Nuxit-Plakat führt zu Eklat in der SPD
Der Stadtverbandsvorsitzende Steiner-Hirth fordert Fraktionschefin Esser zum Rücktritt auf
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NEU-ULM - Eigentlich sollten die Plakate, die seit Montag an vielen Stellen in Neu-Ulm hängen, gute Stimmung für den Nuxit machen. Doch letztlich lösten sie einen heftigen Streit innerhalb der Neu-Ulmer SPD um die künftige Ausrichtung der Partei und ihre Führungsspitze aus. In einem offenen Brief forderte der Stadtverbandsvorsitzende Patrick Steiner-Hirth jetzt die Vorsitzende der SPD-Fraktion im Neu-Ulmer Stadtrat, Antje Esser, zum Rücktritt auf, um einen Neustart zu ermöglichen.
„Chance Kreisfreiheit Neu-Ulm“steht auf den blau hinterlegten Plakaten, außerdem „Stadt frei“, „Kreis frei“, „stark“. Doch wer wirbt hier eigentlich für den Nuxit? Das ist nicht (mehr) zu erkennen, weil die Urheber am unteren Rand des Plakats mit einem weißen Klebestreifen überdeckt sind: die Neu-Ulmer Stadtratsfraktionen von CSU, SPD, Grünen und Pro Neu-Ulm.
Die Sozialdemokraten im Stadtrat sind eigentlich mehrheitlich für die Kreisfreiheit. In der entscheidenden Sitzung der Fraktion habe es jedoch ein Patt gegeben, sagte Antje Esser auf Nachfrage unserer Redaktion. „Die SPD-Fraktion war draußen. Das habe ich den anderen Fraktionen mitgeteilt und es ihnen überlassen, wie sie damit umgehen.“Die haben die Plakate aufgehängt, aber eben mit Klebestreifen, ohne Namen.
Patrick Steiner-Hirth wirft Esser aber vor, dass sie nicht mit offenen Karten gespielt habe – weil die Plakate längst in Auftrag gegeben worden seien, als in der Fraktion darüber diskutiert wurde. „Das öffentliche Bild ist – mal wieder – verheerend“, schreibt der 30-Jährige in seinem offenen Brief. „Übrig bleibt eine unnötige Provokation in einer Zeit, in der wir gemeinsam nach Wegen aus unseren selbst gemachten Krisen suchen sollten.“Denn im Gegensatz zur Neu-Ulmer Stadtratsfraktion ist die Partei in der Stadt und im Landkreis klar gegen den Nuxit.
„Grimmige Sprachlosigkeit“
Hier offenbarte sich in den vergangenen Monaten ein tiefes Zerwürfnis. Eine Partei wie die SPD müsse Meinungsvielfalt aushalten, schreibt Steiner-Hirth. „Zu kritisieren ist aber das Vorgehen der Fraktionsvorsitzenden in dieser Frage, die ja auch nur sinnbildlich steht für eine grimmige Sprachlosigkeit zwischen Ortsvereinen und Fraktionsvorsitz.“
Über die Plakat-Aktion zum Nuxit sagt er: „Ich bin nicht bereit, als junger, engagierter Genosse zerrieben zu werden durch solche lächerlichen Hinterzimmerpossen.“SteinerHirth: „Ich fordere die Fraktionsvorsitzende Antje Esser auf, die Konsequenz zu ziehen und einen Wechsel der Fraktionsspitze zu ermöglichen.“Für die Lage der SPD sei nicht nur eine Person verantwortlich. „Aber wer es nicht schafft, mit denen zusammen zu arbeiten, die sich nicht an diesen Querelen beteiligen und stattdessen einen Neustart wollen, muss irgendwann sein politisches Scheitern und seine Mitverantwortung einsehen.“
Den offenen Brief werde sie mit der Fraktion besprechen, sagte Antje Esser in einer ersten Reaktion. „Ich nehme den einfach mal zur Kenntnis.“Wobei sie ihn persönlich gar nicht bekommen habe: „Das hätte für mich zum normalen Umgang miteinander gehört.“
Richtig sei, dass es in zentralen Themen der Neu-Ulmer Stadtpolitik offensichtlich unterschiedliche Auffassungen in Fraktion und Partei gebe – „allen voran das Thema Kreisfreiheit“.
Für Steiner-Hirth, der im Mai den Vorsitz des neu gegründeten SPDStadtverbands übernommen hat, ist ein personeller Neuanfang auch mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 unabdingbar: „Ich bin mir sicher: Es kann der Fraktion nur durch einen Wechsel der Fraktionsführung gelingen, wieder besser mit den Ortsvereinen zusammen zu kommen und einen echten Neustart gemeinsam zu ermöglichen. Mit welchen Themen und Personen wollen wir 2020 antreten?“
Antje Esser übernahm vor vier Jahren als Nachfolgerin von KarlMartin Wöhner den Fraktionsvorsitz der SPD im Neu-Ulmer Stadtrat. Auch damals war von einem Neubeginn die Rede. Heute sagt Patrick Steiner-Hirth, auch angesichts früherer Streitigkeiten und Rivalitäten: „In die Zukunft wird es wohl mit beiden nicht gehen.“