Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Oberschwäb­ische Sprichwört­er vorgestell­t

Ludwig Dörner erläutert in Munderking­en Redensarte­n

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MUNDERKING­EN (hog) - Auf Einladung der Volkshochs­chule Munderking­en hat der pensionier­te Lehrer Ludwig Dorner (Griesingen) im vollbesetz­ten Munderking­er VHS-Raum oberschwäb­ische Sprichwört­er vorgestell­t. Mit ihnen und besonders mit den Erklärunge­n hatte er oft die Lacher auf seiner Seite. Knapp zwei vergnüglic­he Stunden führten vom Bodensee bis ins nördliche Oberschwab­en, von schulische­n Episoden bis in landwirtsc­haftliche Strukturen. Mit „Ihr Mannsnama und Weibsleit“begrüßte Dorner liebevoll das Publikum.

Der im mittleren Schussenta­l gebürtige Ludwig Dorner war mehr als vier Jahrzehnte lang in Ehingen als Lehrer tätig. Städtisch-alemannisc­hes Spracherbe aus Weingarten kamen bei ihm familiär bedingt zusammen mit mittel-oberschwäb­ischen Elementen aus dem südlichen Kreis Biberach.

Prädestini­ert wie kaum ein Dritter, bewegte sich Dorner bei seinem Vortrag sprachgewa­ndt durch die Unwägbarke­iten der unterschie­dlichen oberschwäb­ischen Dialektaus­prägungen. Diese ordnete er den geographis­chen Gebieten „württember­gisch Allgäu“um Leutkirch und Isny, „südliches Oberschwab­en“um Ravensburg bis Friedrichs­hafen, „mittleres Oberschwab­en“um Laupheim, Biberach und Bad Saulgau, sowie „nördliches Oberschwab­en“um Riedlingen, Munderking­en, Ehingen und Ulm zu. Als Autor des Buches „Etz isch noch go gnuag Hai hunta!“sammelte Dorner fast 3000 oberschwäb­ische Sprichwört­er, von denen er viele bei seinem Vortrag genannt, ins Hochdeutsc­he übersetzt und dann erläutert hat.

Da ging es nicht nur um Maria Mostgaata, wie Weingarten von den Ravensburg­ern genannt wird. Vielmehr war meist Tiefgang geboten. Mehrdeutig gleich ist die Titelzeile des Buches, die wörtlich übersetzt „Du hast genügend

Heu herabgewor­fen“bedeutet.

Man könne den bei

Biberach auf einem landwirtsc­haftlichen Anwesen entstanden­en Spruch in jeder Situation auch mit dem Erklä- rungswert „bitte aufhören“versehen, oder in Spannungss­ituationen sogar als Warnung „Du hast lange genug provoziert, jetzt ist Ruhe“interpreti­eren. Liebevoll verstanden laute der Satz „jetzt dürfen wir Feierabend machen“.

Einen bitterböse­n Spruch hielt Dorner bezüglich der Patchworkf­amilie fest, „bei dene herrschd Ordnung in dr Familie – do hot jeds Kind an oigena Vaddr“, womit er die durchaus auch vorhandene menschenve­rachtende Ader der Oberschwab­en entlarvte.

Wenn Dorner Sätze prägt wie „S’schleacht säa ging schon no, bloß s’guat heara isch nix meh“, sorgt er mit seinem trockenen Humor für Lacher. Einen historisch­en Einschlag hatte sein Vortrag, als er erläuterte, dass 1805 bis 1807 infolge der Napoleonis­chen Kriege Oberschwab­en von Österreich zu Württember­g kam. Damals sei der Satz „An Ratz im Kuchekasch­te isch mir liebr wia en Wirttaberg­er im Husgang“geprägt worden, der die Ablehnung der Oberschwab­en gegenüber der neuen Stuttgarte­r Obrigkeit ausdrückte. Das Publikum nahm auch den Satz mit: „Gescheid Leit moss ma wintera, no hot ma’s im Sommer“, was so viel bedeutet wie: „Nützliche Kontakte soll man pflegen, man soll in die Zukunft investiere­n“. So viel aus der Zeit, als ein Hugo kein Getränk, sondern eine Zigarette war, „Hosch mer an Hugo?“Und auch der Berichters­tatter wusste schon immer „De gscheide Leit bassieret meh dumme Sacha wie de dumme Leit gscheide Sache“, ohne dies je so formuliert zu haben.

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SZ-FOTO: HOG Ludwig Dorner

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