Der Hunderter hat noch ein bisschen was vor
Thomas Müller feiert in Lissabon Champions-League-Jubiläum – Münchner Startspezialisten
LISSABON (dpa/sz) - Im feinen Clubanzug ging Jubilar Thomas Müller schon bei der Ankunft in Lissabon unter dem strahlend blauen Himmel voran und gab mit seinem Tatendrang die Marschroute vor. Der Angreifer nimmt mit dem FC Bayern München in seinem 100. Champions-LeagueSpiel am Mittwochabend (21 Uhr/ Sky) gegen Benfica den nächsten Anlauf auf Europas Fußballthron. „Wir sind sehr motiviert, gerade nach den Dingen bei der WM im Sommer und den letzten Enttäuschungen in der Champions League“, verkündete Müller. „Wir wollen neu angreifen.“
„Pack ma’s“lautet das Motto, das die Bayern ihrer neuen ChampionsLeague-Kampagne gegeben haben. Diesmal soll nicht wieder im Halbfinale Endstation sein, so wie in vier von fünf Jahren seit dem Titelgewinn 2013. Seinen 100. KönigsklassenAbend bezeichnete Müller, der erst dritte deutsche Spieler nach Philipp Lahm (112) und Oliver Kahn (103) im Hunderterclub, darum auch lediglich als „eine Durchgangsstation. Ich habe noch ein bisschen was vor.“
Der Nationalspieler setzt auch auf einen Leistungsschub durch einen Debütanten: Niko Kovac. Der 46-jährige Kroate erlebt als Coach in Portugal seine Champions-League-Premiere. „Wir haben uns neu aufgestellt, auch mit dem neuen Trainer, der Feuer reinbringt“, sagte der 29-jährige Müller. Novize Kovac soll auf Anhieb das schaffen, was selbst einem Pep Guardiola in drei Münchner Jahren nicht glücken wollte: die Bayern endlich wieder ins Endspiel zu führen.
Das Ziel: Auftaktsieg Nummer 15
„Wir müssen uns so präsentieren wie in der Bundesliga. Ich hoffe, dass wir mit einem Sieg in die Gruppenphase gehen“, sagte Kovac. Das Aufwärmprogramm gegen Benfica, Ajax Amsterdam und AEK Athen sagt dem Königsklassen-Neuling durchaus zu. „Schöne Gruppe, attraktive Gegner, wir freuen uns“, kommentierte der Trainer am 30. August die Auslosung.
Dass der Münchner Luxuskader durch die schweren Verletzungen von Kingsley Coman, Corentin Tolisso und Rafinha früh geschrumpft ist, kann die Vorfreude nicht trüben. „Wir müssen die Situation annehmen, wie sie ist“, sagte Arjen Robben. Noch hat Kovac genug Personal zur Auswahl. „Aber es sollte jetzt nicht mehr großartig was passieren, sonst bekommen auch wir Qualitätsprobleme“, bemerkte Vorstandschef KarlHeinz Rummenigge. „Wir haben stressige Wochen vor uns!“Die sollen auf europäischer Bühne optimal beginnen – sind die Bayern doch die Startspezialisten der Champions League: Gegen Benfica soll der 15. Auftaktsieg in Serie gelingen. Robben erinnerte aber an die Probleme beim Viertelfinalerfolg 2016, als die Bayern nach einem mageren 1:0 im Hinspiel in Lissabon 2:2 spielten. „Die haben eine gute Mannschaft. Wir müssen von Anfang an bereit sein. Das wird ein heißer Abend“, sagte der Niederländer. Vor zwei Jahren gelang Thomas Müller in Lissabon ein Tor. „Wäre schön, wenn er das zum Jubiläum wiederholt“, sagte Rummenigge, mahnte aber sogleich: „Die Gruppe wird kein Selbstläufer.“
Auflaufen im Estádio da Luz würde auch gerne Renato Sanches. Der 21-jährige Portugiese trug beim Duell 2016 noch das Benfica-Dress. Ein paar Monate später wechselte er für 35 Millionen Euro zum FC Bayern. Niko Kovac hat Sanches „nicht nur als Reiseführer“in seine Heimat mitgenommen. Allerdings sind Javi Martínez, Thiago oder James erste Wahl im Mittelfeld. Auch Leon Goretzka flog mit nach Portugal. Der Nationalspieler hatte am Montag beim Training eine leichte Blessur am Fuß erlitten.
Benfica tritt in der Königsklasse zur Wiedergutmachungstour an. Sechs Niederlagen, 1:14 Tore – vor einem Jahr erlebte der 39-malige portugiesische Meister eine ganz schwache Gruppenphase. Zur Besserung soll auch der ehemalige deutsche U21-Nationaltorwart Odisseas Vlachodimos beitragen. Der beim VfB Stuttgart ausgebildete 24-Jährige ist Benficas neue Nummer 1. „Natürlich ist Bayern Topfavorit“, sagte Vlachodimos. Was er nicht sagen musste: Er will nicht bloß Bayern-Jubilar Müller ärgern.