Albi schließt das Werk auf der Alb
Der Mangel an Auszubildenden in Baden-Württemberg ist regional stark unterschiedlich
BERGHÜLEN (sz) - Schock für die etwa 70 Beschäftigten des Fruchtsaftherstellers Albi mit Sitz in Berghülen im Alb-Donau-Kreis. Im ersten Quartal 2019 soll das Werk des einstigen Familienunternehmens laut einer Mitteilung des Betriebsrates geschlossen werden. Vor gut einem Jahr hatte Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka Albi übernommen, nun soll die Produktion schrittweise nach Rostock verlagert werden. Die Zukunft der Mitarbeiter ist derzeit noch ungewiss.
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RAVENSBURG - Die Bewerberzahl geht nur leicht zurück, das Ausbildungsangebot steigt – für BadenWürttembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut eine gute Nachricht. „Ein stabiler Ausbildungsmarkt ist angesichts unseres großen Bedarfs an Fachkräften eine wichtige, positive Entwicklung“, sagte die CDU-Politikerin bei der Präsentation der Zahlen zum Ausbildungsjahr 2018, die sie gemeinsam mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit vorgestellt hat.
Die Zahlen machen deutlich, dass es mehr Ausbildungsstellen gibt als Bewerber. Rund 82 000 Ausbildungsstellen standen 66 000 Bewerbern gegenüber. Während die Zahl der verfügbaren Stellen um 3440 anstieg, ging die Zahl der Bewerber jedoch um 1200 zurück. Mehr als die Hälfte der Bewerber hat einen Ausbildungsvertrag unterschrieben. Rund 1000 Bewerber seien am Ende des Berufsberatungsjahres noch vollständig unversorgt gewesen - 84 mehr als im Vorjahr.
Unattraktive Lehrstellen
Ein aktuelles Problem für Bewerber seien laut Gabriele Frenzer-Wolf vom Deutschen Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg unattraktive Ausbildungsstellen: „Lehrstellen bleiben dort unbesetzt, wo die Ausbildung unattraktiv ist oder wo die späteren Berufsperspektiven nur mäßig sind.“Arbeitgeber müssten die Qualität der Ausbildung erhöhen. Das haben viele Betriebe in der Region erkannt, wie beispielsweise die Handwerkskammer Konstanz belegt: In allen Gewerken hätten sich Handwerksbetriebe darauf eingestellt, dass sich die Nachwuchssuche schwieriger und aufwendiger gestaltet. Gründe dafür seien sinkende Schülerzahlen, anhaltender Trend zum Studium und ein sich verschärfender Wettbewerb um Fachkräfte. „Besonders erfolgreich ist dabei, wer mit einer hohen Ausbildungsqualität bei den Jugendlichen punkten kann“, sagt ein Sprecher der Handwerkskammer. Und das habe sich bewährt: „Betriebe, die mit einem Ausbildungszertifikat der Handwerkskammer Konstanz als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet wurden, haben ihre Chancen auf dem Bewerbermarkt deutlich erhöht“, so der Sprecher.
„Wenn wir den Ausbildungsmarkt in Baden-Württemberg betrachten, ist er einer der günstigsten in Deutschland“, sagte Christian Rauch von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. Die Schere zwischen gemeldeten Bewerbern und Ausbildungsstellen gehe immer weiter auseinander, was ein Vorteil für die Bewerber sei. Betrachte man jedoch die Regionen im Land, so zeigten sich deutliche Unterschiede. Das zeigen unter anderem die Zahlen der Handwerkskammer Konstanz und die der Handwerkskammer Ulm. Während die Zahl der Azubis im Gebiet Ulm bereits im fünften Jahr in Folge steigt, hat die Kammer Konstanz erstmals wieder weniger Azubis. 1670 neue Azubis gab es im Bezirk der Handwerkskammer Konstanz bis Ende Oktober 2018. Das sind 6,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Mit Ausnahme der kaufmännischen Berufe seien die Lehrlingszahlen in allen Berufsgruppen gesunken. Am stärksten betroffen sei der Bereich Bau mit einem Minus von 17,7 Prozent.
Starkes Wachstum in Ulm
Die Industrie- und Handelskammer Ulm verzeichnete dagegen 3,3 Prozent mehr Azubis als im Vorjahr, insgesamt wurden 2400 Verträge abgeschlossen. „Diese Steigerung der Ausbildungszahlen in unserer Region übertrifft die der anderen Industrieund Handelskammern im Land um das Doppelte“, teilt die IHK Ulm mit. Vor allem der Alb-Donau-Kreis verzeichne mit 6,2 Prozent dabei den höchsten Zuwachs. Zu dem positiven Ergebnis hätten vor allem junge Flüchtlinge beigetragen. Unter den neuen Auszubildenden im ganzen Südwesten seien laut neuster Zahlen erneut mehr junge Menschen, die Asyl beantragt haben. „Das freut mich sehr, denn eine Ausbildung ist ein hervorragender Weg zur Integration in Beruf und Gesellschaft“, sagte Hoffmeister-Kraut.
Knapp 5000 geflüchtete Menschen haben Unterstützung bei den Jobcentern des Landes gesucht – rund 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit 2900 hat etwas mehr als die Hälfte davon eine Ausbildung angetreten – ein Plus von 22 Prozent. Das bestätigen auch die Zahlen der Handwerkskammer Ulm: Die zwei am stärksten wachsenden Gruppen bei den Azubis seien zum einen Flüchtlinge mit 7,7 Prozent und zum anderen Abiturienten mit knapp 15 Prozent.