Plädoyer für den Wolf
Das müssen wir jetzt genau analysieren, sagen die Politiker, wenn die Hälfte ihrer bisherigen Wähler entschieden hat, dass es jetzt aber mal gut ist mit der wohlwollenden Analyse des Angebots dieser Partei, und ihr Kreuzchen an anderer Stelle macht. Unsere Analyse der Wahlnacht hat übrigens ergeben, dass wir am Sonntag eine Überdosis dieses Analyse-Satzes erwischt haben.
Es ist aber auch wirklich ein Kreuz mit den Analysen, manchmal führen sie einfach ins Nirwana. Wir zum Beispiel können analysieren und analysieren und kommen doch nicht dahinter, woher unsere geheime Liebe zum Wolf rührt, die übrigens in diametralem Gegensatz zur Reserviertheit Hunden gegenüber steht. Hat unsere bedenkliche Verharmlosung dieses wilden Tieres damit zu tun, dass wir mit Hunden schon schlechte Erfahrungen gemacht haben, den Wolf hingegen nur aus „Rotkäppchen“kennen? Liegt es am literarischen Missbrauch von Karl Mays Westernschmonzetten? Die könnten eine frühkindliche Persönlichkeitsdeformation verursacht haben, vervollkommnet in den vier Kinostunden mit Kevin Costner als „Der mit dem Wolf tanzt“.
Wir wissen nicht, ob Tierhalter und Tierschützer Bücher lesen oder ins Kino gehen, aber die zwei Spezies haben einen völlig unterschiedlichen Zugang zu besagter Kreatur. Die Bauern haben die Faxen der Natur dicke und möchten den Wolf aus ihr entnehmen. Sie wollen nicht begreifen, dass ein Typ, der sich im Bett eine Oma-Haube über den Kopf zieht, gar kein gefährlicher Schäfchenschlächter sein kann. (hü)