Der Wunderfahrer geht als tragische Figur
Wieso zwei Weltmeistertitel in der Formel 1 für Fernando Alonso eigentlich zu wenige sind
RAVENSBURG (SID) - Fernando Alonso galt als Supertalent, wurde jüngster Weltmeister der Geschichte und wird auch heute noch im gesamten Fahrerfeld mindestens respektiert – und doch verlässt der Spanier die Formel 1 als tragische Figur. Der 37-Jährige war zu oft zur falschen Zeit im falschen Team.
Das große Versprechen hat Fernando Alonso nie eingelöst. Fünf Jahre lang schien Michael Schumacher Anfang des Jahrtausends unschlagbar – bis der wilde Jungspund aus Spanien kam. Mit seinem ersten Titel 2005 schubste Alonso den Rekordchampion vom Thron und setzte der Ära Schumacher in der Formel 1 ein Ende. Und weil der damals erst 24-Jährige diesen Triumph im Jahr darauf wiederholte und Schumacher schließlich in Rente ging, waren sich die Experten einig: Dieser Alonso, das Wunderkind aus Oviedo, wird der nächste Schumi.
Immer wieder im falschen Auto
Es kam bekanntlich anders – weil Alonso immer wieder zur falschen Zeit im falschen Auto saß. Eine fast schon tragische Geschichte. Denn viele Experten attestierten dem heute 37-Jährigen, der nach dieser Saison seine Karriere in der Königsklasse beendet, nahezu magische Fähigkeiten am Lenkrad.
„Schumacher war sehr, sehr gut. Er war erstaunlich und ein sehr kompletter Fahrer“, sagte Felipe Massa, einst Teamkollege von Schumacher und Alonso bei Ferrari: „Aber ich glaube, dass Fernando vielleicht noch perfekter ist.“
Doch der Mann, der dem großen Schumacher in einem Rennauto auf Dauer die Grenzen aufzeigen konnte, gewann eben „nur“zwei Titel. Dieser Umstand nagt an ihm, da sind sich im Fahrerlager alle einig. Doch öffentlich geht er mit der schmerzenden Erfolglosigkeit erstaunlich sachlich um. „Ich bereue keine der Entscheidungen, die ich getroffen habe“, sagte Alonso im Vorjahr, nachdem ihm Ex-Weltmeister Nico Rosberg vorgeworfen hatte, immer die falschen Teams ausgewählt zu haben.
Nach seinen beiden Titeln zog Alonso 2007 zu McLaren und wurde dort von einem gewissen Lewis Hamilton in dessen erstem Jahr in der Formel 1 zermürbt. Nach einem Jahr die Flucht zurück zu Renault, doch das Team war nicht mehr dasselbe. Dann nach zwei Jahren der Traum eines jeden Rennfahrers: Ferrari. Doch im Gegensatz zu Schumacher schaffte es Alonso nicht, das Chaos in Maranello in den Griff zu kriegen. Von dem Schock, den Titel 2010 im letzten Saisonrennen leichtfertig dem jungen Sebastian Vettel im Red Bull überlassen zu haben, erholen sich Alonso und die Scuderia nie. Und seit seinem zweiten Versuch mit McLaren folgt, vor allem wegen des schwachen Honda-Motors, eine Demütigung auf die nächste. Tristesse statt Titelrennen.
„Als ich diesen Teams beigetreten bin, hat niemand meine Entscheidung kritisiert oder mir gesagt, dass es eine schlechte Entscheidung wäre“, sagte Alonso. Ihn im Nachhinein zu kritisieren, sei nicht sonderlich geistreich: „Aber leider habe auch ich keine Kristallkugel.“
Jody Scheckter, Weltmeister von 1979, glaubt, dass Alonso genau das bekommen hat, was er verdient. „Ich glaube, Fernando Alonso wird von den Leuten überschätzt“, sagte er der BBC: „Klar können wir sagen, dieser oder jener hatte mehr Glück oder Pech. Aber eines der Probleme von Alonso war immer, dass er Unruhe in die Rennställe gebracht hat. Und das ist nicht der zielführendste Weg, um WM-Titel zu gewinnen.“
Alonso will nun doch noch Geschichte schreiben und sich die sogenannte Triple Crown aufsetzen. Triumphe beim Grand Prix von Monaco, den 24 Stunden von Le Mans und bei den Indy 500 hat nicht einmal Schumacher geschafft. Bislang nur der Brite Graham Hill.