Teurer Strom
Branchenverband rechnet mit steigenden Energiepreisen
BERLIN (dpa) - Der Energieverband BDEW rechnet für die meisten Stromverbraucher in Deutschland im nächsten Jahr mit steigenden Strompreisen und fordert milliardenschwere Entlastungen. „Im EU-weiten Vergleich der Strompreise wird eines besonders deutlich: Der deutsche Staat bittet die Haushalte bei den Steuern, Abgaben und Umlagen über Maß zur Kasse“, sagte der Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Stefan Kapferer, in Berlin. Beim Strompreis machten Steuern, Abgaben und Umlagen inzwischen 54 Prozent aus. Die Strompreise für private Haushalte seien in den vergangenen zehn Jahren vor allem dadurch deutlich gestiegen.
Kapferer sagte, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) solle prüfen, den Satz bei der Stromsteuer massiv zu senken – und zwar auf das europarechtlich mögliche Minimum von 0,1 Cent. Dies würde 5,5 Milliarden Euro kosten, sei aber angesichts der vollen staatlichen Kassen machbar und würde die Haushalte deutlich entlasten. Der Regelsteuersatz beträgt bei der Stromsteuer bisher 2,05 Cent pro Kilowattstunde. Allein die Stromsteuer macht sieben Prozent des Strompreises aus. Mit ihr nimmt der Bund pro Jahr rund sieben Milliarden Euro ein.
Der Strompreis setzt sich zusammen aus Steuern, Abgaben und Umlagen sowie den Netzentgelten der lokalen und regionalen Betreiber und Übertragungsnetzbetreiber. Dazu kommen Produktionskosten und die Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien. Preistreiber beim Strompreis seien höhere Beschaffungskosten, sagte Kapferer. Bezahlten die Unternehmen für das Lieferjahr 2017 im Durchschnitt knapp über 30 Euro für eine Megawattstunde Strom, mussten sie in diesem Jahr mehr als 50 Euro bezahlen. Daneben seien fossile Brennstoffe teurer geworden. Es gebe deutliche Preissteigerungen beim Emissionsrechtehandel. Der Preis für Kohlendioxid-Zertifikate habe sich in den vergangenen zwölf Monaten mehr als verdreifacht.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte, die Strompreise seien bereits jetzt die höchsten in ganz Europa. „Das trifft neben den Unternehmen auch Menschen mit einem geringen Einkommen besonders hart. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.“Die Stromsteuer müsse auf das europäische Mindestniveau gesenkt werden.
Doch keine Entlastung
Sinkende Netzentgelte für den Betrieb der großen Stromtrassen hatten Anlass gegeben, mit etwas Entlastung bei den Strompreisen zu rechnen. Hauptgrund ist, dass die bisher enthaltene Umlage für den Ausbau der Offshore-Windenergie in Nordund Ostsee künftig bei den Netzentgelten herausgerechnet wird. Die Übertragungsnetzbetreiber sind verantwortlich für die Stromautobahnen. Kapferer dagegen sagte, der Effekt werde durch andere Faktoren gedämpft. Die Höhe der OffshoreUmlage soll am 15. Oktober zusammen mit der Höhe der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien bekannt gegeben werden.
Kapferer kritisierte außerdem, die hohen Steuern und Abgaben ließen den Unternehmen immer weniger Spielraum. Nur noch gut 20 Prozent des Endkunden-Strompreises seien von den Lieferanten direkt beeinflussbar.