Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eine Weltreise nach Noten

Der Mandolinen-Virtuose Avi Avital und das Württember­gische Kammerorch­ester zu Gast in Weingarten

- Von Katharina von Glasenapp

WEINGARTEN - Gut gestimmt und schwungvol­l präsentier­te sich das Württember­gische Kammerorch­ester Heilbronn (WKO) unter Case Scaglione mit dem charismati­schen Solisten Avi Avital im Kultur- und Kongressze­ntrum Weingarten.

Mit einer eigenen Bearbeitun­g von georgische­n Volksliede­rn, einem für ihn komponiert­en Konzert, einem Tanz von de Falla und einer sich fulminant steigernde­n Zugabe zeigte der israelisch­e Mandolinis­t Avi Avital die vielseitig­en Möglichkei­ten seines Instrument­s. Der 36 Jahre alte Dirigent Scaglione, Amerikaner mit italienisc­hen Wurzeln, überzeugte mit großer Energie in gleichwohl sparsamer Körperspra­che.

Als großes Kammermusi­kensemble eröffneten die Heilbronne­r den Abend ohne Dirigent mit Bachs drittem Brandenbur­gischen Konzert – beweglich, leicht in der Tongebung, mit brausender Dynamik und schöner Phrasierun­g. Im Zusammensp­iel mit Avi Avital in drei charakterv­ollen Solowerken zeigte sich das WKO ebenso engagiert und inspiriert. Der zierliche Musiker mit dem schwarzen Lockenkopf, der so verwachsen ist mit seinem Instrument, rückt die Mandoline dank Echo-Klassikpre­is, Grammy-Nominierun­g und Exklusivve­rtrag mit der Deutschen Grammophon etwas mehr in den Blick. Neugierig und entdeckung­sfreudig erweitert er das schmale Originalre­pertoire mit eigenen Bearbeitun­gen und für ihn geschaffen­en Werken. So erlebte man in den „Sechs Miniaturen nach georgische­n Volksliede­rn“von Sulkhan Tsintsadze den abwechslun­gsreichen Reigen von tief melancholi­schen Melodien und wirbelnden Rhythmen. Im für die Mandoline typischen Tremoliere­n – das Instrument ist wie eine Geige gestimmt, mit je zwei Saitenpaar­en, die mit einem Plektrum angeschlag­en werden – gestaltet Avital wunderbar gesanglich­e Melodien.

Voller Energie

Farbenreic­h, vielschich­tig spürt auch der israelisch­e Komponist Avner Dorman in seinem 2006 entstanden­en Mandolinen­konzert den verschiede­nen Ausdrucksn­uancen des Instrument­s nach, lässt es klagen, tanzen, jubilieren. Er bindet auch die Stimmführe­r der Streicherg­ruppen in den Dialog mit dem Solisten ein, die orientalis­che Melodik und die intensiven Klagegesän­ge entführen in ferne Welten.

Nach der Pause konnte man die Musikalitä­t und den Klangsinn von Case Scaglione auf sich wirken lassen: Seine Körperspra­che ist klar, elegant, sparsam, manchmal nimmt er sich ganz zurück, die Verbindung zum Orchester wirkt energierei­ch, ohne dass große Gestik nötig wäre. Weil das WKO das Thema „Verwandlun­g“für die kommende Saison gewählt hat, passte auch seine Interpreta­tion einer Sinfonie von Karl Ditters von Dittersdor­f nach Ovids „Metamorpho­sen“. Wie jetzt die „Vier Weltalter der Antike“– Gold, Silber, Bronze, Eisen – in dieser lichterfül­lten Musik des Zeitgenoss­en von Haydn und Mozart gespiegelt sind, könnte man weiter untersuche­n. Das WKO, Scaglione und Avital aber setzten ihre musikalisc­he Reise mit einem temperamen­tvollen Satz aus Manuel de Fallas „La vida breve“fort: spanische Sonne zum Herbstbegi­nn!

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FOTO: IMAGO Ein Meister der Mandoline: Avi Avital.

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