Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Nuxit-Plakat führt zu Eklat in der SPD

Der Stadtverba­ndsvorsitz­ende Steiner-Hirth fordert Fraktionsc­hefin Esser zum Rücktritt auf

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Eigentlich sollten die Plakate, die seit Montag an vielen Stellen in Neu-Ulm hängen, gute Stimmung für den Nuxit machen. Doch letztlich lösten sie einen heftigen Streit innerhalb der Neu-Ulmer SPD um die künftige Ausrichtun­g der Partei und ihre Führungssp­itze aus. In einem offenen Brief forderte der Stadtverba­ndsvorsitz­ende Patrick Steiner-Hirth jetzt die Vorsitzend­e der SPD-Fraktion im Neu-Ulmer Stadtrat, Antje Esser, zum Rücktritt auf, um einen Neustart zu ermögliche­n.

„Chance Kreisfreih­eit Neu-Ulm“steht auf den blau hinterlegt­en Plakaten, außerdem „Stadt frei“, „Kreis frei“, „stark“. Doch wer wirbt hier eigentlich für den Nuxit? Das ist nicht (mehr) zu erkennen, weil die Urheber am unteren Rand des Plakats mit einem weißen Klebestrei­fen überdeckt sind: die Neu-Ulmer Stadtratsf­raktionen von CSU, SPD, Grünen und Pro Neu-Ulm.

Die Sozialdemo­kraten im Stadtrat sind eigentlich mehrheitli­ch für die Kreisfreih­eit. In der entscheide­nden Sitzung der Fraktion habe es jedoch ein Patt gegeben, sagte Antje Esser auf Nachfrage unserer Redaktion. „Die SPD-Fraktion war draußen. Das habe ich den anderen Fraktionen mitgeteilt und es ihnen überlassen, wie sie damit umgehen.“Die haben die Plakate aufgehängt, aber eben mit Klebestrei­fen, ohne Namen.

Patrick Steiner-Hirth wirft Esser aber vor, dass sie nicht mit offenen Karten gespielt habe – weil die Plakate längst in Auftrag gegeben worden seien, als in der Fraktion darüber diskutiert wurde. „Das öffentlich­e Bild ist – mal wieder – verheerend“, schreibt der 30-Jährige in seinem offenen Brief. „Übrig bleibt eine unnötige Provokatio­n in einer Zeit, in der wir gemeinsam nach Wegen aus unseren selbst gemachten Krisen suchen sollten.“Denn im Gegensatz zur Neu-Ulmer Stadtratsf­raktion ist die Partei in der Stadt und im Landkreis klar gegen den Nuxit.

„Grimmige Sprachlosi­gkeit“

Hier offenbarte sich in den vergangene­n Monaten ein tiefes Zerwürfnis. Eine Partei wie die SPD müsse Meinungsvi­elfalt aushalten, schreibt Steiner-Hirth. „Zu kritisiere­n ist aber das Vorgehen der Fraktionsv­orsitzende­n in dieser Frage, die ja auch nur sinnbildli­ch steht für eine grimmige Sprachlosi­gkeit zwischen Ortsverein­en und Fraktionsv­orsitz.“

Über die Plakat-Aktion zum Nuxit sagt er: „Ich bin nicht bereit, als junger, engagierte­r Genosse zerrieben zu werden durch solche lächerlich­en Hinterzimm­erpossen.“SteinerHir­th: „Ich fordere die Fraktionsv­orsitzende Antje Esser auf, die Konsequenz zu ziehen und einen Wechsel der Fraktionss­pitze zu ermögliche­n.“Für die Lage der SPD sei nicht nur eine Person verantwort­lich. „Aber wer es nicht schafft, mit denen zusammen zu arbeiten, die sich nicht an diesen Querelen beteiligen und stattdesse­n einen Neustart wollen, muss irgendwann sein politische­s Scheitern und seine Mitverantw­ortung einsehen.“

Den offenen Brief werde sie mit der Fraktion besprechen, sagte Antje Esser in einer ersten Reaktion. „Ich nehme den einfach mal zur Kenntnis.“Wobei sie ihn persönlich gar nicht bekommen habe: „Das hätte für mich zum normalen Umgang miteinande­r gehört.“

Richtig sei, dass es in zentralen Themen der Neu-Ulmer Stadtpolit­ik offensicht­lich unterschie­dliche Auffassung­en in Fraktion und Partei gebe – „allen voran das Thema Kreisfreih­eit“.

Für Steiner-Hirth, der im Mai den Vorsitz des neu gegründete­n SPDStadtve­rbands übernommen hat, ist ein personelle­r Neuanfang auch mit Blick auf die Kommunalwa­hl 2020 unabdingba­r: „Ich bin mir sicher: Es kann der Fraktion nur durch einen Wechsel der Fraktionsf­ührung gelingen, wieder besser mit den Ortsverein­en zusammen zu kommen und einen echten Neustart gemeinsam zu ermögliche­n. Mit welchen Themen und Personen wollen wir 2020 antreten?“

Antje Esser übernahm vor vier Jahren als Nachfolger­in von KarlMartin Wöhner den Fraktionsv­orsitz der SPD im Neu-Ulmer Stadtrat. Auch damals war von einem Neubeginn die Rede. Heute sagt Patrick Steiner-Hirth, auch angesichts früherer Streitigke­iten und Rivalitäte­n: „In die Zukunft wird es wohl mit beiden nicht gehen.“

 ?? FOTO: KAYA ?? „Stadt frei“, „Kreis frei“, „stark“: Auf Plakaten in Neu-Ulm wird seit gestern Werbung für den Nuxit gemacht. Initiatore­n sind die Stadtratsf­raktionen von CSU, SPD, Grünen und Pro Neu-Ulm. Die sind allerdings hinter dem weißen Klebestrei­fen versteckt – ein Zugeständn­is an die SPD, die in der Nuxit-Frage gespalten ist.
FOTO: KAYA „Stadt frei“, „Kreis frei“, „stark“: Auf Plakaten in Neu-Ulm wird seit gestern Werbung für den Nuxit gemacht. Initiatore­n sind die Stadtratsf­raktionen von CSU, SPD, Grünen und Pro Neu-Ulm. Die sind allerdings hinter dem weißen Klebestrei­fen versteckt – ein Zugeständn­is an die SPD, die in der Nuxit-Frage gespalten ist.

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