Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Angriff auf das politische System

- Von Dirk Grupe ●» d.grupe@schwaebisc­he.de

Politiker und Journalist­en sollten sich um präzise Sprache bemühen, das versteht sich von selbst. Dass nun im Zusammenha­ng mit den Vorkommnis­sen in Chemnitz über „Jagdszenen“oder „Hetzjagden“eine Debatte angefeuert wird, ist allerdings beschämend und soll von den Ereignisse­n ablenken.

Nur soviel: Das Wort „Hetzen“gilt sprachwiss­enschaftli­ch als verbunden mit dem Wort „Hassen“. Aus der Jagdsprach­e kommend hat es längst die Übertragun­g ins Menschlich­e gefunden und steht für das Zerstöreri­sche, Widerwärti­ge, ja Krankhafte im Hetzen. Insofern liegt Bundeskanz­lerin Angela Merkel völlig richtig, die von „Hetzjagden“in Chemnitz sprach, von „Hass“und „Verfolgung unschuldig­er Menschen“. Diese Einschätzu­ng wird durch seriöse Zeugenauss­agen belegt. Und sie wird durch zumeist wackelige Handyaufna­hmen dokumentie­rt, nach deren Ansicht geschulte Leute keine Anzeichen für Fälschunge­n finden konnten.

Wie man die Vorgänge nennt, wird so zur Nebensache. Es stellt sich aber die Frage, weshalb sich nach Sachsens CDU-Ministerpr­äsident Kretschmer auch Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen gegen die Fakten und gegen die Kanzlerin stellt. Weshalb er dies in der „Bild“-Zeitung tut und nicht in politische­n Gremien? Weshalb er von „Fake“faselt, aber nicht sagt, was genau er meint, geschweige denn Beweise vorlegt? Weshalb Maaßen, dem eine AfD-Nähe nachgesagt wird, bei der Chemnitz-Tat von „Mord“spricht, obwohl dies hierzuland­e nur ein Richter feststelle­n kann? Er würde vielleicht antworten: „Weil ich es kann.“Weil sein Dienstherr Horst Seehofer heißt. Der ihm in seinem eigenen Überlebens­kampf und dem seiner Partei den Rücken stärkt.

Das Bodenlose an den Äußerungen dieser und anderer Personen ist, dass sie bewusst alles, was nicht in ihre Agenda passt, in Zweifel ziehen, als unwahr brandmarke­n – und somit das gesamte politische System aushöhlen wollen. Allerdings: Die oberste Dienstherr­in des Verfassung­sschutzprä­sidenten und auch des Innenminst­ers heißt Angela Merkel. Sie sollte, sie muss handeln: jetzt.

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