Produziert der Nuxit nur Verlierer?
Kreistag verabschiedet nach Debatte Stellungnahme zur möglichen Kreisfreiheit von Neu-Ulm
LANDKREIS (sz) - Es wird teuer. So ließe sich die zentrale Botschaft dieser 58 eng bedruckten Seiten zusammenfassen, über die der Kreistag am Freitag debattiert hat. Dieses Papierwerk stellt die offizielle Stellungnahme des Kreises zum Nuxit dar. Es hat keinerlei rechtliche Auswirkungen, denn in dem Verfahren um die Kreisfreiheit Neu-Ulms darf der betroffene Kreis gegenüber der Regierung von Schwaben zwar Stellung beziehen, aber kein Veto einlegen. So hätte es eigentlich genügt, nach ein paar Grundsatz- Erklärungen aus den Reihen der Kreistagsfraktionen einen Knopf an die Sache zu machen. Es wurde dann doch eine Drei-StundenDebatte, die deutlich an Schärfe gewann, als der Neu-Ulmer Oberbürgermeister Gerold Noerenberg das Wort ergriff.
In der argumentativen Auflistung der Kreisverwaltung zu den möglichen Nuxit-Folgen wurden auch Dinge angesprochen, die dem OB den Kamm schwellen ließen. Dazu gehörte die Feststellung, dass Neu-Ulm mit dem Nuxit-Wunsch teilweise die Gebietsreform von 1972 rückgängig machen wolle. Die Stadt „muss sich dazu allerdings der bei dieser Gebietsreform vorgenommenen Eingemeindungen bedienen“, weil die erforderliche Einwohnerzahl von 50 000 nur „zusammen mit den vormals eigenständigen Landkreisgemeinden“erreicht werde. Ein wesentliches Element in der Argumentation des Landratsamts sind die Veränderungen bei den Finanzen. Der Kreis befürchtet nach der erzwungenen Schrumpfkur „massive finanzielle Einbußen“. Die belaufen sich nach Schätzung des Kreiskämmerers für 2018 bis 2021 auf jährlich zwischen 6,7 und 8 Millionen Euro. Die müssten über eine Erhöhung der Kreisumlage ausgeglichen werden. Das wiederum führe dazu, dass die Kommunen sich das Geld anderswo holen, etwa durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer. Ein Argument, das stets eine Rolle in der Nuxit-Debatte spielte: Die Stadt profitiere laut Landratsamt vom Kreis. Seit 2008 seien knapp 56 Millionen Euro mehr nach Neu-Ulm geflossen, als die Stadt an Kreisumlage gezahlt habe. Von einer „Win-win-Situation“könne unterm Strich keine Rede sein. CSU-Fraktionschef Franz Clemens Brechtel sprach gar von einer „Lose-lose-Situation“, einem Zustand, in dem es nur Verlierer gebe.
Ferner wird in der Stellungnahme angeführt, es würden in den Verwaltungen unnötige Doppelstrukturen geschaffen, das Papier spricht von einem „Bürokratieaufbau“– was die Neu-Ulmer Seite am Freitag wieder entschieden zurückwies. Zudem sei die Zukunft der Donauklinik ungewiss, eine Lösung sei noch nicht in Sicht. Möglicherweise müsse die Kreisspitalstiftung zerschlagen werden. Fazit des Papiers, das in einer Klausurtagung mit den Fraktionsvorsitzenden abgestimmt worden war: Die Erfolgsgeschichte des starken Kreises mit seiner „starken und erfolgreichen Großen Kreisstadt NeuUlm“solle fortgeschrieben werden.
In der Debatte argumentierten diverse Redner, es sei doch besser, die bewährten Strukturen beizubehalten, denn größere Einheiten seien leistungsfähiger. Doch das bestreitet Gerold Noerenberg. In einer langen Stellungnahme, die er mit zuweilen galligem Unterton vortrug, nahm er das Papier der Kreisverwaltung auseinander. Es sei infam, wenn der Stadt vorgeworfen werde, sie wolle den Kreis zerstören. Das Argument mit den Einwohnerzahlen erinnere ihn an Kinderstreitigkeiten im Sandkasten. Für die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum Neu-Ulms habe der Landkreis nichts getan, darüber werde immer noch in den Rathäusern entschieden. Was die bewährten Strukturen betreffe, so dürfe mitnichten von der Vergangenheit auf die Zukunft geschlossen werden. Ärgerlich fand er auch das Argument, im Falle eines Nuxit müsse die Kreisumlage erhöht werden: „Das ist eine Drohung ohne Not.“Für das Papier votierten 44 Kreisräte, neun – fast alles Neu-Ulmer – lehnten es ab.