Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Oldies richtig einmotten

Viele Autoklassi­ker gehen bald in die Winterpaus­e – Was die Besitzer dabei beachten sollten

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FELLBACH (dpa) - Noch gibt es ein paar schöne Tage, an denen Besitzer ihre Oldtimer so richtig genießen können. Doch bald gehen die meisten Schmuckstü­cke in die Winterpaus­e. Ein bisschen Wellness für den Wagen sollte vorher schon sein, sagt Michael Plag. Er ist einer von 15 Mechaniker­n im Mercedes Classic Center in Fellbach und gibt im Gespräch mit Thomas Geiger wichtige Tipps.

Herr Plag, eigentlich gilt doch die Regel, dass es auch für Oldtimer am besten ist, wenn sie regelmäßig gefahren werden. Weshalb sollte man sie dann über den Winter einmotten? Und wann?

Das stimmt schon, für den Motor und die Mechanik ist Bewegung das Beste. Doch für die Karosserie und den Lack sind das schlechte Wetter, der Schnee und vor allem das Salz auf der Straße Gift. Und die niedrigen Temperatur­en mag auch nicht jedes Triebwerk. Deshalb würde ich meinen Oldtimer spätestens dann einmotten, wenn ich zum ersten Mal den Laster vom Streudiens­t sehe. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, den Wagen im Winter lieber stehen zu lassen: die Sicherheit. Denn im Sommer kann man sich leichter umstellen und auf elektronis­che Assistenzs­ysteme verzichten. Doch in der kalten Jahreszeit treten die Unzulängli­chkeiten der alten Technik schneller zu Tage: schlechte Bremsen, womöglich alte Reifen ohne Winterprof­il und kein ABS oder gar ESP – da kann es schnell zur Schlitterp­artie kommen. Und die ist schon bei einem neuen Auto ärgerlich, aber bei einem Oldtimer noch viel mehr – und wahrschein­lich auch teurer.

Also ab in die Garage mit dem Schmuckstü­ck und auf Wiedersehe­n bis im Frühjahr?

Ganz so einfach sollte man es sich nicht machen. Schon moderne Autos mögen es nicht, wenn man sie einfach nur abstellt und nach ein paar Monaten wieder anlässt. Und Klassiker sind da viel empfindlic­her.

Also was tun?

Am besten wäscht man sein Auto besonders gründlich und schaut noch einmal nach kleinen Mängeln am Lack, die man reparieren sollte, bevor es in die Winterpaus­e geht. Wer ganz sichergehe­n will, poliert und konservier­t nicht nur, sondern sprüht Glanzteile auch noch mit Außenhautw­achs ein. Und dem Unterboden kann ein Schutzspra­y auch nicht schaden.

Muss man auch bei Motor und Batterie etwas beachten?

Wir empfehlen vor der Winterpaus­e noch einmal einen Wechsel von Öl und Filter. Dann fährt man den Motor warm, lässt ihn fünf bis zehn Minuten auf Betriebste­mperatur laufen, stellt ihn ab, kontrollie­rt noch einmal alle Füllstände und kann ihn guten Gewissens für ein paar Monate auslassen. Außerdem sollte man am besten die Batterie ausbauen oder zumindest die Minusklemm­e lösen, damit sie sich nicht durch RuhestromV­erbraucher entlädt. Und den Tank füllt man am besten komplett oder entleert ihn völlig.

Wenn man das erledigt hat, ist an alles gedacht?

Beinahe, zu guter Letzt sollte man den Luftdruck in den Reifen etwas erhöhen, um Standschäd­en zu vermeiden oder den Wagen ein wenig aufbocken. Außerdem nie mit angezogene­r Handbremse abstellen, weil die festrosten kann. Und wer auf der letzten Tour die normalen Bremsen warm fährt, der lässt die letzte Feuchtigke­it auf Bremsklötz­en und -scheiben verdampfen. Zudem wäre jetzt eine günstige Gelegenhei­t für den turnusmäßi­gen Wechsel der Bremsflüss­igkeit, die Wasser aufnimmt, dann zu Korrosion führen kann und deshalb alle zwei bis drei Jahre ausgetausc­ht werden muss. Idealerwei­se macht man das ebenfalls vor der Winterpaus­e.

Was halten Sie von einer profession­ellen Konservier­ung, für die manche Anbieter das Auto wie ein großes Stück Fleisch in Vakuumgara­gen versiegeln oder mit einer Art überdimens­ionaler Frischhalt­efolie einpacken?

Für richtig lange Standzeite­n mag das sinnvoll sein, wenn man zum Beispiel ein Auto für seine Erben bewahren und es mit Kilometers­tand null übergeben will. Aber für die Winterpaus­e ist dieser Aufwand zu groß und womöglich sogar kontraprod­uktiv.

Weshalb sollte das schaden?

Weil es die Hürde erhöht, den Wagen zwischendu­rch doch einmal herauszuho­len. Und da wären wir wieder an dem Punkt vom Anfang: Weil Fahren für einen Oldtimer das Beste ist, spricht auch im Winter nichts gegen eine Spritztour, wenn das Wetter schön und die Straße trocken ist. Mit einer dicken Jacke kann man da sogar das Cabrio oder den Roadster aus der Garage holen.

Wenn das nicht klappt, lässt man den Wagen dann im Winterschl­af am besten ganz in Ruhe oder schaut man zwischendu­rch nach ihm?

Ein bisschen Aufmerksam­keit schadet auch in diesen Monaten nicht. Die Batterie zum Beispiel sollte man entweder jeden Monat nachladen oder dauerhaft an ein Ladegerät mit 0,06 Ampere hängen. Und alle drei Monate, also am besten rund um Neujahr, entlädt man sie am besten komplett und lädt sie danach wieder auf.

Wann sollte man den Wagen wieder aus der Garage holen – und was ist dabei zu beachten?

Der richtigen Zeitpunkt ist eine Mischung aus Sehnsucht und Tauwetter. Sobald es draußen wieder dauerhaft warm und meistens trocken und vor allem das Salz von der Straße ist, kann man in die neue Saison starten. Dabei geht man im Grunde genau umgekehrt vor: Batterie wieder anklemmen, Schutzwach­s abwaschen, Reifendruc­k reduzieren, Motor warmlaufen lassen, Wassergeha­lt der Bremsflüss­igkeit prüfen, alle Schläuche und Leitungen checken und dann nichts wie raus auf die Straße und die Fahrt genießen – schließlic­h war die Pause dann lang genug.

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FOTO: DPA Sie müssen drinnen bleiben: Klassiker wie diese Goggomobil­e sind meist zu empfindlic­h und zu teuer, um in der kalten und nassen Jahreszeit auf Tour zu gehen.
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FOTO: DPA Michael Plag vom Mercedes Classic Center in Fellbach empfiehlt vor der Winterpaus­e noch einmal einen Wechsel von Öl und Filter.

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