Pegida-Demonstrant erstellt Gutachten für Gerichte
Journalisten decken mutmaßliche Kontakte ins rechtsextreme Milieu auf
DRESDEN - Ein Pegida-Demonstrant mit schwarz-rot-goldenem Anglerhut hat bundesweit Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als er ein ZDFFernsehteam vom Filmen abhalten wollte. Mit seiner Aktion am Donnerstag letzter Woche löste er eine 45-minütige Polizeimaßnahme gegen die Journalisten aus und befeuerte damit eine Diskussion um Pressefreiheit und Polizeibefugnisse. Jetzt ist klar: Der Mann namens Maik G. ist Mitarbeiter beim sächsischen Landeskriminalamt (LKA). Fotoabgleiche legen nahe, dass er schon früher in Verbindung zur fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung stand.
Das Innenministerium in Dresden hat in einer Stellungnahme bestätigt, dass der Demonstrant als Tarifangestellter beim sächsischen Landeskriminalamt arbeitet. Nach Informationen der Zeitung „Die Welt“ist Maik G. als Buchprüfer im Dezernat für Wirtschaftskriminalität tätig. Er soll außerdem als LKAGutachter bei Gerichtsprozessen ausgesagt haben. Da er kein Beamter ist, darf er keine hoheitlichen Aufgaben ausführen, könnte nach Berichten der Funke-Mediengruppe aber als Ermittlungsassistent eingesetzt werden. Anfragen zum Vorfall wies das sächsische Innenministerium mit Hinweis auf die Fürsorgepflicht für Mitarbeiter ab.
Journalisten der Online-Plattform Ruhrbarone haben derweil ein Foto ausfindig gemacht, das nach ihrer Einschätzung den LKA-Mitarbeiter auf einer Pegida-Demonstration im Mai 2018 zeigt. Auf dem Bild ist ein Mann mit Kappe im Militärdesign und Halsschmuck in Schwarz-Rot-Gold zu sehen. Sonnenbrille, Gesichtszüge, Statur und ein auffälliges Muttermal im Gesicht passen zu dem Mann, der die Frontal-21-Journalisten angegangen hatte.
Konsequenzen möglich
Obwohl Maik G. kein Beamter ist, stehen berufliche Konsequenzen im Raum. Entsprechende Arbeitsverträge enthalten üblicherweise Klauseln zur sogenannten Mäßigungspflicht. Die gebietet, sich bei einer politischen Betätigung inner- und außerhalb des Dienstes so zurückhaltend zu verhalten, wie es die besondere Stellung und die Pflichten des Amtes verlangen. Ob der LKAMitarbeiter mit seinem Verhalten eine solche Klausel verletzt hat, muss in der Aufarbeitung des Falls geklärt werden. Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) machte seine Anforderungen an Behördenangestellte in einer ersten Stellungnahme bereits deutlich: „Selbstverständlich gilt für jeden Bürger in unserem Land das Recht auf freie Meinungsäußerung. Allerdings erwarte ich von allen Bediensteten meines Ressorts jederzeit, auch wenn sie sich privat in der Öffentlichkeit aufhalten und äußern, ein korrektes Auftreten.“Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, sieht ebenfalls mögliche arbeitsrechtliche Probleme. Der Mitarbeiter dürfe „nach dem Mäßigungsgebot nicht einfach Parolen grölen oder fragwürdige Transparente hochhalten“, sagte Radek der „Rheinischen Post“. Auf dem Videomaterial, das die Frontal-21-Redaktion zu dem Vorfall veröffentlicht hat, ist neben dem LKA-Mitarbeiter Maik G. ein weiterer Mann zu erkennen, der sich mit einer Anzeige gegen das Kamerateam an die Polizei gewandt hatte. Bei ihm handelt es sich nach Angaben der „Sächsischen Zeitung“und des Frontal-21-Journalisten Ulrich Stoll offenbar um René S. aus Freital. Auch das legt ein Fotoabgleich mit den Videoaufnahmen nahe. S. ist einer der Organisatoren der Freitaler Anti-Asyl-Proteste, an denen auch die Terrorgruppe Freital beteiligt war. Im Jahr 2015 kandidierte er für die Bürgerinitiative „Freital wehrt sich“als Oberbürgermeister in der sächsischen Kleinstadt nahe Dresden. Die Bürgerinitiative entschuldigte sich am Mittwochabend auf Facebook bei Frontal-21-Journalist Arndt Ginzel für die Anzeige. Nach Ansicht des Videomaterials sei man zum Schluss gekommen, dass sich der Vorwurf der Beleidigung aufgrund einer Verwechslung fälschlicherweise gegen den Journalisten gerichtet hätte. Unterzeichnet ist der Beitrag mit den Initialen „R.S.“. Maik G. und René S. sind auf den Aufzeichnungen zu sehen, wie sie nebeneinander im Zug der Demonstranten laufen.
Immer wieder Sachsen
Ende 2017 löste ein Logo in neuen Panzerfahrzeugen der sächsischen Polizei wegen seiner Ähnlichkeit mit NS-Symbolik heftige Diskussionen aus. Wirbel verursachte auch die Ausspähung von Handydaten bei einer Großdemonstration gegen das rechte Spektrum vor sieben Jahren, in deren Folge der Dresdner Polizeichef Dieter Hanitsch seinen Hut nehmen musste. 2015 hatte ein Polizist Pegida einen „erfolgreichen Tag“gewünscht, was die Menge mit „Eins, zwei, drei, danke Polizei!“quittierte.