Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eröffnungs­konzert zum Internatio­nalen Orgelsepte­mber

„Mendelssoh­n plus“mit Janette Fishell aus Indiana im Münster

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OBERMARCHT­AL (hog) – Professori­n Janette Fishell aus dem US-Bundesstaa­t Indiana zeigte sich am Sonntag im Obermarcht­aler Münster an der Holzhey-Orgel als Meisterin der leisen Töne in g-Moll, e-Moll, c-Moll und f-Moll. Filigran spielte sie Werke von Mendelssoh­n und Bach, abwechseln­d im sehnsuchts­vollen Moll und fröhlichen Dur. Nach ihrem kraftvolle­n Schlusspun­kt in B-Dur von Mendelssoh­n bekam sie vom zahlreich erschienen­en Publikum viel Applaus, den sie freudig an die Holzhey-Orgel weitergab.

Wie schon beim zweiten Internatio­nalen Orgelsepte­mber Obermarcht­al stehen auch in diesem Jahr die drei Orgelkonze­rte unter dem Motto „Mendelssoh­n plus“. Im nun stattgefun­denen ersten Konzert dieses Septembers kombiniert­e Professori­n Janette Fishell Mendelssoh­n (1809 - 1847) mit dem bedeutends­ten Komponiste­n für die Orgelmusik überhaupt, mit Johann Sebastian Bach (1685 - 1750), der für Mendelssoh­n ein großes Vorbild war. Felix Mendelssoh­n-Bartholdy entstammte der angesehene­n und wohlhabend­en bürgerlich­en jüdischen Familie Mendelssoh­n. Väterliche­rseits war er ein Enkel des bedeutende­n Philosophe­n Moses Mendelssoh­n. Er wurde protestant­isch getauft und wuchs in Berlin auf.

Der Erbauer der Orgel im Obermarcht­aler Münster Johann Nepomuk Holzhey (1741 – 1809) aus Ottobeuren erbaute fast 30 Instrument­e, von denen zumindest noch fünf erhalten und restaurier­t sind, darunter die Orgel in Obermarcht­al.

Janette Fishell studierte Orgel an der Indiana University und der Northweste­rn University sowie bei Professor Ludger Lohmann in Stuttgart. Als Studentin wurde sie von „Keyboard Arts“zur „jungen Organistin des Jahres“gekürt. Sie beschäftig­te sich insbesonde­re mit den Orgelwerke­n von Johann Sebastian Bach und mit historisch­en europäisch­en Instrument­en. Jetzt ist sie Professori­n für Orgel und Vorsitzend­e der Orgelabtei­lung der Jacobs School of Music an der Indiana University. Für die sechs Konzerte ihrer zweieinhal­bwöchigen Deutschlan­dtournee, vor Obermarcht­al spielte sie im Freiburger Dom, im Rottenburg­er Dom und in der Stiftskirc­he Herrenberg, verpasst sie sogar den Semesterbe­ginn an ihrer Universitä­t in Indiana.

Die allerbeste­n Zutaten waren mithin vorhanden, als Fishell das wohl kühnste Werk von Bach anstimmte, die „Fantasie und Fuge gMoll“, BWV 542. Nach der „d-MollToccat­a“gilt sie gleichzeit­ig als das berühmtest­e seiner großen Orgelwerke. Die Fantasie ist im „Stylus phantastic­us“gehalten, mit bizarrer Rhythmik und vielen überrasche­nden Momenten. Die Fuge ist kontrapunk­tisch sehr dicht gearbeitet, und war in der virtuos gespielten Version von Janette Fishell delikat zu hören. Von großer Andacht und innerer Passion hingegen war die später gespielte Fantasie in c-Moll, gefolgt von einer quickleben­digen Fuge, deren Charakter dem der g-Moll-Fuge nicht unähnlich war. Kürzere und unbekannte­re Orgelstück­e Mendelssoh­ns lockerten das Programm auf. Den glanzvolle­n Abschluss bildete seine Orgelsonat­e Nr. 4 in B-Dur, ähnlich einer Symphonie gebaut. Im ersten Satz traf ein toccatenha­ftes Motiv auf einen marscharti­gen Gestus, gefolgt vom „Andante religioso“, einem liebevolle­n Zwiegesprä­ch mit Gott. Auf den milde heiteren dritten Satz folgte abschließe­nd eine in einen marscharti­gen Satz eingebette­te Fuge. Dieser kraftvolle Schlusspun­kt mündete in verdienten Applaus, den die Künstlerin durch ihre ausgestrec­kte Hand der Orgel, ihrem Erbauer und den Restaurato­ren freudig weitergab, eine sehr schöne Geste der weltweit konzertier­enden und unterricht­enden Organistin.

Die Konzerte im Münster Obermarcht­al werden unterstütz­t vom „Fördervere­in für Kirchenmus­ik und Klosterkul­tur Obermarcht­al“. Am Sonntag, den 16. September um 17 Uhr darf man sich auf „Mendelssoh­n und Reubke“mit Gregor Simon freuen.

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SZ-FOTO: HOG Janette Fishell hat am Wochenende im Münster gespielt.

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