CDU-Minister im Südwesten uneins über Einwanderungsgesetz
Wirtschaftsvertreter fordern unbürokratische Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse – Debatte um Regeln für Flüchtlinge
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STUTTGART - Wie das neue Einwanderungsgesetz aussehen soll, darüber streiten in Berlin CDU, CSU und SPD. Einer der Konfliktpunkte ist der sogenannte Spurwechsel. Er würde Flüchtlingen den Wechsel aus dem Asyl- ins Einwanderungsrecht erlauben. Wenige Stunden vor einem Koalitionsgipfel dazu war das geplante Einwanderungsgesetz am Montag auch Thema in Stuttgart. Dort trafen Vertreter der Landesregierung auf Vertreter von Verbänden, Gewerkschaften und der Wirtschaft.
„Die Wirtschaft in Baden-Württemberg ist stark, der Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig“, fasste Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) am Montagvormittag die aktuelle wirtschaftliche Lage in Baden-Württemberg zusammen. Der Südwesten sei auf ausländische Fachkräfte angewiesen, so der Integrationsminister. Sollten sie es schaffen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, wäre das gut für die Betroffenen, für die Betriebe und für die Gesellschaft. Lucha ist, wie SPD und Grüne im Bund, Befürworter der Stichtagsregelung – das heißt, dass Flüchtlinge, die bis zu einem bestimmten Tag eingereist sind, nicht wieder abgeschoben werden dürfen. Bedingung: Sie haben eine feste Arbeitsstelle.
Ein Statement, dem sich Koalitionspartnerin Nicole HoffmeisterKraut (CDU) anschließen konnte. Auch sie sprach sich zum wiederholten Mal für die Stichtagsregelung aus: „Es darf in Zukunft nicht so sein, dass wir Menschen ausweisen und dann über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wieder zurückholen.“In Sachen Arbeitsvermittlung vermeldete sie eine positive Entwicklung: Rund 28 000 Geflüchtete aus den Hauptasylherkunftsländern sollen zum Dezember 2017 in Baden-Württemberg sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein. „Im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht das einem Plus von fast 60 Prozent“, so Hoffmeister-Kraut.
Mit dieser Haltung zur Stichtagsregelung stellte sie sich erneut gegen den eigenen Parteichef und badenwürttembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU). Der wurde in der Diskussionsrunde im Stuttgarter Haus der Wirtschaft von CDUStaatssekretär Julian Würtenberger vertreten. Würtenberger will Menschen mit Bleibeperspektive „ankommen lassen“, fügte aber entschieden hinzu: „Wer nicht in einer anerkannten Flüchtlingssituation ist, der muss unser Land dann auch wieder verlassen.“Seiner Meinung nach sei die bereits bestehende „Dreiplus-zwei-Regelung“eine gute Maßnahme, Flüchtlingen Arbeit zu vermitteln. Diese Regel verhindert, dass ein Geflüchteter ohne Bleiberecht während einer dreijährige Berufsausbildung abgeschoben wird. Außerdem darf er danach weiter zwei Jahre im Ausbildungsbetrieb arbeiten.
„Es gibt mehr als 60 000 erwerbsfähige Flüchtlinge, die in Ausbildung integriert werden können“, so Würtenberger. Diese hätten ein Bleiberecht. Es sei sinnvoll, sie zu integrieren statt jene ohne Aufenthaltstitel. Wie Strobl fürchtet auch sein Staatssekretär die Vermischung von Asylund Einwanderungsrecht.
Auch der württembergische Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger, zeigte sich erfreut über die Anstrengungen, das Fachkräftezuwanderungsgesetz zu verabschieden. Laut Dulger helfe das beste Zuwanderungsrecht aber nichts, wenn die Verwaltungen zu langsam und die Verfahren zu kompliziert und langwierig seien. Dulger sieht vor allem bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation im dualen System Handlungsbedarf. Die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf machte sich für faire Arbeitsbedingungen der Fachkräfte aus dem Ausland stark.