Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Angriff auf die Verfassung

- Von Daniel Hadrys ●» d.hadrys@schwaebisc­he.de

S● chon viel früher hätte man hellhörig werden können. AfDChef Alexander Gauland forderte auf dem Bundespart­eitag Ende Juni, nicht nur Bundeskanz­lerin Angela Merkel müsse weg, sondern ein „ganzes System“. Diesen Verbalangr­iff hat Gauland nun wiederholt – und verschärft.

Gauland ist bekannt für Grenzübers­chreitunge­n. Es wäre aber fatal, diese neue einfach nur als nächsten Tabubruch abzutun. Mit seinem Wunsch nach einer Änderung des „Systems“erreicht selbst Gauland unumkehrba­r eine neue Eskalation­sstufe. Er zeugt von Gaulands tiefem Groll gegenüber einem Staat, in dem andere Meinungen als die eigene existieren dürfen. Von dem Ärger über eine pluralisti­sche Demokratie, die auch „Systempart­eien“zulässt.

Da mag Gauland noch so oft betonen, sein Angriff sei keiner auf die freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng. Mit seiner Forderung nach einer Abschaffun­g des „Systems Merkel“, zu dem er Christdemo­kraten, aber auch „Leute aus anderen Parteien“und Vertreter von Medien und Presse zählt, attackiert er die Verfassung als Ganzes. Gauland will Systempart­eien, Systempoli­tiker und Systemjour­nalisten aus dem Weg räumen.

Die freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng ist aber untrennbar von ihrer Ausgestalt­ung als Mehrpartei­enstaat und der Pressefrei­heit verbunden. Der Parteichef möchte diese Teile des Rechtsstaa­ts amputieren und nimmt dafür den Tod der Grundordnu­ng in Kauf. Denn man kann nicht das eine beschneide­n, ohne das andere abzuschaff­en.

Was Gauland zudem völlig ausblendet: Sein viel gescholten­es „politische­s System im Sinne des Parteiensy­stems“wurde bei der vergangene­n Bundestags­wahl von der überwiegen­den Mehrheit der Wähler getragen – obwohl sie eine Alternativ­e hatten. 87 Prozent der Bürger, die ihre Stimme nicht Gaulands Alternativ­e für Deutschlan­d, sondern den Grünen, den Linken, der SPD, der Tierschutz­partei oder der Union gegeben haben, stehen eben nicht hinter Alexander Gaulands „friedliche­r Revolution“.

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