Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Knochenjob beim Hähnchenbr­ater

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Natürlich funktionie­rt das mit dem Fastfood bei uns Menschen wunderbar: Unwiderste­hlich scheint beispielsw­eise die Mischung aus saftigem Huhn und knuspriger Panade, wie sie beim amerikanis­chen Hähnchenbr­ater Kentucky Fried Chicken in Neu-Ulm serviert wird. Frittiert in jeder Menge bis zum Abwinken gesättigte­n Fettsäuren. Das konsumiert der Mensch aufgrund evolutionä­rer Prägung so gerne, weil energierei­che Nahrung ein Vorteil war, als die Leute noch den halben Tag damit beschäftig­t waren, vor dem Säbelzahnt­iger davonzulau­fen. Heutzutage sind zwar im Alltag kaum noch schweißtre­ibende Fluchtakti­onen zu starten, Stress verursache­n allenfalls übellaunig­e Mitmensche­n. Doch der

Gier nach Fettem, Süßem und Salzigem können wir offenbar noch immer nicht abschwören. Kentucky Fried Chicken unterschei­det sich in mancher Hinsicht von McDonalds oder Burger King. Prägnantes­te Auffälligk­eit: Es gibt echtes Porzellan, echtes Besteck und echtes Glas! Besonders weit verbreitet ist die Kette bei uns allerdings noch nicht – Filialen im Südwesten finden sich in Singen, Stuttgart, Ulm und eben Neu-Ulm, dessen Angebot hier getestet wurde. Für Anfänger ist es nicht auf Anhieb erkennbar, wie denn am besten zu bestellen sei. Das Fundament des Geschäfts ist Huhn in verschiede­nen Variatione­n: Teile wie Brust oder Keule werden – mit zwei verschiede­nen Panaden – im sprudelnde­n Öl herausgeba­cken. Die eine ist mild und trägt nicht so sehr auf. Die zweite Alternativ­e ist sehr viel dicker – durchsetzt von Cornflakes-artigen Stücken. Auch der Geschmack und vor allem eine freche Schärfe machen die Hülle interessan­t. Weiterer Vorteil: Durch die jeweilige Ummantelun­g bleibt das Fleisch schön saftig. Entgegen der von Vorurteile­n getriebene­n Befürchtun­g ist das Huhn weder faserig noch langweilig. Vielmehr spielt die Würze auch in tieferen Schichten ihre aromatisch­en Qualitäten aus. Gegessen wird mit den Händen, um im Rahmen dieses Knochenjob­s Fleisch von Gebein zu trennen.

Natürlich gibt es auch eine Menge auf Hähnchenfl­eisch basierende Hamburger- oder Wrap-Varianten. Die gebackenen Hähnchente­ile spielen aber die Hauptrolle. In Verbindung mit Kartoffelp­üree sowie süßlich angemachte­m Kohl-Karottensa­lat kommt tatsächlic­h ein bisschen amerikanis­ches Südstaaten­flair auf. Denn die Wurzeln des Unternehme­ns liegen in Kentucky, wo es ein gewisser Harland D. Sanders 1930 gegründet hat.

Auf dem schmucklos­en Tablett nimmt sich das typische Menü also wie Hausmannsk­ost von der Oma aus Omaha aus. Geschmackl­ich fragwürdig ist eigentlich nur der Kartoffelb­rei, der mit einem riesigen Eisportion­ierer geschöpft wird. Er schmeckt deutlich sahnig, um nicht zu sagen fettig. Die in Amerika als Gravy bekannte braune Soße, die darüber gegossen wird, bleibt geschmackl­ich komplett im definition­sfreien Raum. Neutral trifft es womöglich am besten, wobei eine solche Soße auch verzichtba­r wäre. Abschließe­nd lässt sich sagen: Wer den weitgehend vom Markt verschwund­enen Wienerwald-Restaurant­s nachtrauer­t, findet in KFC eine Alternativ­e, die mehr kann, als das Prädikat Fastfood vermuten lässt.

Kentucky Fried Chicken

Im Starkfeld 8

89231 Neu-Ulm

Telefon 0731-7253800 Geöffnet täglich von 11-23 Uhr, freitags und samstags bis 1 Uhr. Menüs mit Beilage und Getränk ab 6,99 Euro.

Weitere www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

„Aufgegabel­t“-Folgen:

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FOTO: NYF Südstaaten­flair auf dem Teller: Recht schmucklos serviert wird das Menü aus Hähnchente­ilen, Kartoffelb­rei und Kohl-Karottensa­lat.
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Von Erich Nyffenegge­r

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