Auf Kirbe kommen
Seit dem frühen Mittelalter wurde parallel zum jährlichen klerikalen Kirchweihfest auch weltlich mit Jahrmärkten, Schaustellungen, Tanzveranstaltungen, Fress- und Saufgelagen und dergleichen gefeiert. Dabei blieb es dann nicht aus, dass es auch zu Streitereien und Raufereien kam, die eben
auf der Kirbe/Kirwe als dem weltlichen Fest ausgetragen wurden, und zwar bis anfangs des 19. Jahrhunderts auf dem zeitlich eigenen und individuellen Kirchweihfest der jeweiligen Kirche, dann vereinheitlicht am dritten Sonntag im Oktober. Wenn nun also einer das Jahr über, also nicht an Kirbe, mit einem Streit anfangen, diskutieren oder sonst wie auf die Nerven gehen wollte, so fertigte man ihn mit der barschen Abfuhr ab, er solle einen jetzt in Ruhe lassen, er solle sich mit seinem Problem und Anliegen nächste Kirbe wieder melden, die üblicherweise Ort und Zeit des Streitens sei, jetzt aber könne er einem gestiegen kommen und den Buckel runterrutschen. Bei der dabei verwendeten Redensart „Komm mir doch auf Kirbe“wird nicht mehr an das Kirchweihfest vom dritten Sonntag im Oktober gedacht; man will damit lediglich jemanden abfertigen, wohl wissend, dass diese Abfuhr die Qualität einer sehr starken Unhöflichkeit, ja sogar einer Beleidigung hat. – An die Zeit, als die
Kirchweih/Kirbe/Kirwe noch nicht auf einen gemeinsamen Kirchweih-Sonntag aller Kirchen und Kapellen gelegt war, als es noch das ganze Jahr hindurch gehäuft Kirchweih-Feste für große und kleine Kirchen, für Kapellen und Käppele gab, als die jeweilige
Kirbe/Kirwe ein Fress- und Sauf-Fest war, erinnern heute noch Redensarten: A Käppeleskirbe (eine an sich unbedeutende, aber aufgebauschte Angelegenheit). - Äll Käppekeskirbe (äll bot, gehäuft, allzu oft). - Wenn d Katz fut isch, hand d Meis Kirbe (Wenn die Katze fort ist, tanzen die Mäuse). - Au an dr Kirbe wird’s amol Nacht (alles Schöne und Angenehme hat einmal ein Ende). - Dees isch amol a Kirbe ! (ein unnötiges Getue, Aufhebens, Mordszinnober, Kuglfuhr). - Der macht wega/aus jedem Dreck a Kirbe (macht um alles ein Aufhebens , ein Theater, ein Trara). - Dees isch a scheena/saubere Kirbe (eine böse Sache, schlimme Angelegenheit). - .Etz goht dia Kirbe scho wieder los (die Unruhe/ Problematik/Getue/Affäre fängt schon wieder an). - Dees isch doch ällaweil de gleich Kirbe (immer das gleiche Getue um das immer noch ungelöste Problem; die alte, ewige Leier). (Warum in Dettingen bei Ehingen – laut Fischers Schwäbischem Wörterbuch – zumindest noch vor über einem halben Jahrhundert das Wort Kirbe für
Diarrhöe/Abweichen/Durchfall stand, mag wohl nur der Dettinger selbst gewusst haben oder noch wissen).