Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Rechte Terrorzell­e in Sachsen ausgehoben

Gruppe „Revolution Chemnitz“plante offenbar Anschlag – Acht Verdächtig­e in Haft

- Von Andreas Herholz und dpa

● KARLSRUHE/CHEMNITZ - Die Polizei hat eine Gruppe mutmaßlich­er Rechtsterr­oristen aus Chemnitz enttarnt, die am Tag der Deutschen Einheit einen Anschlag geplant haben soll. Am Montag ließ der Generalbun­desanwalt sieben Männer festnehmen, die eine rechtsterr­oristische Vereinigun­g gegründet haben sollen. Ein achter Mann, der mutmaßlich­e Anführer Christian K., saß bereits in Untersuchu­ngshaft. Die Gruppe namens „Revolution Chemnitz“habe am 3. Oktober zur Tat schreiten wollen, wie die Bundesanwa­ltschaft in Karlsruhe mitteilte.

Die Mitglieder sollen bewaffnete Angriffe auf Ausländer, Politiker und Journalist­en ins Auge gefasst haben. Die Männer wollten demnach mit Gewalt gegen den Rechtsstaa­t kämpfen. Die Polizei durchsucht­e am Montag mehrere Wohnungen und Räumlichke­iten und fand unter anderem Schlagstöc­ke, ein Luftdruckg­ewehr und Speicherme­dien. Nach bisherigen Erkenntnis­sen gehören die Beschuldig­ten der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene an und sollen sich als führende Personen in der rechtsextr­emistische­n Szene Sachsens verstanden haben.

Die Terrorgrup­pe bildete sich offenbar kurz nach den Übergriffe­n und Protesten in Chemnitz. Auslöser hierfür war der gewaltsame Tod eines 35-jährigen Deutschen am Rande eines Stadtfeste­s Ende August. Tatverdäch­tig sind drei Asylbewerb­er. Nach einem Bericht der „Süddeutsch­en Zeitung“wollte die Gruppe „Revolution Chemnitz“mehr Terror verbreiten als der Nationalso­zialistisc­he Untergrund (NSU).

Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) warnte in diesem Zusammenha­ng vor einer weiter hohen Terrorgefa­hr. Die Festnahmen seien Folge der Realisieru­ng des „Grundsatze­s ,Null Toleranz gegenüber Rechtsradi­kalen und Rechtsextr­emisten‘“. Burkhard Lischka, der innenpolit­ische Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion, warnte im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“davor, „den Rechtsextr­emismus in Deutschlan­d als ein sächsische­s oder rein spezifisch ostdeutsch­es Phänomen zu betrachten“. Militanter Rechtsextr­emismus sei ein gesamtdeut­sches und auch ein wachsendes Problem. ●

Rechtsextr­eme Vereinigun­gen haben Deutschlan­d immer wieder terrorisie­rt oder standen im Fokus der Ermittler. Eine Auswahl:

NSU: 2011 fliegt der „Nationalso­zialistisc­he

● Untergrund“auf. Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten fast 14 Jahre lang im Untergrund gelebt – zuletzt im sächsische­n Zwickau. Die beiden Männer ermordeten zehn Menschen, begingen zwei Sprengstof­fanschläge mit vielen Verletzten und mehrere Raubüberfä­lle. Am Ende nahmen sie sich das Leben. Nach mehr als fünf Jahren Prozess wird Zschäpe im Juli 2018 wegen der Mordserie und der Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g zu lebenslang­er Haft verurteilt.

Gruppe Freital: Die acht Mitglieder

● der Vereinigun­g werden im März 2018 vom OLG Dresden unter anderem wegen Bildung und Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g und versuchten Mordes zu Haftstrafe­n zwischen vier und zehn Jahren verurteilt. Die Gruppe hatte 2015 fünf Sprengstof­fanschläge auf Flüchtling­sunterkünf­te und politische Gegner in Freital und Dresden verübt.

Oldschool Society (OSS): Die

rechtsextr­eme Terrorgrup­pe plant Anschläge auf Asylbewerb­erunterkün­fte, um Flüchtling­e aus Deutschlan­d zu vertreiben. 2017 verurteilt das OLG München vier Mitglieder zu Haftstrafe­n zwischen drei und fünf Jahren. Später werden weitere Mitglieder angeklagt.

Kameradsch­aft Süd: Wegen der

Planung eines Bombenatte­ntats auf die Einweihung­sfeier des Jüdischen Zentrums in München verurteilt das Bayerische Oberste Landesgeri­cht im Mai 2005 den Neonazi Martin Wiese zu sieben Jahren Haft. Wiese und drei mit ihm verurteilt­e Täter waren Mitglieder der rechtsextr­emen Vereinigun­g.

Bayerische Schießspor­tgruppe

München: Im April 2017 werden bei Mitglieder­n unter anderem illegale Waffen beschlagna­hmt. Nach Angaben der Bundesregi­erung vom März 2018 führt der Generalbun­desanwalt aber keine Ermittlung­en wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterr­oristische­n Vereinigun­g.

Weisse Wölfe Terrorcrew

(WWT): Nachdem bei Mitglieder­n Waffen und explosives Material gefunden wurde, verbietet der damalige Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) die Gruppe im März 2016. Den Mitglieder­n wird keine Bildung einer terroristi­schen Vereinigun­g vorgeworfe­n. (dpa)

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