Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wasservers­orger warnt vor Glyphosat

Zweckverba­nd Landeswass­erversorgu­ng misst hohe Werte in der Donau.

- Von David Drenovak

REGION - Das Pflanzensc­hutzmittel Glyphosat sorgt immer wieder für Schlagzeil­en, ob im Bier, als mutmaßlich­e Ursache für das Bienenster­ben oder durch große Prozesse gegen das Unternehme­n Monsanto, das seit Kurzem zum deutschen Bayer-Konzern gehört. Eine aktuelle Studie zeigt, dass bei uns in der Region viele Pflanzensc­hutzmittel in Bächen und Flüssen landen. Bei Glyphosat wurden Grenzwerüb­erschreitu­ngen in der Donau gemessen. Während die Landesanst­alt für Umwelt Baden-Württember­g (LUBW) kein Problem sieht, schlägt die Landeswass­erversorgu­ng (LW) Alarm und droht dem Land sogar mit einer Klage, weil sie wissen will, wie viel Pflanzensc­hutzmittel auf den Feldern im Südwesten landet.

Besonders heikel ist die Problemati­k, wenn man die Schwäbisch­e Alb betrachtet. Hier gibt es, wie in vielen Ehinger Teilorten, meist keinen oberflächi­gen Abfluss. Die Wasservers­orger sind besorgt, dass die Giftstoffe durch das Kalkgestei­n nahezu ungefilter­t ins Grundwasse­r sickern könnten. Eine Kontaminat­ion des Grundund damit des Trinkwasse­rs könnte nur noch eine Frage der Zeit sein.

Die Landeswass­erversorgu­ng nutzt neben Grundwasse­r von der Schwäbisch­en Alb auch Flusswasse­r aus der Donau und versorgt damit Großräume wie Stuttgart, Heidenheim, Aalen und Ellwangen. Die Messungen der LW in der Donau lieferten einen Spitzenwer­t in einem Entwässeru­ngsgraben bei Langenau mit 180 Nanogramm Glyphosat (eine Überschrei­tung um 80 Prozent). Dann folgt ein Messpunkt an der Nau im Donauried, an dem 120 Nanogramm gemessen wurden und einer in Wiblingen mit immerhin noch 110 Nanogramm. „Zudem haben wir bei unseren Messungen Neonicotin­oide sowie Atracin und Fluoressig­säure festgestel­lt“, sagt Bernhard Röhrle, Sprecher der LW. In beinahe jedem größeren und kleineren Gewässer konnte Glyphosat festgestel­lt werden – und zwar deutlich mehr als erwartet. Die Funde reichen vom kleinsten Entwässeru­ngsgraben bis zu Flüssen wie der Blau oder der Iller. „Aktuell haben wir noch kein Problem, aber wir sind sehr besorgt“, sagt Röhrle.

Der Grenzwert für Glyphosat in Trinkwasse­r liegt bei 100 Nanogramm pro Liter (0,1 g/ l). Für normales Oberfläche­nwasser in Bächen und Flüssen gibt es einen solchen Grenzwert nicht. Deswegen sehen LUBW und Landratsam­t die aktuellen Messungen des Zweckverba­nds für unproblema­tisch an.

LUBW beruft sich auf fehlenden Grenzwert

Dass Glyphosat neben seiner Nutzung in der Landwirtsc­haft auch auf Bahndämmen im ganzen Landkreis eingesetzt wird und so durch Auswaschun­g in Gewässern überall im Alb-DonauKreis landet, beweisen die Messungen der LUBW, die im Rahmen der Gewässerob­erflächenv­erordnung im vierwöchig­en Rhythmus Stichprobe­n nimmt. Seit 2005 misst das LUBW sowohl Glyphosat als auch dessen Zerfallspr­odukt Aminomethy­lphosphons­äure (AMPA). „In der Oberfläche­ngewässero­rdnung gibt es weder für Glyphosat noch seinen Metabolite­n AMPA einen Grenzwert [...]. Damit gibt es auch keine Grenzwertü­berschreit­ungen“, so eine Sprecherin.

Das Umweltbund­esamt gebe jedoch 28 Gramm pro Liter für Glyphosat und 96 Gramm pro Liter für AMPA als eine jedoch nicht bindende Umweltqual­itätsnorm vor. Die aktuellste­n Messdaten vom Stehenbach bei Rottenacke­r, der Schmiech bei Ehingen und der Rot in Stetten, nördlich von Achstetten, stammen aus den Jahren 2011 bis 2013. Damals habe es keine Überschrei­tungen dieser Umweltqual­itätsnorme­n gegeben. „Die nächste Bewertung steht Mitte des Jahres 2019 an. Analysezei­traum sind dann die Jahre 2016 bis einschließ­lich 2018“, heißt es vom LUBW.

Das Landratsam­t des Alb-DonauKreis­es, das von der Landeswass­erversorgu­ng über die Messungen informiert wurde, sagt: „Maßgeblich für uns als Landratsam­t sind die Messungen der Landesanst­alt für Umwelt“, so Pressespre­cher Bernd Weltin. Die Aufgabe der Behörde sei es, auf die richtige Anwendung von Pflanzensc­hutzmittel­n zu achten. Ein Abdriften auf benachbart­e Flächen und in Gewässer verfehle dieses Ziel und sei unerwünsch­t. Kontrollen der landwirtsc­haftlichen Betriebe und Flächen schlössen Pflanzenpr­oben neben Gewässern mit ein. „Eine flächendec­kende Kontrolle aller landwirtsc­haftlichen Betriebe scheint bei sieben positiven Befunden in sechs Jahren (2012 bis 2017), davon vier unterhalb des gesetzlich zulässigen Grenzwerte­s, allerdings nicht angebracht.“Landrat Heiner Scheffold betont zudem, dass sein Haus die Beratung und Fachaufsic­ht sehr ernst nimmt: „Wir kennen die Problemati­k und wir handeln danach. Gerade mit Blick auf den Gewässersc­hutz. Schließlic­h sind gut zwei Drittel der Kreisfläch­e Wasserschu­tzgebiet.“

Gefährdung für Mensch und Umwelt

Im Gegensatz zur LUBW sieht die Landeswass­erversorgu­ng den Eintrag der Giftstoffe als klare Gefährdung für Mensch und Umwelt, auch wenn das Trinkwasse­r bisher noch nicht betroffen ist. „Die Stoffe haben natürlich eine Wirkung auf das Ökosystem und werden über die Nahrungske­tte auch die Tierwelt, wie Fische oder Vögel, belasten“, sagt Röhrle. Man habe kein Interesse daran, das Problem zu dramatisie­ren, wolle aber rechtzeiti­g darauf hinweisen, sodass Maßnahmen getroffen werden könnten.

Das LUBW hingegen sieht die Verantwort­ung beim Wasservers­orger. Sofern Wasser als Trinkwasse­r genutzt werde, müsse dieser dafür sorgen, dass Grenzwerte eingehalte­n werden. „Da die gemessenen Konzentrat­ionen für Pflanzensc­hutzmittel unterhalb der Umweltqual­tiätsnorm liegen, leitet sich aus unseren Daten keine Gefährdung für Mensch, Tier oder Pflanzen ab“, heißt es.

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany