Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Debatte um Merkels Plan gegen Fahrverbot­e

Opposition empört über Gesetzesin­itiative der Kanzlerin in Sachen Diesel – Lob von Strobl

- Von Markus Sievers und unseren Agenturen

● BERLIN/STUTTGART - Kurz vor der Landtagswa­hl in Hessen kocht die Debatte über drohende Dieselfahr­verbote weiter hoch. Die Bundesregi­erung bekräftigt­e am Montag die Position von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), dass Sperrungen in Städten mit geringen Grenzwertü­berschreit­ungen bei der Luftversch­mutzung in der Regel nicht verhältnis­mäßig wären. Ob allerdings, wie von Merkel am Sonntagabe­nd angekündig­t, Fahrverbot­e per Gesetz verhindert werden können, blieb offen. „Am Ende entscheide­t eine Kommune selbst, ob sie ein Fahrverbot verhängt oder nicht“, sagte ein Sprecher von Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) in Berlin. Umweltverb­ände und Opposition kritisiert­en die Pläne.

Konkret will die Regierung Merkel für Städte, die den Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoff­dioxid (NO2) je Kubikmeter Luft um höchstens zehn Mikrogramm überschrei­ten, „Klarheit bei der Verhältnis­mäßigkeit“schaffen, wie das Umweltmini­sterium erläuterte. Neben Berlin könnte somit unter Umständen auch die hessische Metropole Frankfurt um Dieselfahr­verbote herumkomme­n. In Hessen wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt.

Empört zeigte sich Cem Özdemir (Grüne), der Vorsitzend­e des Verkehrsau­sschusses, über Merkels Ziel, Fahrverbot­e per Gesetz zu verhindern. „Das ist ein Treppenwit­z“, sagte er am Montag der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Kanzlerin nehme den Druck von den Automobilh­erstellern, „wenn sie jetzt die Gesetze an Abgase und Luftversch­mutzung anpassen möchte. Umgekehrt müsste es sein! Der Abgasausst­oß muss an die Gesetze angepasst werden.“

Gemischt fielen die Reaktionen in Stuttgart aus. Hans-Ulrich Rülke, Chef der FDP-Landtagsfr­aktion, forderte die Landesregi­erung auf, die Anfang 2019 geplanten Fahrverbot­e in der Landeshaup­tstadt zu kippen. Ein Sprecher von Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) sagte: „Wir warten dringend auf konkrete Vorschläge und nicht auf die Ankündigun­g von Vorschläge­n.“Vizeregier­ungschef Thomas Strobl (CDU) sagte, die Pläne im Bund gingen in die „richtige Richtung“.

WASHINGTON/MÜNCHEN (dpa) Die US-Kartellbeh­örde hat die Fusion des Industrieg­aseherstel­lers Linde mit dem US-Konkurrent­en Praxair mit hohen Auflagen genehmigt. Die Federal Trade Commission betonte am Montag in Washington, dass Linde und Praxair sich aus neun Teilbereic­hen des Industrieg­asgeschäft­s zurückzieh­en sollen. Die zwei Unternehme­n haben demnach zugesagt, diese Auflagen innerhalb von vier Monaten umzusetzen.

Die US-Behörde hatte alle Beteiligte­n auf die Folter gespannt, weil die aktienrech­tlich erlaubte Frist für die Fusion am 24. Oktober abläuft. Linde und Praxair wollen gemeinsam den französisc­hen Rivalen Air Liquide übertrumpf­en und weltgrößte­r Hersteller von Industrieg­asen werden. Die EU-Kommission hat bereits ihre Zustimmung erteilt.

Wenn die Fusion nun wie geplant über die Bühne geht, verliert Deutschlan­d gegen den Widerstand der Arbeitnehm­er damit den Sitz eines traditions­reichen Industrieu­nternehmen­s. Das neue Unternehme­n soll zwar nach wie vor Linde heißen, doch als Chef vorgesehen ist der Praxair-Vorstandsv­orsitzende Steve Angel. Er soll den Konzern künftig von Danbury in den USA aus führen. Unternehme­nssitz soll aber die irische Hauptstadt Dublin werden, auch aus Steuergrün­den.

Der langjährig­e Linde-Vorstandsc­hef und heutige Aufsichtsr­atschef Wolfgang Reitzle soll Aufsichtsr­atschef des neuen Weltmarktf­ührers werden. Er hatte die Fusion gegen den Widerstand der Arbeitnehm­er im Aufsichtsr­at vorangetri­eben.

Zusammen würden der Münchner Traditions­konzern und sein US-Konkurrent Praxair ein Viertel des Weltmarkts beherrsche­n, mit rund 80 000 Mitarbeite­rn und gut 24 Milliarden Euro Jahresumsa­tz. Die beiden Unternehme­n und die Investoren verspreche­n sich von der Fusion Synergien von 1,1 Milliarden Euro im Jahr.

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FOTO: DPA Logos der deutschen Linde AG und der US-Firma Praxair: Die USKartellb­ehörde hat einer Fusion der beiden Industrieg­aseherstel­ler zugestimmt.

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