Mehr Gewinn für VW und Freiheit für Ex-Audi-Chef
Haftbefehl gegen Stadler ausgesetzt – Wolfsburger Autobauer bestätigt Jahresziele
WOLFSBURG/MÜNCHEN/HANNOVER (dpa) - Volkswagen hat trotz Dieselkrise, drohender Fahrverbote oder neuer Abgastests erneut Milliarden verdient. Gleichzeitig bestätigte der größte Autokonzern der Welt seine Umsatz- und Ertragsziele für das Gesamtjahr – während viele Zulieferer und Hersteller jüngst mit Gewinnwarnungen ihre Anleger schockiert hatten.
Trotz gestiegener Gewinne in den ersten neun Monaten kann der Konzern den Abgas-Skandal aber weiter nicht abschütteln: Kaum hatte VW seine Quartalszahlen vorgelegt, wurde bekannt, dass Ex-Audi-Chef Rupert Stadler aus der Untersuchungshaft entlassen wird.
Denn nach vier Monaten in UHaft setzte das Oberlandesgericht München den Haftbefehl vom Juni am Dienstag gegen Auflagen außer Vollzug. Dennoch bestehe der Betrugsverdacht im Zusammenhang mit der Abgasaffäre weiter, teilte das Gericht mit. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft Stadler vor, in Europa den Verkauf von Dieselautos mit manipulierten Abgaswerten auch nach Aufdeckung der Betrügereien in den USA geduldet zu haben.
Kontaktverbot und Kaution
Ob Stadler dies weiterhin bestritten hat, ist nicht bekannt. Unter der Auflage, jeden Kontakt „zu allen für das Ermittlungsverfahren relevanten Personen“zu vermeiden und gegen Zahlung einer Kaution setzte der Senat den Haftbefehl außer Vollzug.
Zuvor hatte Volkswagen bekanntgegeben, in den ersten neun Monaten 2018 mehr verdient zu haben. Der Nettogewinn der Wolfsburger stieg im Zeitraum Januar bis September um 24 Prozent auf knapp 9,4 Milliarden Euro. Das Ergebnis im laufenden Geschäft vor Sondereinflüssen lag mit 13,3 Milliarden Euro in etwa auf Vorjahresniveau (13,2 Milliarden Euro). Besondere Effekte eingerechnet, gab es ein kleines Plus von 10,6 auf 10,9 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg um 2,7 Prozent auf 174,6 Milliarden Euro.
Die Jahresprognosen zu Umsatz und Gewinnspanne im laufenden Geschäft bestätigte der Konzern: Nach wie vor strebt VW ein Umsatzplus von bis zu 5 Prozent an, die um Sondereinflüsse bereinigte Rendite soll zwischen 6,5 und 7,5 Prozent liegen.
Risiken durch Handel und Gerichte
Eine Reihe von Baustellen trübt den Ausblick: So belastete der Handelskonflikt zwischen China und den USA im dritten Quartal die Geschäfte, gleichzeitig fiel bei der Marke mit dem VW-Emblem die Umstellung auf WLTP spürbar ins Gewicht: Von Juli bis September verbuchte die Marke einen Betriebsgewinn von rund 200 Millionen Euro. Vor einem Jahr waren es noch 728 Millionen Euro. Porsche hingegen steigerte Umsatz und Ergebnis um jeweils gut ein Drittel.
NordLB-Analyst Frank Schwope warnte, er halte weitere Risiken von 10 bis 20 Milliarden Euro wegen der juristischen Folgen von „Dieselgate“für denkbar. Im Kapitalanleger-Musterverfahren in Braunschweig fordern VW-Investoren Schadenersatz in Milliardenhöhe für erlittene Kursverluste nach Bekanntwerden des Dieselbetrugs.
Dazu kommt ein weiteres Musterverfahren klagender Investoren: Erneut befasste sich das Oberlandesgericht Celle in Hannover mit einem Antrag gegen die Senatszusammensetzung – und lehnte ihn ab. Es geht um die Übernahmeschlacht zwischen der Porsche Automobil Holding SE und Volkswagen vor etwa zehn Jahren. Kursturbulenzen hatten damals einige Anleger viel Geld gekostet. Das Verfahren wurde vertagt.