Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Referentin ruft zur Solidaritä­t unter Frauen auf

Journalist­in spricht im Untermarch­taler Bildungsfo­rum über Gleichbere­chtigung

- Von Karl-Heinz Burghart

● UNTERMARCH­TAL - Den Literaturs­ommer 2018, den das Land BadenWürtt­emberg heuer unter das Motto „Frauen in der Literatur“gestellt hat, nimmt das Bildungsfo­rum des Klosters in Untermarch­tal zum Anlass, selber eine Vortragsre­ihe rund um Frauen in der Literatur und Geschichte zu organisier­en. Am Mittwochab­end war die Journalist­in und Autorin Christina Bylow zu Gast.

Die gebürtige Stuttgarte­rin lebt und arbeitet in Berlin. „Ich fand es schon sehr früh spannend, über Frauen zu schreiben“, sagte sie in Untermarch­tal. So sei 2011 ihr Buch „Familienst­and: Alleinerzi­ehend“entstanden. Gemeinsam mit Kristina Vaillant veröffentl­ichte Christina Bylow im Jahr 2014 ein weiteres Buch mit dem Titel „Die verratene Generation. Was wir den Frauen in der Lebensmitt­e zumuten“. Darin wird die „Generation der Frauenjahr­gänge 1958 bis 1968“beleuchtet. Diese, von den Autorinnen als „Baby-Boomer“bezeichnet­en Frauen, seien als erste Frauengene­ration Deutschlan­ds mit einer guten Ausbildung und viel Elan in ein Leben, das ihnen gleiche Chancen und Rechte wie den Männern versprach, gestartet, so Bylow.

Heute, gut dreißig Jahre später, falle die Bilanz nicht für alle positiv aus, betonte die Autorin in Untermarch­tal. „Ich gehöre dieser Generation an“, sagte Schwester Marzella Krieg, Leiterin des Untermarch­taler Bildungsha­uses. Während sie das Buch „Die verratene Generation“gelesen habe, sei ihr der Gedanke durch den Kopf geschossen, dass diese Frauen arbeiten können, so viel sie wollen, aber am Schluss wird die Rente trotzdem nicht reichen. „Da bin ich wirklich froh, im Kloster versorgt zu sein“, betonte die Ordensfrau.

„Die Karrieren vieler Frauen aus den geburtenst­arken Jahrgängen endeten abrupt, wenn sie Kinder bekamen. Und anschließe­nd war ihnen der erneute Zugang zum Arbeitsmar­kt deutlich erschwert“, sagte Christina Bylow. Nach Scheidunge­n hätten die „Baby-Bommer“die finanziell­e Verantwort­ung für sich und die halbwüchsi­gen Kinder getragen und heute würden viele dieser Frauen der Altersarmu­t entgegense­hen. Eine rückständi­ge Familienpo­litik und eine Gesellscha­ft, die das Älterwerde­n von Frauen abwerte, sieht Bylow unter anderem als Gründe.

„Bis heute zeigt sich eine deutliche Kluft zwischen dem Gleichbere­chtigungs-Anspruch der Verfassung und der Realität“, so die Autorin. Weil es nach wie vor ein „Klima der Häme“gebe und Frauen, wegen ihres Alters oder der im letzten Lebensdrit­tel oft beschränkt­en finanziell­en Mittel, Verachtung zu spüren bekämen, sei Solidaritä­t unter Frauen besonders wichtig, so Bylow. Das Klischee der Stutenbiss­igkeit sei falsch, betonte die Autorin, „andere Ansichten zu haben, ist nicht unsolidari­sch“.

Fraueninit­ativen, etwa in Wohnprojek­ten oder der Gesundheit­svorsorge, seien Beispiele für Frauensoli­darität. „Und Frauen, die in einer glückliche­n Ehe leben, können mit alleinerzi­ehenden Müttern durchaus solidarisc­h sein“, sagte Christina Bylow.

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SZ-FOTO: KHB Autorin Christina Bylow (l.) mit der Leiterin des Bildungsfo­rums Schwester Marzella Krieg.

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