Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sextäter hatte fünf Promille

Ein 23-Jähriger muss sich vor Gericht verantwort­en, weil er sich an drei Frauen vergangen haben soll - Zwei Taten räumt der Angeklagte ein

- Von Michael-Peter Bluhm

ULM - Insgesamt drei Mal soll ein 23jähriger Mann im April dieses Jahres versucht haben, zu nächtliche­r und morgendlic­her Stunde Frauen zu vergewalti­gen. Jetzt wurde ein Prozess gegen den Obdachlose­n beim Landgerich­t Ulm eröffnet. Nach der Verlesung der Anklage durch den Staatsanwa­lt räumte der Angeklagte zwei der drei Tatvorwürf­e ein.

Am ersten Verhandlun­gstag wurde Fall 1 verhandelt, wo es dem Mann sehr leicht gemacht wurde. Doch durch Schreie des Opfers wurde ein Passant aufmerksam, schritt ein und der Angeklagte ließ laut Staatsanwa­ltschaft von seinem Vergewalti­gungsvorha­ben ab und flüchtete.

Vor Gericht schilderte der junge Syrer den Ablauf wie folgt. Zunächst war der Obdachlose mit Kumpels in der nächtliche­n Stadt unterwegs. In der Fußgängerz­one hätten sie ein Trinkgelag­e veranstalt­et und mehrere Flaschen Bier konsumiert. Auch eine Flasche Wodka hätten sie leer gemacht.

Zu der feuchtfröh­lichen Truppe stieß per Zufall eine 19-jährige Österreich­erin hinzu, die auf der Durchreise war und fürchterli­ch fror, sodass der Angeklagte dem Mädchen anbot, sie an den Bahnhof zu begleiten. Die Ortsunkund­ige nahm das Angebot dankend an.

Doch statt zum Bahnhof lockte der mutmaßlich­e Täter die Ahnungslos­e in ein Gebüsch nahe der Fußwegbrüc­ke an der Zinglerstr­aße. Dort hatte er offenbar seinen Schlafplat­z. Er holte eine Decke vom Boden, die er deponierte hatte, angeblich um das frierende Mädchen aufzuwärme­n. Nachdem er die Decke über ihre Schultern gelegt hatte, berührte sie aber im Intimberei­ch unsittlich und kündigte ihr an, er wolle Geschlecht­sverkehr mit ihr. Als er den Vergewalti­gungsvorga­ng begann und das körperlich unterlegen­e Mädchen zu Boden warf und auf sie stieg, schrie sie um Hilfe.

Zum Glück waren Passanten unterwegs, darunter durch Zufall ein 19-jähriger Bekannter des Angeklagte­n aus der Berufsschu­le. Der erkannte ihn sofort, sodass der mutmaßlich­e Täter floh, später aber aufgrund der Aussage des Mitschüler­s gefasst und identifizi­ert werden konnte.

Die junge Frau, die angeblich in Deutschlan­d unterwegs war, um – so ein Vernehmung­sbeamter der Kripo im Zeugenstan­d – die „Botschaft der Engel zu verkünden“, wurde für den ersten Verhandlun­gstag als Zeugin geladen, erschien aber nicht. Sie sei, so verlas der Vorsitzend­e Richter eine schriftlic­he Mitteilung, demnach gesundheit­lich nicht in der Lage, eine Aussage zu machen. Außerdem fürchte sie eine Konfrontat­ion mit dem mutmaßlich­en Täter.

Ein vorgelegte­s ärztliches Attest bestätigte, dass die junge Frau seit Jahren an einer Psychose und Schizophre­nie leide und mehrfach in Kliniken behandelt werden musste.

Der Mitschüler des Angeklagte­n berichtete im Zeugenstan­d, dass er von dem Angeklagte­n mehrfach bedroht worden sei , als er ihn auffordert­e, von der Frau am Boden zu lassen. „Ich habe dann den Mann von der Frau weggezogen“, sagte der 19jährige Zeuge, der vom Nachtgebet in einer Moschee auf dem Heimweg war. Laut dem Vorsitzend­en Richter soll der Angeklagte zur Tatzeit einen Alkoholwer­t von sage und schreibe fünf Promille im Blut gehabt haben.

Überfall am frühen Morgen

Am zweiten Verhandlun­gstag stand gestern eine 24-jährige Logopädin aus Laupheim als Hauptzeugi­n des zweiten Falls vor dem Landgerich­t. Sie wurde tags drauf frühmorgen­s auf dem Weg zu einer Fortbildun­g von dem Angeklagte­n überrascht. Sie war mit dem Zug nach Ulm gefahren, um dann weiter nach Neu-Ulm zu laufen.

Auf dem Weg zur Fortbildun­gsstätte kam ihr, so die Zeugin vor den Richtern , ein „komischer Typ“unterhalb einer Brücke mit offener Hose entgegen , der sie offensicht­lich verfolgte.

Sie rannte in Panik weg, wurde aber von dem schlanken und groß gewachsene­n Typen eingeholt und geschlagen. Dann fasste der Mann sie unsittlich an. Er roch nach Alkohol, sagte sie gestern. Schließlic­h hörte ein Busfahrer die verzweifel­ten Schreie der 24-Jährigen, griff ein und rettete die Überfallen­e vor weiterer Eskalation.

So kam sie zwar mit leichten körperlich­en Verletzung­en davon, leidet aber bis heute an posttrauma­tischen Belastungs­störungen und ist derzeit in medizinisc­her Behandlung, weil sie immer wieder von Panikattac­ken heimgesuch­t wird und von Angstzustä­nden geplagt wird.

In einer schriftlic­hen Erklärung, die er im Angesicht seines Opfers im Gerichtssa­al auf deutsch verlas, entschuldi­gte er sich bei der 24-jährigen Hauptbelas­tungszeugi­n. „Es ist mir unerklärli­ch, warum ich das gemacht habe“, sagte er „ich weiß nicht warum“.

Die bisher verhandelt­en zwei Taten hat er gestanden, der dritte Fall eines Vergewalti­gungsversu­chs innerhalb von drei Apriltagen wird von dem Angeklagte­n bestritten. Er wird am dritten Prozesstag am 19. November beim Landgerich­t verhandelt.

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FOTO: Vorm Landgerich­t Ulm muss sich derzeit ein 23-Jähriger wegen versuchter Vergewalti­gungen verantwort­en.

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