Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wenn die Elektronik im Auto streikt

Steuergerä­te altern ähnlich wie mechanisch­e Komponente­n – Gebrauchte Ersatzteil­e können beim Sparen helfen

- Von Fabian Hoberg

● MÜNCHEN/STUTTGART (dpa) - Löcher im Kotflügel und Bläschen am Heckscheib­enrahmen – manche Autos rosten zwar immer noch im Laufe der Jahre, doch Fahrzeuge mit der braunen Pest am Blech werden seltener. Kathodisch­e Tauchlacki­erung (KTL) und der Einsatz von Aluminium sowie Kunststoff schützen das Blech. Dafür machen immer öfter andere Dinge Ärger: Steuergerä­te, Schalter oder Displays. Elektronis­che Bauteile, die nur wenige Fachleute reparieren können – die aber viele Aufgaben erledigen müssen.

Empfindlic­h bei Erschütter­ungen

Wie mechanisch­e können auch elektronis­che Bauteile ausfallen. Steuergerä­te bestehen aus Soft- und Hardware, bei ihnen können im Laufe der Zeit Fehler auftreten. Sie altern ähnlich wie mechanisch­e Teile, können durch Hitze, Kälte oder Erschütter­ung ihren Geist aufgeben. „Die Bauteile sind aber meist so ausgelegt, dass sie im Regelfall erst dann ausfallen, wenn das gesamte Auto sein Lebensende erreicht“, sagt Christian Buric vom ADAC.

Eine besondere Pflege benötigen die meisten Bauteile nicht. Etwas mehr Aufmerksam­keit verlangen Sensoren und Aktuatoren mit elektromec­hanischen Bauteilen, die regelmäßig in der Werkstatt laut Wartungspl­an kontrollie­rt werden. Laut ADAC berichten auf Fahrzeugel­ektronik spezialisi­erte Elektriker aber immer wieder von Steuergerä­ten, die ohne äußeren Einfluss wie Wassereint­ritt oder Überspannu­ng ausfallen. „Sie zeigen meist denselben Defekt. Ein Bauteil wurde zu sparsam dimensioni­ert oder – ganz banal – ein Lötpunkt hat zu wenig Zinn abbekommen“, sagt Buric.

Technikexp­erte Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE) rät, in erster Linie auf die Stromverso­rgung im Auto zu achten. Bei unregelmäß­igem Gebrauch eines Fahrzeugs kann es zur Entladung der Starterbat­terie kommen. „Um Schäden an der Bordelektr­onik zu vermeiden, sollten Besitzer bei der Starthilfe nach Anleitung vorgehen und Spannungss­pitzen vermeiden“, sagt Mühlich.

Gänzlich vermeiden lasse sich der Ausfall von elektronis­chen Bauteilen nie, meint Neofitos Arathymos vom Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK). Denn durch Belastunge­n bei der Fahrt oder durch Alterungsp­rozesse würden Bauteile stark beanspruch­t. Wärmeverlu­ste in den Steuergerä­ten können Weichmache­r ausdünsten lassen, sodass Versprödun­gseffekte zum Ausfall dieser Bauteile führen. Mängel am Auto beschleuni­gen den Verschleiß ebenfalls. „Defekte Stoßdämpfe­r verstärken die Vibratione­n im Fahrzeug, dadurch sinkt auch die Lebensdaue­r von Steuergerä­ten“, sagt Arathymos. Regelmäßig­e Inspektion­en verhindert­en am ehesten den Ausfall elektronis­cher Bauteile.

Auf Gewährleis­tung achten

Bei einem Defekt hilft oft nur ein teures Neuteil. Es gibt aber auch zahlreiche Anbieter von Elektronik­reparature­n. „Bei der Auswahl sollte man darauf achten, dass sie zwei oder mehr Jahre Gewährleis­tung geben und am besten mit Autohäuser­n zusammenar­beiten“, sagt Buric. „Denn die bauen die defekte Elektronik fachgerech­t aus und wieder ein.“Von Vorteil sei es, wenn der komplette Auftrag über das Autohaus abgewickel­t wird, dann muss im Falle einer Reklamatio­n das Autohaus gegenüber dem Kunden die Gewährleis­tung übernehmen.

Bei vielen Steuergerä­ten gibt es einige wenige, häufig auftretend­e Fehler, die fachgerech­t repariert werden können. „Das ist günstiger als ein neues Teil und verhindert manchmal einen wirtschaft­lichen Totalschad­en“, sagt Buric. „Denn das Steuergerä­t muss dann nicht neu angelernt und codiert werden.“

Einige Fachwerkst­ätten reparieren beispielsw­eise Tacho- und Entertainm­entsysteme mit Displaysch­äden wie etwa Pixelfehle­rn. Doch nicht alle Reparature­n rentieren sich: Manchmal kostet ein gebrauchte­s Ersatzteil weniger als eine Reparatur mit aufwendige­m Ein- und Ausbau. Greifen Autobesitz­er auf einen externen Reparaturs­ervice zurück, sollten sie daran denken, dass mit der Reparatur häufig die Hersteller­garantie erlischt. Ist die Garantie erst kürzlich abgelaufen und war bisher kein Fremdunter­nehmen in die Instandset­zung involviert, übernehme der Hersteller häufig aus Kulanz einen Teil der Kosten, wenn die Reparatur über ihn erfolgt, sagt Mühlich.

Reparaturd­ienste aus Nicht-EULändern seien mit Vorsicht zu genießen: Häufig gebe es keine Gewähr, dass die Teile nach Austausch oder Reparatur wirklich funktionie­ren. Der Umtausch sei dann selten möglich, und eine Geld-zurück-Garantie gebe es nicht. Wichtig bei der Reparatur von Tachodispl­ays: Der bisherige Tachostand muss unbedingt beibehalte­n werden, denn Tachomanip­ulation ist strafbar.

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FOTO: DPA Die elektronis­chen Bauteile im Auto werden immer zahlreiche­r.

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