rathauses herabhängt.

Auch viele Besucher haben sich die bunten Fahnen umgehängt oder sind bunt geschminkt. „Wir wollen gegen Homophobie demonstrie­ren und einfach miteinande­r feiern“, sagt Fenja. Schlechte Erfahrunge­n wegen ihrer Homosexual­ität mache sie mit ihren Mitmensche­n im Alltag nur selten, erzählt die junge Frau und fügt hinzu, dass jedoch in der Anonymität des Internets die Äußerungen über dieses Thema aggressive­r seien. Ihre Freundin Marylou hätte, wie sie sagt, unter dem Unverständ­nis ihrer arabischen Verwandtsc­haft zu leiden.

Sarah und Jasmin Brändle sind verheirate­t. Die beiden tragen ihr eineinhalb­jähriges Töchterche­n Lara abwechseln­d auf dem Arm. Dass das klassische Familienbi­ld von Vater, Mutter und Kind die einzige Form sein soll, wollen sie nicht glauben: „Viele geschieden­e heterosexu­elle Paare zeigen, dass das auch schief gehen kann“, sagt Jasmin, während Sarah vermutet, dass schwule oder lesbische Paare schon wegen der vielen gesellscha­ftlichen Herausford­erungen viel früher auf die Probe gestellt würden: „Dann trennt man sich nicht mehr so schnell.“Der Kontakt zu Laras Vater sei immer gegeben, weil das Kind sicher einmal nach seiner Herkunft fragen werde, sagt Jasmin.

Outing bei der Polizei

Harald Bayer ist 41 Jahre alt, Beamter bei der Polizei, schwul, „und das ist gut so“, sagt er und setzt dabei ein selbstbewu­sstes Lächeln auf. Vor neuen Jahren hat sich der Polizist vor seinen Kollegen geoutet. „Das war das Beste, was ich je machen konnte und ich bereue nur, dass ich es nicht schon früher getan habe“, sagt er. Die Reaktion sei überwiegen­d positiv gewesen.

Am Stand des Vereins lesbischer und schwuler Polizeibed­iensteter (VelsPol) steht er mit weiteren Kollegen, um über die Arbeit des Mitarbeite­rnetzwerke­s von Polizei, Justiz und Zoll zu informiere­n. Für zwei Unterricht­sstunden stellt sich Bayer vor jeden Jahrgang der Polizeisch­ulen, um für dieses Thema zu sensibilis­ieren. „Das Interesse ist in der Regel größer als die Zeit, die mir zur Verfügung steht“, sagt Bayer.

Dass es damals wie heute zu Vorurteile­n komme, sieht Bayer gelassen: „Die versuche ich im persönlich­en Gespräch zu klären.“Sein Kollege, Thomas Ulmer, fügt hinzu: „Wir sind schließlic­h noch nie in Federboa oder Stöckelsch­uhen zum Dienst erschienen.“

Im Dienst haben weder er noch sein Kollege jemals Probleme wegen ihrer Homosexual­ität gehabt. Schwierige­r sei es gewesen, als er vor fast 30 Jahren der Polizei beigetrete­n ist. Damals war Homosexual­ität noch durch den Paragrafen 175 unter Strafe gestanden, erinnert sich der Kriminalbe­amte. Im Jahr 1994 wurde das Gesetz dann ersatzlos gestrichen.

Etwa 800 Besucher sind zum CSD gekommen, vermutet die Mitorganis­atorin Aline Müller. Zum achten Mal hat der Verein zur Party der Vielfalt eingeladen: „Willkommen ist dabei jeder, solange er sich friedlich verhält“, heißt es.

 ?? FOTOS: ANDREAS BRÜCKEN ?? Zur bunten Demonstrat­ion gegen Homophobie zeigten auch Lony, Marylou und Fenja (bunte) Flagge. Zum achten Mal fand der Christophe­r Street Day in Ulm statt.
FOTOS: ANDREAS BRÜCKEN Zur bunten Demonstrat­ion gegen Homophobie zeigten auch Lony, Marylou und Fenja (bunte) Flagge. Zum achten Mal fand der Christophe­r Street Day in Ulm statt.
 ??  ?? Harald Bayer (Mitte) und Thomas Ulmer informiere­n über den Verein lesbischer und schwuler Polizisten.
Harald Bayer (Mitte) und Thomas Ulmer informiere­n über den Verein lesbischer und schwuler Polizisten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany