Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Es macht ihm sichtlich Spaß

Von wegen Rücktritt – Horst Seehofer will sich dem Votum der Basis stellen

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Ein bisschen Wahlanalys­e steht am Beginn. Die CSU hat die beste Bilanz und das schlechtes­te Ergebnis. Die Bayern wollten offensicht­lich, dass die CSU nicht mehr alleine regiert. Die Partei sei in einer Sandwich-Position und habe Wähler an AfD und Freie Wähler auf der einen und die Grünen auf der anderen Seite abgegeben.

Eineinhalb Stunden hat sich CSUChef Horst Seehofer Zeit genommen, um den Berliner Journalist­en die Auswirkung­en der Bayern-Wahl auf den Bund zu erklären. Umgekehrt waren die Hauptstadt­korrespond­enten vor allem neugierig zu erfahren, welche Auswirkung­en die Wahl wohl auf Horst Seehofer haben wird. Denkt er an Rücktritt? Als CSU-Chef oder als Innenminis­ter?

Fehlanzeig­e. „Erst einmal müssen wir zügig eine neue Landesregi­erung bilden“, so Seehofer, mit Söder als Ministerpr­äsidenten. Bei einer Analyse vorab gebe es viel zu viel Stoff, der die Wahl des Ministerpr­äsidenten dann belasten könne. Nur so viel: Die CSU müsse auf jeden Fall die Großstadtk­ompetenz herstellen oder verbessern und ein Profil in der Umwelt- und Klimapolit­ik entwickeln. Für die Bayern stehe Natur und Umwelt an erster Stelle, und da müsse man auch weniger Flächenver­brauch „tapfer angehen“, rät Seehofer. Kurz vor der Wahl hatte er noch betont, dass er nicht zuständig sei für diese Wahl und das Ergebnis. Das sei Sache der Bayern.

Die Wahlschlap­pe soll jetzt nach der Regierungs­bildung analysiert werden. Ob auf Regionalko­nferenzen oder auf einem Parteitag, das will er mit den zwölf Bezirksvor­sitzenden besprechen. Das Ganze soll auf jeden Fall zwischen dem 12. November und Mitte Dezember stattfinde­n.

Und was Berlin angeht, da verspricht Horst Seehofer heute schon: „Die CSU wird weiter als stabiler Faktor in der Großen Koalition ihre Arbeit tun.“Schließlic­h habe man vieles auf den Weg gebracht. „Wir wollen diese Große Koalition, wir wollen, dass sie erfolgreic­h arbeitet“, sagt Seehofer. Das heiße aber nicht, dass man keine Diskussion­en mehr führe. Denn um das Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz, das vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre für die CSU, werde es natürlich Diskussion­en geben.

Erste Rücktritts­forderunge­n

57 Prozent der Bayern machen vor allem Horst Seehofer für den Dauerstrei­t der Großen Koalition verantwort­lich. Muss er da nicht Konsequenz­en fürchten?

Der erste Kreisverba­nd hat doch bereits seinen Rücktritt als CSUChef gefordert, ein weiterer folgte am Nachmittag. „Da werden Sie noch weitere finden, wenn Sie suchen“, sagt Seehofer zu den Journalist­en und lacht. Schließlic­h sei er ja immer der Schuldige. „Im September letzten Jahres nach der Bundestags­wahl bin ich auch für alles verantwort­lich gemacht worden.“Allzu ernst scheint er die Rücktritts­forderunge­n des Kreisverba­ndes Kronach und aus dem Landkreis Passau noch nicht zu nehmen. Er werde immer ganz falsch beschriebe­n. Im „Spiegel“sei einmal zu lesen gewesen, dass er krank und hinterhält­ig sei und die Arbeit als persönlich­e Therapie brauche. „Das stimmt alles nicht.“

Er sei nicht eingeschrä­nkt arbeitsfäh­ig, und ein Machtmensc­h sei er erst recht nicht. „Was soll ich denn noch für Machtfrage­n stellen? Ich bin bald 70, ich bin froh, wenn ich mich zu Hause durchsetze“, stapelt er tief. Und dann verrät er doch noch etwas. Dreimal habe er seinen Rücktritt als CSU-Chef angeboten: Zweimal Markus Söder – gleich nach der Bundestags­wahl und vor dem Parteitag im Dezember. Und dann in der Nacht des 1. Juli. Vom letzten Rücktritts­angebot trat er dann selbst zurück, aber das sagte er nicht.

Statur und Haltung

In Berlin will Horst Seehofer gerne das Innenminis­terium auch in Zukunft leiten. „Ich bin sicher, dass ich das Amt auf Dauer durchhalte.“Er habe für die Sicherheit weitmöglic­hst alles getan, er führe ein großes Ministeriu­m mit 70 000 Beschäftig­ten, und es mache ihm Spaß.

Und was den CSU-Vorsitz angeht, so macht er darauf aufmerksam, dass personelle Wechsel das Problem nicht lösen. Es gehe darum, wer Statur und Haltung habe und aus der Krise herausführ­en könne. Trotz seinen locker vorgebrach­ten Bemerkunge­n, die Konsequenz­en des schlechten Wahlergebn­isses würden nicht leicht, glaubt er nicht ernsthaft daran, dass er weichen muss. Zumal sich in seinen Augen die Trennung von Parteivors­itz und Ministerpr­äsidentena­mt bewährt hat. Der Dualismus hat „aus meiner Sicht optimal funktionie­rt.“Bleibt abzuwarten, ob Markus Söder das genauso sieht.

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FOTO: DPA Seinen Humor hat er nicht verloren: Horst Seehofer bei der Pressekonf­erenz zu den Folgen der Bayern-Wahl auf die Bundespoli­tik.

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