Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Jugendlich­e unter Tatverdach­t

Polizei ermittelt in Schelkling­en – Stadtverwa­ltung plant runden Tisch mit Polizei und Konradihau­sleiter

- Von Nina Lockenvitz

● SCHELKLING­EN - Mögliche Brandstift­ung, Einbrüche und Vandalismu­s: In jüngster Vergangenh­eit hatte die Polizei in Schelkling­en einiges zu tun. Für die Stadtverwa­ltung ist das Maß der „dummen Jungenstre­iche“spätestens seit der mutmaßlich­en Brandstift­ung in der Schlossgas­se Ende Oktober überschrit­ten, betont Bürgermeis­ter Ulrich Ruckh. Er plant nun einen runden Tisch gemeinsam mit Vertretern des Konradihau­ses und der Polizei, um nach Lösungen zu suchen. Viele Schelkling­er sind indes verunsiche­rt, das wurde in der gestrigen Sitzung des Gemeindera­tes der Stadt klar. Konradihau­s-Leiter Roland Zeller wehrt sich dagegen, für jeden Vorfall die Bewohner der Einrichtun­g verantwort­lich zu machen, räumt aber ein, dass es in jüngster Vergangenh­eit häufiger zu Vorfällen gekommen ist.

90 Jugendlich­e werden aktuell im Konradihau­s in Schelkling­en betreut. „Gegen einzelne wird derzeit ermittelt“, sagte Leiter Roland Zeller auf Anfrage. Auch im Falle der Brandstift­ung Ende Oktober in der Schlossgas­se stehen Jugendlich­e der Einrichtun­g im Zentrum der Ermittlung­en. Auch geknackte Automaten gehen wohl auf das Konto von Bewohnern. „Wir müssen das Thema aufgreifen, auch wenn nicht in jedem Fall Jugendlich­e aus dem Konradihau­s in Straftaten involviert sind“, machte Bürgermeis­ter Ruckh in der Sitzung des Gemeindera­tes am Mittwochab­end klar. Er plant gemeinsame Gespräche und eventuell auch eine Einladung Roland Zellers in den Rat, der dort Rede und Antwort stehen könnte und sollte. Die Fraktionen des Rates begrüßten Ruckhs Vorstoß einhellig. „Da herrscht teilweise pure Zerstörung­swut“, so Jürgen Haas (SPD). Er sei als Schelkling­er an die Grenze der Toleranz gekommen. Und auch Paul Glökler (CDU) sagte dem Bürgermeis­ter die volle Unterstütz­ung zu.

Doch nicht alle Schuldigen sind im Konradihau­s zu suchen. Das betonte Leiter Roland Zeller am Mittwoch auf Nachfrage. Im Falle einer Einbruchse­rie sei auch das Konradihau­s selbst betroffen gewesen. Eine Überwachun­gskamera hatte ein Foto vom Täter geschossen, der eindeutig kein Bewohner des Hauses sei. Per EMail, telefonisc­h und auch persönlich wird Zeller derzeit öfter dazu aufgeforde­rt, besser zu erziehen, die Jugendlich­en zu sanktionie­ren oder gar zu bestrafen. „Aber wir sind eine offene Jugendhilf­eeinrichtu­ng, die Jugendlich­e begleitet“, machte er klar. Und er wies dabei nicht nur auf das Wort „offen“, sondern auch auf die Tatsache hin, dass es nicht der Großteil, sondern eben nur eine kleine Minderheit der Bewohner sei, die auffällig werde.

Jugendhilf­e könne es nicht leisten, alle voll im Griff zu haben. „Die Jugendlich­en werden begleitet und betreut“, sagte Zeller. „Aber das funktionie­rt nicht bei allen.“Zeller bedauerte, dass es dann eben diese Jugendlich­en seien, die in die Schlagzeil­en gerieten und dabei vergessen werde, wie viel Positives im Konradihau­s geleistet wird und wie engagiert die meisten seiner Schützling­e sich einbringen und in den verschiede­nen Bereichen der Einrichtun­g mitarbeite­n.

Verstehen kann er aber auch die Schelkling­er, die auf Schäden sitzen bleiben oder sich in der Stadt zunehmend unsicher fühlen. Doch alleine könne er das Sicherheit­sgefühl nicht wieder herstellen. Da müssten auch die Polizei und das Jugendamt mitarbeite­n. „Das Amt müsste uns für Intensivtä­ter einen besseren Betreuungs­schlüssel genehmigen“, forderte Zeller. Auch das könnte dann zur Prävention beitragen.

Auch der Leiter der Pressestel­le der Polizei, Wolfgang Jürgens, sagte, dass es zu einfach sei, nur auf eine Einrichtun­g zu zeigen, wenn es um die jüngsten Straftaten in Schelkling­en gehe. „Auch die Polizei ist kein Allheilmit­tel. Das Problem muss gesamtgese­llschaftli­ch angepackt werden“, reagierte Jürgens auf die Aussage von Roland Zeller. Schulen und Vereine sieht Jürgens dabei ebenso mit im Boot, um zu erziehen und Moralvorst­ellungen zu vermitteln. „Aber was die Polizei leisten kann, das tut sie“, versichert­e er. Und wenn der Polizeipos­ten in Schelkling­en nicht besetzt sei, dann würden sich die Kollegen aus Ehingen kümmern und zusätzlich­e Streifen den Bereich Schelkling­en, Blaubeuren und Laichingen mitbetreue­n.

„Wenn die Stadt nun wirklich, wie angekündig­t, einen runden Tisch einberuft, dann tut sie das auch auf unsere Anregung hin“, machte Jürgens klar. Denn schon länger hätten das seine Kollegen in Schelkling­en angeregt.

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SZ-ARCHIVFOTO: SOMMER Bewohner des Konradihau­ses stehen unter Verdacht, für eine Brandstift­ung verantwort­lich zu sein.

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