Im Südwesten wird Futtermittel knapp
Getreideernte besser als im Bundesvergleich – Bis zu 1000 Bauern in Baden-Württemberg existienziell bedroht
WAIBLINGEN (lsw) - Nach der langen Trockenheit droht bei vielen Viehhaltern in Baden-Württemberg das Futter für die Tiere knapp zu werden. Denn während der Südwesten bei Getreide und Raps im Vergleich zu anderen Regionen noch ganz gut davongekommen ist, sieht es vor allem beim Heu, aber auch beim Mais nach teils erheblichen Einbußen aus, sagte der Präsident des Landesbauernverbandes, Joachim Rukwied (Foto: dpa), am Donnerstag bei seiner traditionellen Erntebilanz, die diesmal auf einem Hof in Waiblingen (RemsMurr-Kreis) stattfand. „Das führt dazu, dass Futterbaubetriebe in Futternot geraten.“●
● WAIBLINGEN - Im Bundesvergleich fällt die Ernte in Baden-Württemberg relativ gut aus. „Sorgen machen uns aber die Futterbetriebe“, sagte Joachim Rukwied, Präsident des deutschen und des baden-württembergischen Bauernverbands, am Donnerstag in Waiblingen. Er äußerte sich erleichtert darüber, dass Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch Hilfen für Bauern in Aussicht gestellt hat, die wegen der anhaltenden Dürre große Einbußen verzeichnen. Wann die Subventionen kommen, und wer genau davon profitieren wird, ist allerdings noch unklar. Von den bundesweit 10 000 Betrieben, die in ihrer Existenz bedroht seien, liegen laut Rukwied 500 bis 1000 im Südwesten.
„Wir sind glimpflich davongekommen“, erklärte Rukwied zur Erntebilanz auf dem Hof von Volker Escher in Waiblingen-Hegnach. Die Ernteeinbußen im Südwesten bei Getreide und Raps liegen im einstelligen Prozentbereich. „Das sind keine signifikanten Unterschiede zum Vorjahr.“Die Erträge seien regional aber sehr unterschiedlich – je nachdem, wo es ab und an regnete. Während der Süden Baden-Württembergs zum Teil überdurchschnittliche Erträge erzielte, fiel die Ernte im Nordteil eher unterdurchschnittlich aus. Durch die geringeren Mengen insgesamt auf dem Markt können die Bauern mit ihren Waren höhere Preise erzielen. Manche hielten ihre Waren allerdings zurück, weil sie auf noch höhere Preise spekulieren. Mühlen warteten derweil mit dem Einkauf, da sie auf eine gegenteilige Preisentwicklung hofften.
Von einem Nord-Süd-Gefälle sprach Rukwied auch beim Futteranbau. Im nördlichen Baden-Württemberg habe es regional seit Ende Juni nicht mehr geregnet. Er beziffert die Futtereinbußen hier auf 40 bis zu 55 Prozent. Im südlichen Landesteil verzeichneten die Bauern indes nur 25 Prozent weniger Erträge bei der Grünlandernte und beim Silomais. „Das führt dazu, dass Futterbaubetriebe in Futterknappheit geraten“, sagte Rukwied und plädierte für Futterbörsen, um Anbieter und Tierhalter zusammenzubringen. Marco Eberle vom Landesbauernverband sieht hier die Kreisbauernverbände in der Pflicht.
Bundesargrarministerin Klöckner hatte am Mittwoch 150 bis 170 Millionen Euro für existenzbedrohte Bauern in Aussicht gestellt. Die Länder sollen den selben Betrag ergänzen. Südwest-Agrarminister Peter Hauk (CDU) rechnet für BadenWürttemberg mit Schäden in Höhe von 50 Millionen Euro. Die Hälfte davon soll der Staat zahlen – also je 12,5 Millionen Euro der Bund und das Land. Klar ist bisher aber nur, dass Bauern, die Ausfälle von mehr als 30 Prozent haben und in ihrer Existenz bedroht sind, Hilfen bekommen sollen. Auf die Fragen, auf welchen Vergleichszeitraum sich die 30 Prozent beziehen sollen, und wie ein Landwirt seine Bedürftigkeit nachweisen soll, hat weder Rukwied noch die Politik bislang eine Antwort.
„Jetzt sind der Bund und die Länder gefordert, das Prozedere schnell zu klären“, sagte Rukwied. Um die betroffenen Bauern liquide zu halten, hofft er auf Zahlungen noch in diesem Jahr. Er verweist auf Klöckners Hinweis, dass die Länder Abschlagszahlungen leisten könnten. Minister Hauk will sich auf Anfrage noch nicht konkret dazu äußern. Eine Sprecherin verweist auf die BundLänder-Vereinbarung zu den Dürrehilfen, die in den kommenden Wochen getroffen werden soll.
Unklar ist weiterhin, wie sich Landwirte besser vor Ernteausfällen durch extreme Wetterlagen schützen sollen. „Es ist wirklich ein schwieriges Unterfangen für uns, hier die richtigen Lösungen zu finden“, sagte Rukwied. Minister Hauk fordert lange schon ein Bündel von Maßnahmen, um das Risiko zu minimieren: So sollen Bauern steuerfreie RisikoRücklagen bilden können, um extreme Jahre besser verkraften zu können. Bei der Agrarministerkonferenz im Herbst will Hauk zudem um Unterstützung für eine Mehrgefahrenversicherung mit staatlicher Beteiligung kämpfen. Darüber werde auch der Bauernverband im Herbst sprechen, so Rukwied.