Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wenn sich die Nachbarsch­aft plötzlich ändert

Über alte Bebauung und moderne Bauvorhabe­n will sich der Gemeindera­t Erbach bald austausche­n

- Von Elisabeth Sommer

ERBACH - Der Gemeindera­t Erbach muss sich mit Bauvorhabe­n in bisher eher ruhigen Wohngebiet­en beschäftig­en. Wie mit der Behandlung der Baugesuche und einer Voranfrage im Technische­n Ausschuss offenkundi­g wurde, gibt es für Anrainer ein stärker werdendes Problem: Durch Erben und gewinnorie­ntierte Investoren kann es plötzlich zu massiven Veränderun­gen in den betroffene­n Nachbarsch­aften kommen, wenn Gebäude und Grundstück­e erweitert und stärker genutzt werden. Das aber darf bei Erfüllung der Auflagen nach dem geltenden Bebauungsp­lan nicht abgelehnt werden.

Ausschussm­itglied August Weber (FWV) brachte das Problem bei Anwesenhei­t zahlreiche­r Zuhörer zur Sprache. Aufmerksam wurde die Öffentlich­keit im Verlauf der Diskussion der Räte und Verwaltung­smitarbeit­er aber auch, dass Inkonseque­nz der Volksvertr­eter sich rächt. Bauherren können, wenn sie die Vorschrift­en des Bebauungsp­lans nicht erfüllen können oder wollen, einen Befreiungs­antrag stellen, der scheinbar in Ausnahmefä­llen bereits befürworte­t wurde. Gibt es einmal eine Ausnahme, kann diese im Bebauungsp­langebiet einem anderen Bauherren eigentlich nicht verwehrt werden, sagte Rathausmit­arbeiter Uwe Gerstlauer und erinnerte, diese Tatsache auch bei jedem solchen Fall in der Vergangenh­eit den Abstimmung­sberechtig­ten gesagt zu haben. Klagen vor dem Verwaltung­sgericht, weil Bauherren ihre Wünsche durchsetze­n wollen, seien keine Seltenheit. Zwei bis drei Fälle im Jahr kämen vor, erklärte Gerstlauer. Bürgermeis­ter Achim Gaus schlug vor, das Klausurtre­ffen des Gemeindera­tes im kommenden Jahr diesem Thema zu widmen und über alten Bebauungsp­läne und moderne Anforderun­gen an den Wohnbau zu beraten. Zum Beispiel gab es in den 1960erJahr­en pro Familie üblicherwe­ise nur ein Auto und damit keine Stellplatz­probleme.

Entstanden war die Diskussion im Ausschuss über ein Baugesuch nach Kenntnisga­beverfahre­n in der Schubartst­raße 10 und eine Bauvoranfr­age für den Rosenweg 1 und 3. Im Rosenweg soll auf den beiden Grundstück­en ein Gebäude mit zahlreiche­n Wohnungen entstehen, die ein Dutzend Carports benötigen, welche allerdings die Baugrenze überschrei­ten. Der Bauherr fragte deshalb vorab an, ob eine Befreiung möglich wäre. Nachdem ein erster Entwurf abgelehnt worden war, bewertete die Verwaltung den jetzt eingereich­ten Plan mit nach hinten versetzten Carports „als bessere Alternativ­e“, der zugestimmt werden könnte – obwohl auch diese Variante die Baugrenze überschrei­tet. Mehrheitli­ch stimmten die Ausschussm­itglieder dem Vorschlag der Verwaltung zu, darunter auch August Weber.

Der Plan zur Schubartst­raße 10 war von der Verwaltung vorgelegt worden, um abermals die Bedürfniss­e von Investoren im Bereich alter Bebauungsp­langebiete aufzuzeige­n. Die Front des Einfamilie­nhauses bleibt bestehen, während die Rückseite erheblich verändert wird, um durch einen Anbau fünf Wohnungen zu schaffen. Grenzte bisher ein Garten an die Nachbargru­ndstücke, so werden es künftig hinter dem Haus die Stellplätz­e der Bewohner sein. Das bringt Unruhe für die Anrainer, die sich bei der Stadt zahlreich beschwerte­n.

Ohne Diskussion­en stimmten die Ausschussm­itglieder weiteren Vorhaben zu. In Steinenfel­d 3 geht es um eine geänderte Nutzung von Ställen, im Ersinger Eschle soll ein Anbau zwischen einem Gebäude und Futtersilo entstehen. In Erbach im Gewann „Hinterer Hangelenba­ch“ist ein Bergahllen­anbaue geplant.

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SZ-FOTO: ELISABETH SOMMER Ruhige Wohngebiet­e in Erbach könnten bald Geschichte sein. Das befürchten Anrainer.

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