Aus dem Alltag einer Gefängnisseelsorgerin
Die Vinzentinerin arbeitet im Frauengefängnis zwischen Betrügerinnen und Kindsmörderinnen
UNTERMARCHTAL (eis) - In ihrem Arbeitsalltag ist Schwester Sabine Götz von den barmherzigen Schwestern des heiligen Vinzenz von Paul von Betrügerinnen, Gewalttäterinnen und Kindsmörderinnen umgeben. Am Dienstagabend hat die Ordensfrau beim „Gespräch über Gott und Welt“im Bildungsform Untermarchtal von ihrer Aufgabe als Gefängnisseelsorgerin im Frauengefängnis in Schwäbisch Gmünd berichtet.
„Als Gefängnisseelsorgerin habe ich das Glück, den Menschen sehen zu dürfen und nicht nur die Tat“, sagt Schwester Sabine Götz. Seit beinahe sieben Jahren ist die Vinzentinerin in der Seelsorge im einzigen Frauengefängnis Baden-Württembergs in Schwäbisch Gmünd tätig. Dabei ist sie nicht nur für die Insassinnen zuständig, sondern auch für die Angestellten. „Wobei diese unsere Hilfe seltener nötig haben, weil die Beamten ja meist draußen ein funktionierendes Netzwerk haben, dem sie sich anvertrauen können“, so die Schwester. Vor allem um Konflikte in der Haftanstalt gehe es deshalb in diesen Gesprächen. „Bei uns greift das Beichtgeheimnis“, erklärt die Seelsorgerin. Sogar im Zeugenstand vor Gericht dürfe sie sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen.
Dies sei wichtig, weil sich die inhaftierten Frauen nur so wirklich öffnen könnten, was ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur angestrebten Resozialisierung sei. In Gottzell, wie das Frauengefängnis noch aus seiner Vergangenheit als Dominikanerinnen-Kloster genannt wird, sitzen derzeit rund 380 Frauen ein. „Von der Untersuchungshaft bis zur lebenslangen Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der Schuld ist alles vertreten“, berichtet Schwester Sabine Götz.
Angst hat die Ordensfrau bei den Vier-Augen- oder Gruppengesprächen dennoch keine. Bei den seelsorgerischen Gesprächen in den Zellen bleibe die Tür stets offen. „Außerdem schließen wir sie vor, sodass sie, selbst wenn sie zugeschmissen würden, nicht einrasten können“, erklärt die Gefängnisseelsorgerin, die zudem immer einen Alarmknopf bei sich trage. Wird dieser gedrückt, seien sofort mehrere Beamte zur Stelle. Im Gegenteil erlebe die Schwester es als bereichernd zu erleben, wie sich die Frauen vom ersten Tag ihrer Haft bis zur Entlassung entwickeln.
Schwester Sabine Götz ist sich außerdem sicher, dass von den meisten Insassinnen nach ihren Taten nur noch wenig Gefahr ausgehe. „Eine Frau, die aus der Not heraus ihren Ehemann ermordet oder bei einem erweiterten Suizid ihre Kinder getötet hat, hat doch keinen Grund, mir gegenüber gewalttätig zu sein“, erklärt sie. Die meisten Frauen seien, anders als Männer, nicht aggressiv, so ihre Erfahrungen.
Das Gmünder Frauengefängnis biete seinen Insassinnen besondere Möglichkeiten. So gibt es eine Abteilung, in der Mütter mit ihren Kindern inhaftiert sind. „Das ist aber nur möglich, wenn die Kinder bei der Entlassung der Mutter nicht älter als drei Jahre sein werden“, berichtet die Schwester. Während die Frauen beim Arbeiten seien, werden die Kinder im gefängniseigenen Kindergarten betreut, in dem auch die Angestellten ihre Kinder unterbringen können. „Jeden Tag gehen die Erzieherinnen mit ihnen raus in die Stadt oder den Wald, damit sie auch ein normales Umfeld kennenlernen“, so Sabine Götz.
Dies einstige Klosterkirche biete einen besonderen Raum für die regelmäßigen Gottesdienste. „Für die Frauen ist dieser Ort sehr wichtig, weil sie sich hier nicht wie im Gefängnis fühlen, obwohl sie auch hier immer unter Bewachung stehen“, sagt die Ordensfrau, die hier auch Stunden der Stille anbietet.