Martinskapelle ist exemplarisch für Denkmalpflege
Staatssekretärin schaut sich in der kleinen Kapelle in Munderkingen um, die aufwendig saniert wurde
● MUNDERKINGEN - Während ihrer viertägigen Denkmaltour hat die Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg, Katrin Schütz (CDU), am Dienstag Station an der sanierten Martinskapelle in Munderkingen gemacht. Begleitet wurde sie auf ihrer Reise von Vertretern des Ministeriums, des Regierungspräsidiums sowie der Landesdenkmalbehörde.
„Die Munderkinger Martinskapelle ist ein gutes Beispiel dafür, was Denkmalpflege eigentlich ist“, sagte Claus Wolf, Abteilungspräsident des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, beim Besuch in Munderkingen. Als die Stadt Munderkingen das Gebäude 2006 für 20 000 Euro gekauft hat, habe sie erkannt, dass es trotz seines schlechten Zustands einen besonderen Wert habe und deshalb erhalten und gesichert werden müsse. „Für die Denkmalpflege braucht es einen langen Atem, schließlich gibt es hier keine Patentlösungen“, fügte Wolf hinzu.
Von der wechselvollen Geschichte der Martinskapelle, die erstmals 1307 urkundlich erwähnt wurde, berichtete Bürgermeister Michael Lohner. Sie habe noch vor der Gründung der Stadt und dem Bau der St. Dionysius-Kirche den Bauern in der Erblache, der Munderkinger Ursiedlung, als Kirche gedient. „In den vergangenen 50 Jahren wurde sie als Stall fürs Vieh, Schuppen und Garage genutzt und war in keinem guten Zustand“, so Lohner. Die Kapelle sei Teil des Werteplans, den die Stadt in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Munderkingen sei eine von wenigen Städten bundesweit, deren mittelalterliche Grundrissstruktur beinahe vollständig erhalten ist. „Das ist unser Pfund, damit müssen wir wuchern“, betonte der Bürgermeister.
Wegen der ständig klammen Kasse sei die Stadt froh, im Landessanierungsprogramm aufgenommen zu sein und auch regelmäßig weitere Förderungen zu erhalten. Rund 400 000 Euro hat die Generalsanierung der Martinskapelle gekostet. Aus dem Förderprogramm der Leader-Aktionsgruppe Oberschwaben hatte der eigens für die Sanierung gegründete Förderverein 200 000 Euro erhalten. Rund 63 000 Euro gab es von der Denkmalförderung und die Stadt Munderkingen hat 40 000 Euro beigesteuert. Der Verein verfügte zudem über 36 700 Euro Eigenkapital und etwa 60 000 Euro mussten als Darlehen aufnehmen werden. Es sei ein großes Glück gewesen, dass die Finanzierung geglückt sei und die Menschen aktiviert werden konnten, so Bürgermeister Lohner.
Mit ihrer Tour will Staatssekretärin Katrin Schütz aufmerksam auf die Denkmäler in Baden-Württemberg machen. „Man muss gar nicht weit weg fahren, um Außergewöhnliches zu sehen“, betonte die Landespolitikerin. Die große Delegation aus Vertretern verschiedenster Behörden zeige, wie viele Akteure für ein solches Projekt wie die Sanierung der Martinskapelle nötig seien.
Raum wirkte früher viel enger
„Heute stehen wir in einem hellen offenen Raum, das sah bis vor Kurzem noch ganz anders aus“, sagte Architektin Monika Veser über die Kapelle. Überall waren Zwischendecken eingezogen, der Eingang war ein großes Garagentor. Erst beim Entrümpeln und Entkernen habe sich die Wirkung des Raumes entfaltet. Von April 2017 bis Juni 2018 haben die Sanierungsarbeiten gedauert.
Unter der Kapelle befindet sich ein Gewölbekeller, an dem aber noch nichts gemacht sei. „Das muss sich entwickeln, aktuell haben wir dafür die finanziellen Mittel nicht“, erklärte Monika Veser. Lohner berichtete, dass sich der Gewölbekeller und die Nutzung als Kapelle nicht wirklich in Einklang bringen ließen. Man geht davon aus, dass der durch die Hanglage entstandene Hohlraum genutzt werden sollte. Rätsel gibt auch das Doppelkreuz auf, das bei der Sanierung der Außenfassade am Giebel zum Vorschein gekommen ist.
„Die Kapelle befand sich in einem Zustand, der nicht erahnen ließ, welche Schätze sich hier im Detail verbergen“, sagte Simone Wolfrum vom Landesamt für Denkmalpflege. Die bauhistorischen Untersuchungen seien auf das Nötigste beschränkt worden, um nicht durch großflächige Sondageöffnungen wertvolle Befunde zu zerstören. „Das Kulturdenkmal hätte an Wert verloren, wenn wir die Geschichte komplett rückgängig gemacht hätten, so kann man ihre Entwicklung nachvollziehen“, erklärte die Fachfrau. Der fragmentarische Zustand, beispielsweise der Malereien, sei belassen worden, damit diese für sich selbst sprechen.
„Wir haben die Malereien lediglich in ihrer Substanz gefestigt, aber nichts ergänzt“, fügt Restaurator Meinrad Kopp hinzu. Nichts Neues sei geschaffen, sondern Altes erhalten worden.
Die Munderkinger Martinskapelle wird am Sonntag, 9. September, offiziell eingeweiht. Nach einem Festakt für geladene Gäste bieten Winfried Nuber, Vorsitzender des Geschichtsvereins und Bürgermeister Michael Lohner um 14.30 und um 16 Uhr öffentliche Führungen an.