Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wo dem Einzelhand­el der Schuh drückt

Unternehme­r Johannes Walter über die neue Art einzukaufe­n und Wünsche an die Politik

- Von Sven Koukal

ERBACH - Der Kunde lässt sich beraten und kauft statt vor Ort im Laden dann doch lieber bequem von Zuhause aus im Internet: Für den Erbacher Unternehme­r Johannes Walter ein Grund, warum es Mittelstän­dler wie er zunehmend schwerer haben. Um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen, hat am Montagmitt­ag die CDU-Bundestags­abgeordnet­e Ronja Kemmer den Schuhhändl­er besucht – und vor allem eine grundlegen­de Sorge des Einzelhänd­lers erfahren.

Walter beschäftig­t allein in seiner Erbacher Filiale zwölf Mitarbeite­r, sein Geschäft sei gut aufgestell­t – immerhin lagern aktuell bis zu 20 000 Schuhe dort – und doch macht auch er sich Gedanken über die Zukunft seiner sieben Läden sowie über die Branche an sich.

Mit seinen 60 Jahren sei die Rente noch „lange kein Thema“, ein veränderte­s Einkaufsve­rhalten der Menschen, die wachsende Konkurrenz durch Online-Händler und vor allem auch die Strategie deutscher Großkonzer­ne sind für ihn Anlass genug, diese Probleme im Austausch mit Ronja Kemmer offen anzusprech­en. „Es kann nicht sein, dass deutsche Großkonzer­ne ihre Lagerhalle­n in den Niederland­en haben und deswegen hier keine Steuern zahlen“, sagt er. Aus seiner Sicht habe die Politik den Mittelstan­d vernachläs­sigt. Das sieht auch die Bundestags­abgeordnet­e so: „Schließlic­h sind es Menschen wie sie, die sagen: Ich probiere es aus und wage etwas.“

Walter weiß wovon er spricht: Bereits während seiner Ausbildung leitet er eine Filiale in Blaubeuren, steigt in seiner alten Firma immer weiter auf, hat vor dem Schritt in die Selbststän­digkeit im Alter von 27 Jahren mehr als 100 Läden unter sich. 1997 startet er in Geislingen sein erstes eigenes Geschäft, seit 18 Jahren gibt es das Schuhhaus auch in Erbach. Am jetzigen Standort direkt an der B311 ist er seit nunmehr sieben Jahren. „Prinzipiel­l sind das hier die besten Voraussetz­ungen“, gesteht ihm Ronja Kemmer zu. Damit Unternehme­n vor Ort bestehen können, sei es wichtig, lokale Netzwerke und Plattforme­n zu bilden.

Ein Blick, etwa nach München, hat Walter gezeigt, dass für die Zukunft drastische Möglichkei­ten drohen, zumindest um das Einkaufspr­oblem im stationäre­n Handel in den Griff zu bekommen: Eine pauschale Beratungsg­ebühr im Laden oder gar Eintritt, um überhaupt hereinzuko­mmen. „Sollte das kommen, werden wir spätestens dann den Einzelhand­el in seiner bisher gewohnten Form vermissen“, ist er sich sicher. Selbst ins Online-Geschäft möchte er nicht einsteigen. Aus seiner Sicht bliebe dem Kunden aus Erbach und der Region dann in der Filiale nur das übrig, was im Netz nicht verkauft wird.

Vielleicht aber, so sagt Walter mit einem Augenzwink­ern, ist der Grund für Einnahmeei­nbußen von sieben Prozent in diesem Jahr auch einfach nur das Wetter: „Für mich privat war der Sommer zwar gut, für das Geschäft aber nicht.“Wer kaufe schon Stiefel, wenn die Sonne scheint?

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SZ-FOTO: SVEN KOUKAL Ronja Kemmer im Gespräch mit Johannes Walter in dessen Laden in Erbach.

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