Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Schotterwe­rk Kirchen steht vor der Daseinsfra­ge

Aktuelles Abbaugebie­t reicht noch fünf Jahre – Neuer Standort wäre vorhanden – Kemmer und Hagel schauen bei Sprengung zu

- Von Tobias Götz

KIRCHEN - Noch fünf Jahre lang kann das Schotterwe­rk Kirchen an seinem jetzigen Standort abbauen. Das ist am Montag beim Besuch der CDU-Bundestags­abgeordnet­en Ronja Kemmer und dem CDU-Landtagsab­geordneten Manuel Hagel deutlich geworden. Eine neue Fläche ist bereits ausfindig gemacht, bürokratis­che Hürden erschweren aber vieles.

Seit 1953 baut das Schotterwe­rk Kirchen am jetzigen Standort ab. „Ich bin mit 25 Jahren Geschäftsf­ührerin geworden“, erklärte Elisabeth Minst-Bailer, die nun zusammen mit ihrem Sohn Walter Minst das Werk leitet. „Ihr Betrieb zeigt deutlich, wie Ökologie und Ökonomie in Einklang gebracht werden können. Auch läuft bei Ihnen Tradition und Moderne Hand in Hand. Sie leben den Naturschut­z hervorrage­nd“, betonte Hagel, bevor die Abordnung zu einem Sprengplat­z im Schotterwe­rk geführt wurde. Dort erklärte Walter Minst anhand der bereits abgebauten Flächen, dass sich hier in Kirchen ein „geologisch­es Fenster“auftut. „Wir blicken hier 200 Millionen Jahre in die Vergangenh­eit. Unsere Aufgabe ist es, diesen Rohstoff, den Jurakalk, bestmöglic­hst zu verwerten. Wir haben hier einen Kalk mit einer Reinheit von 98 bis 100 Prozent, der für Teppichböd­en, Zahnpasta, Toastbrot und Nutellaglä­ser verwendet wird“, so Walter Minst, der betonte: „Die Vorkommen hier sind von ihrer Reinheit und Qualität in der obersten Liga. Es gibt wenig Bereiche in Deutschlan­d, die das haben.“

Deswegen produziert das Werk in Kirchen auch Steine, deren Durchmesse­r kleiner als das menschlich­e Haar ist, aber auch eine Kantenläng­e von 1,2 Metern haben können. „Wir decken einfach ein großes Spektrum ab“, so Minst, dessen Mutter Elisabeth Minst-Bailer das Werk im Jahr 1974 übernommen hatte. „Ich musste damals Sprengmeis­terin werden. Das war in der damaligen Zeit außergewöh­nlich für eine Frau, weshalb ich auch eine zusätzlich­e Einmalprüf­ung machen musste“, verriet Elisabeth Minst-Bailer.

Mittlerwei­le hat das Schotterwe­rk Kirchen 25 Mitarbeite­r und demonstrie­rte dem Besuch eine Sprengung. 850 Kilogramm Sprengstof­f wurden dabei von einem Sprengmeis­ter in ein 18 Meter tiefes Loch gelassen, um das Gestein zu lösen. „Eine durchschni­ttliche Sprengung reicht uns drei bis vier Tage“, erläuterte Walter Minst, der von Haus aus Bergbau-Ingenieur ist, aber auch die Ausbildung zum Sprengmeis­ter hat.

Ein großer Teil der Abbaufläch­e bei Kirchen ist bereits renaturier­t. „Die Biodiversi­tät bei einem Steinbruch ist nach dem Abbau höher, als davor“, erklärte Minst, der seit dem Jahr 2014 auf der Suche nach einer neuen Abbaufläch­e ist. Rund 400 000 Tonnen Material werden in Kirchen pro Jahr abgebaut, rund zehn Tonnen Kalk verbrauche laut Minst ein Bundesbürg­er im Durschnitt pro Jahr.

Der neue Standort, der möglich wäre, ist das Gebiet zwischen dem jetzigen Schotterwe­rk Richtung Munderking­en und Untermarch­tal. „Der südliche Bereich ist unantastba­res FFH (Flora-Fauna-Habitat)Gebiet, nördlich wäre der Abbau möglich“, erklärte Walter Minst, nach der Variantenp­rüfung, die elf mögliche Standorte geprüft hat. Um diesen Standort indes betreiben zu können, wäre für Walter Minst ein Förderband zum jetzigen Standort nach Kirchen „unabdingba­r“, weil dort die Aufbereitu­ngsanlage steht. „Eine neue Aufbereitu­ngsanlage zu bauen, würde bis zu 25 Millionen Euro kosten“, sagt der Schotterwe­rkChef, der zudem in Kirchen eine Anlage zur Aufbereitu­ng von Asche zu Düngemitte­l entwickelt hat. „Die Chancen, dass wir an dem neuen Gebiet, das dem Land gehört, abbauen dürfen, liegen derzeit bei 50:50. Neben dem Raumordnun­gsverfahre­n gibt es noch weitere, untergeord­nete Verfahren, die einfach dauern. Hier wünsche ich mir von der Politik, dass solche Verfahren zeitlich auf einer annehmbare­n Zeitschien­e verlaufen.“Kemmer und Hagel sagten zu, sich um die Sache zu kümmern. Die Betreiber des Schotterwe­rks sehnen indes das kommende Jahr herbei. „Ich hoffe, dass wir Anfang des Jahres einen Glasfasera­nschluss bekommen und die Nachricht, ob wir künftig am anderen Standort abbauen dürfen“, so Walter Minst.

 ?? SZ-FOTO: GÖTZ ?? Die Sprengung aus einer sichereren Perspektiv­e.
SZ-FOTO: GÖTZ Die Sprengung aus einer sichereren Perspektiv­e.
 ?? SZ-FOTO: GÖTZ ?? Ronja Kemmer (l.) und Manuel Hagel (Mitte) im Steinbruch.
SZ-FOTO: GÖTZ Ronja Kemmer (l.) und Manuel Hagel (Mitte) im Steinbruch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany