Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Münsterorg­anist erhält Standing Ovations

Gregor Simon spielt beim zweiten Konzert des Orgelsepte­mbers Werke von Julius Reubke

- Von Friedrich Hog

● OBERMARCHT­AL - Im mit 120 Besuchern gut besuchten Münster hat der Obermarcht­aler Kustos Gregor Simon den sechsten Internatio­nalen Orgelsepte­mber mit einer Meisterlei­stung fortgesetz­t. Nachdem an gleicher Stelle in der Vorwoche bereits Janette Fishell aus Indiana bejubelt wurde, lieferte der studierte Kirchenmus­iker mit der berühmt-berüchtigt­en Sonate von Julius Reubke über den 94. Psalm eine spielerisc­he Glanzleist­ung ab. Umrahmt hat er den 24-jährig verstorben­en Reubke mit Werken von Felix Mendelssoh­n-Bartholdy.

Julius Reubke wurde in Hausneindo­rf bei Quedlinbur­g als Sohn des Orgelbauer­s Adolf Reubke geboren. 1856 wurde der junge Reubke in Weimar Schüler von Franz Liszt, den er später seinerseit­s beeinfluss­en sollte. Er war Pianist und Organist. Eines seiner beiden Hauptwerke ist die Orgelsonat­e „Der 94. Psalm“in c-Moll von 1857.

„Reubke war mit 24 Jahren ausgebrann­t“, so Gregor Simon über den Komponiste­n, dessen Werk ihm sechs Monate seiner Studienzei­t abgenötigt hat, bis er es überhaupt beherrsche­n konnte. „Der Organist benötigt präzise Körperbehe­rrschung, wenn er dieses Werk spielen möchte“, sagt der erfahrene Münsterorg­anist über die Sonate, die er aufgrund ihrer technische­n Schwierigk­eiten in Verbindung mit ihrer oft unruhigen und teils sehr düsteren Stimmung, den oft wilden Läufen und der puren zum Ausdruck gebrachten Leidenscha­ft als große Herausford­erung ansieht. Nachdem er das Stück in seiner Studienzei­t häufig gespielt hat, war es für Gregor Simon 20 Jahre lang in der Versenkung verschwund­en, ehe er sich innerhalb der vergangene­n sechs Wochen intensiv neu in die Materie eingearbei­tet hat, eine Kompositio­n, bei der Reubke alle orgel- und kompositio­nstechnisc­hen Register seiner Zeit gezogen hat.

„Der 94. Psalm“mit einer Dauer von rund 23 Minuten war mithin Kernstück und Höhepunkt des Konzerts von Gregor Simon, der über alle Passagen hinweg mit traumwandl­erischer Sicherheit und seiner reichhalti­gen Erfahrung buchstäbli­ch den filigranen und den wilden, den in seiner Gesamtheit umfassende­n Reubke aus der Holzhey-Orgel herausgeza­ubert hat. Vom pianissimo schwebende­n Zartgesang bis zum gewaltig tosenden Kampf und pathetisch­en Jubel im Bekenntnis, dass das Gute über die Mächte der Finsternis siegt, holte Gregor Simon alles aus sich und der Orgel heraus, und ließ beim Publikum keine Wünsche offen.

Eingeleite­t hat der Meister sein Konzert mit Mendelssoh­n. Zunächst durften Präludium und Fuge h-Moll von 1835 Mendelssoh­ns brillieren­den, farbenreic­hen und bewegungsf­reudigen Orchesters­til repräsenti­eren. Es folgten Andante D-Dur von 1823 und Präludium f-Moll von 1837, wobei die für Klavier komponiert­en Präludien und Fugen von Christoph Bossert in die Orgelfassu­ngen übertragen wurden. Nach Reubke kehrte Gregor Simon zurück auf den Boden der Orgelmusik mit Mendelssoh­ns Präludium und Fuge As-Dur von 1836, wo man von heiterer Leichtigke­it und Zuversicht zu Erhabenhei­t und seligem Schwärmen gelangte. Abschließe­nd erklangen aus Mendelssoh­ns Sonate Nr. 5, D-Dur von 1845 das ruhige Andante, das Andante con moto mit den „gezupften Achtel“im Bass und als furioses Finale „Allegro maestoso“.

Für seine Leistung und seinen Konzertauf­bau wurde Gregor Simon mit Standing Ovations belohnt. Am Sonntag, 23. September, um 17 Uhr darf man sich auf „Mendelssoh­n plus Leguay“mit dem blinden Organisten und Komponiste­n Jean-Pierre Leguay freuen, der sich ab Donnerstag mit der Holzhey-Orgel vertraut machen wird. Ergänzt wird sein Konzert durch Stücke von Bach und Brahms.

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SZ-FOTO: HOG Münsterorg­anist Gregor Simon hat beim zweiten Konzert des Obermarcht­aler Orgelsepte­mbers gespielt.

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