Vortrag über das Leben eines Ehinger Musikers
Johannes Lang erhellt die Biographie eines spätromantischen Pianisten und Komponisten
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EHINGEN - Über das Leben des Musikers Gottfried Richard Anton Linder hat Johannes Lang am Mittwoch beim Stammtisch der Museumsgesellschaft im Gasthaus Schwert berichtet. Linder wuchs in Ehingen auf und war in Stuttgart als Pianist und Komponist tätig.
Ein Bild im ersten Dachgeschoss des Ehinger Museums machte Johannes Lang neugierig auf die vier abgebildeten Personen. Das vermutlich von einem unbekannten Wandermaler geschaffene Familienporträt zeigt die frühere Ehinger Posthalterfamilie Linder. Abgebildet sind rechts neben einem kleinen Tisch sitzend Gottfried Linder (1779 - 1853), Wirt zum goldenen Hirsch, links seine Schwiegertochter Maria Josepha, dahinter stehend Linders Sohn Felix, im Vordergrund Gottfried Linder, Sohn von Felix und Maria Josepha. Um 6 000 Mark ersteigerte die Stadt Ehingen das Bild vor 26 Jahren.
Von 1838 bis 1847 war Gastwirt Gottfried Linder in Ehingen Posthalter der Thurn-und-Taxis-Post. Nachfolger wurde sein Sohn Felix. Dieser führte die Posthalterei bis 1869, als Ehingen eine Station der Württembergischen Eisenbahn bekam. Als Wirt des Gasthofs Kronprinz wurde Felix Linder wohlhabend, kaufte in Heufelden ein heute als Rathaus genutztes Hofgut und stiftete 1872 die sogenannte Posthalterkapelle bei Nasgenstadt. 1848 bis 1849 war Felix Linder Mitglied des Landtags von Württemberg. Sein 1841 geborener Sohn Gottfried Richard August besuchte bis zum 15. Lebensjahr das Ehinger Untergymnasium und danach ab 1856 in Stuttgart das von Hofrat Gustav Schilling geleitete Musikinstitut. Als dieses ein Jahr später insolvent war, wechselte Linder an die Königlich Bayerische Musikschule in München und schrieb sich 1858 in die von Sigmund Lebert gegründete Stuttgarter Musikschule ein. Mit einem Prüfungskonzert schloss er 1860 die Ausbildung zum Pianisten ab und wurde Klavierlehrer. Bereits 1856 komponierte Gottfried Richard Anton Linder die Kantate „Frühling“, 1860 vertonte er das Gedicht „Wild verwachs’ne dunkle Fichten“von Nikolaus Lenau. Er bekam Zugang zum Königshof und war von 1866 bis 1876 Musiklehrer von Großfürstin Wera Konstantinowna Romanowa von Russland, der Adoptivtochter von König Karl I. von Württemberg und Königin Olga. Anlässlich der Silberhochzeit des kinderlosen Königspaars schrieb Gottfried Linder 1871 eine Kantate und 1874 die Festkantate zur Hochzeit von Wera mit Herzog Eugen. 1879 wurde er mit dem Titel Professor Mitinhaber der jetzt als Konservatorium bezeichneten Schule. Zehn Jahre stand seine zu einem Libretto von Großfürstin Wera komponierte Oper „Conradin von Schwaben“auf dem Spielplan.
1918 starb Gottfried Linder und wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof beerdigt. Er hinterließ eine große Zahl an Werken für Klavier, Orgel und Singstimme sowie Chor- und Orchesterwerke.
Am Sonntag, 4. November, 17 Uhr, geben Mezzospopranistin Vero Miller und Pianist Wolfgang Weller im Franziskanerkloster anlässlich Linders 100. Todestag ein Konzert
mit einer Auswahl seiner Kompositionen.