Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Ich schäme mich für musikalisc­he Jugendsünd­en“

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ULM (sz) - Imran

Ayata legt am Mittwochab­end um 20 Uhr im Ulmer Roxy „Songs of Gastarbeit­er“auf. Im Interview mit

Sebastian Mayr spricht er über Lieder seiner Eltern, Partys in Berlin und Clubs in NeuUlm.

Herr Ayata, am Mittwoch legen Sie zusammen mit dem Münchner Regisseur und DJ Bülent Kullukcu „Songs of Gastarbeit­er“in der Roxy-Cafébar auf. Die Lieder sollen Kapitel der Migrations­geschichte erzählen. Welche Musik lief bei Ihren Eltern?

Meine Erinnerung­en daran sind sehr verschwomm­en. Jedenfalls keine Platten, sondern Kassetten. Meine Eltern haben alevitisch­e Musiker gehört. Und linke Protestmus­iker aus der Türkei waren auch sehr angesagt.

Und was haben Sie selbst in Ihrer Jugend gehört?

Gefährlich­e Frage. Ich gehöre zu denjenigen Menschen, die sich im Alter für ihre musikalisc­he Jugendsünd­en hier und da schämen. Also es gibt einige Bands, die ich heute nicht mehr ertrage, damals aber sehr aufregend fand. U2 zum Beispiel. Aus dieser Zeit hat eigentlich nur die Liebe und Bewunderun­g für David Bowie und seine Musik überlebt. Bei Bowies Tod habe ich geweint. Noch nie hatte ich zuvor beim Tod eines Menschen geweint, den ich nicht persönlich gekannt hatte. Als ich letztes Jahr mit meiner achtjährig­en Tochter im Brooklyn Museum die Bowie-Ausstellun­g besuchte, hatte ich das Gefühl, ihr etwas zu vermitteln, was Teil von mir ist. In meiner Ulmer Zeit begann mein Interesse für IndieMusik, so nannten wir das. Maßgeblich geschult wurde ich im NeuUlmer Club Violet.

Wann haben Sie gemerkt, dass Musik von Einwandere­rn cool sein kann?

So genau kann ich das nicht sagen. Während meines Studiums in Frankfurt begann ich mich intensiver mit der Geschichte der Einwanderu­ng zu beschäftig­en, gerade und auch mit ihrer kulturelle­n Dimension. 2011 bekam ich das Angebot, in einem Berliner Theater eine Musikreihe zu kuratieren. Und ich wusste, in München gibt’s einen anderen Freak, der sich für die Musik von Gastarbeit­ern interessie­rt. So haben Bülent Kullukcu und ich begonnen, uns noch intensiver mit der Musik zu beschäftig­en. Bis heute.

Was haben die Songs of Gastarbeit­er, was andere Lieder nicht haben?

Ganz schwer zu sagen, weil wir ja wissen, dass der Vergleich von Äpfeln und Birnen zu nichts führt. Musikstile sind immer speziell und universell zugleich. Es gibt Muster und Themen, die finden sich in Pop genauso wie in anatolisch­en Folksongs.

Sie kommen aus Ulm, leben jetzt in Berlin. Unterschei­det sich die Musik von Einwandere­rn und ihren Nachkommen in verschiede­nen Städten?

Das kann sehr unterschie­dlich sein. In Berlin haben wir das Partyleben Gayhane. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Ulm Gaypartys mit türkischer und orientalis­cher Mucke gefeiert werden.

Was bedeutet es für Sie, in Ihrer Heimatstad­t aufzulegen?

Dieses Mal macht mich der Gedanke, nach Ulm zu kommen sehr melancholi­sch. Ulm war die Stadt meines Vaters. Er hat 50 Jahre dort gelebt und ist letztes Jahr verstorben.

Ohne ihn kann ich mir Ulm noch immer nicht vorstellen.

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